Sie trägt landläufig den plakativen Namen "Schaufensterkrankheit"; der Fachjargon nennt sie "paVK". Wie man der schmerzhaften Durchblutungsstörung in den Beinen vorbeugt und wie man sie behandelt: Darüber referierte jüngst der Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Prof. Dr. Peter Baier, in der Reihe "Caritas im Dialog" im Caritas-Krankenhaus.
Folgende Informationen sind einer Pressemitteilung der BBT-Gruppe Region Tauberfranken-Hohenlohe entnommen: In seinem Informationsvortrag über die periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK) erläuterte Baier Möglichkeiten der Prophylaxe und Therapie der Erkrankung.
Enorm wichtig sei, dass man nicht erst dann zum Hausarzt gehe, wenn sich die ersten Symptome bemerkbar machten, sondern regelmäßig seine Blutwerte insbesondere Blutzucker und Blutfette überprüfen und den Blutdruck kontrollieren lasse: "Nicht derjenige ist gesund, der nie beim Arzt ist, sondern derjenige, der gesund vom Arztbesuch rausgeht", betonte der Facharzt vor knapp 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
"Die Ursache der Schaufensterkrankheit liegt in einer krankhaften Veränderung der Arterien, also der Blutgefäße, die das Blut in den Körper und die Extremitäten transportieren. Im Laufe eines Lebens sammeln sich in den Arterien Fettsubstanzen, Zuckerablagerungen und Verkalkungen an – kurz: Es kommt zu einer krankhaften Veränderung der Gefäße, der sogenannten Atherosklerose. Die Gefäßverengung betrifft dabei alle Arterien im Körper, die Halsschlagader, die koronare Arterie, die Nierenarterien, die Aorta und die peripheren Arterien, sodass Gefäßverschlüsse für 60 Prozent aller Todesfälle verantwortlich sind", machte der Referent das Ausmaß der Krankheit deutlich und stellte eine Fünf-Jahres-Prognose nach Erstdiagnose der pAVK vor, nach der die Atherosklerose bei 35 Prozent der Patientinnen und Patienten auch einen Herzinfarkt auslöse.
Wann kein invasiver Eingriff indiziert ist
"Wie alle Krankheiten, ordnen Mediziner auch dem Verlauf der paVK vier Stadien zu. Im ersten Stadium ist der Patient schmerzfrei und merkt in der Regel noch nichts von der Gefäßveränderung. Schmerzen treten erst im zweiten Stadium unter Belastung auf. Dann spricht man von der klassischen Schaufensterkrankheit. Kann der Patient noch mehr als 200 Meter gehen, ohne wegen großer Schmerzen eine ,Schaufenster'-Pause einlegen zu müssen und ist er in seinem Alltag durch die Schmerzen nicht eingeschränkt, ist kein invasiver Eingriff indiziert", erklärte Baier.
Er warf auch einen Blick auf die Risiken, die mit einem solchen Eingriff einhergehen. Dann solle der Patient unbedingt Nikotin- und Alkohol-Abusus einstellen, sich gesund ernähren und intensives Gehtraining oder andere Bewegung wie Schwimmen oder Radfahren betreiben. Regelmäßige Übungen beispielsweise in einer Gefäßsportgruppe könnten den gleichen Erfolg erzielen wie eine Bypass-Operation.
"In Stadium drei leidet der Patient an Ruheschmerz in den Beinen. Dann ist die Extremität bereits in akuter Gefahr. Besonders Diabetiker müssten vorsichtig sein, denn Diabetes verursacht häufig eine Gefühlsstörung, sodass der Patient direkt in das vierte Stadium der paVK rutschen kann. Hier sind die Extremitäten bereits abgestorben, im Fall des Diabetikers mit Gefühlsstörungen, ohne dass er vorher Schmerzen hatte", erklärte Baier und betonte nochmal die Signifikanz regelmäßiger Check-ups.
Wann der arteriosklerotische Plug operativ ausgeräumt wird
"Wenn Sie bei einer Gehstrecke von unter 200 Metern in der Gerade bereits eine Pause einlegen müssen, ist eine Revaskularisationsmaßnahme sinnvoll, in Stadium 3 bei Ruheschmerz ist sie sogar dringend notwendig. Dann kann das Gefäßsystem unter Röntgen angestochen und die Engstelle mit einem Ballonkatheter aufgedehnt werden. Besteht bereits ein Gefäßverschluss, der nicht mehr aufgedehnt werden kann, wird das Gefäß aufgeschnitten und der arteriosklerotische Plug ausgeräumt – eine Vorgehensweise, die insbesondere bei den Leistengefäßen angewendet wird", erklärte Baier weiter.
Bei langer Verschlussstrecke gebe es die Möglichkeit einer Bypass-Anlage über eine Kunststoffleitungsbahn oder einen Venenbypass. Die medikamentöse Therapie sei derzeit nur die letzte Option vor der Amputation, da ihre Wirkung nicht ausreichend bestätigt und die Nebenwirkungen hoch seien.
Auch nach einem operativen Eingriff sollte sich der Patient aber dringend an eine gesunde Lebensweise mit viel Bewegung halten, denn nach der "Reparatur" der Arterie fließe zwar wieder Blut, "aber egal wie viel Sie an einem Oldtimer schweißen, es wird kein Neuwagen mehr", so Baier.
In der Reihe "Caritas im Dialog" informieren Ärztinnen und Ärzte regelmäßig Patientinnen und Patienten sowie Interessierte über Diagnose und Therapie verschiedener Krankheitsbilder und medizinische Neuerungen. Am 22. Februar referiert Oberärztin Dr. Verena Nothtroff um 18 Uhr in der Aula des Caritas-Krankenhauses zum Thema Oberbauchschmerzen".
Um Anmeldung per E-Mail an veranstaltung.caritas@bbtgruppe.de bis zum 19. Februar wird gebeten.