Für die einen ist es ein Durchbruch, für die anderen ein Stein des Anstoßes: In der Landeshauptstadt hat der Baustart für den ersten Tunnel des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21 begonnen. Zwölf Meter tief ist die runde Grube, aus der Tunnelpatin Beate Dietrich am Mittwoch mit einem Bagger die ersten Schaufeln Erde ausgehoben hat. An der Stelle soll der erste Tunnel für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 in der Landeshauptstadt entstehen. „Beate-Tunnel“ heißt die 350 Millionen teure Unterführung, benannt nach ihrer Patin, der Bezirksvorsteherin aus Stuttgart-Wangen. Der aus zwei Röhren bestehende, sechs Kilometer lange Tunnel soll künftig den neuen Hauptbahnhof an die Neckartalgleise in Stuttgart-Obertürkheim anschließen. Zusätzlich soll ein Ast den Tunnel mit dem Abstellbahnhof in Stuttgart-Untertürkheim verbinden. „Dieses Projekt ist die größte Chance für die Stadt Stuttgart, die ich je gesehen habe“, betonte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Der Tunnelanstich sei ein „Meilenstein für Stuttgart 21“, sagte Bürgermeister Martin Schairer (CDU). Doch nicht alle teilten die Euphorie: Nach ersten Schätzungen der Polizei protestierten etwa 180 Gegner von Stuttgart 21 vor dem geplanten Tunnel.
Die Bahn verfüge über keine Unterfahrungsrechte der Grundstücke in Stuttgart-Wangen und Umgebung, kritisierten etwa die Parkschützer in einer Mitteilung vom Mittwoch. Sie verwiesen auf den Stuttgarter Wagenburgtunnel. Wegen einer fehlenden Genehmigung musste die Deutsche Bahn dort Ende November die Bauarbeiten vorerst einstellen. In Namen der Landesregierung betonte Ministerialdirigent Elmar Steinbacher, dass Stuttgart 21 „mit dem Beginn der Tunnelarbeiten in eine neue Phase tritt“. Indes kritisierte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende, Winfried Mack, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) bei der Tunneltaufe nicht anwesend waren. „Die grüne Kombo verhält sich wie trotzige Kinder“, teilte er mit. Der geplante Tunnel werde bis zum Jahr 2021 fertiggestellt, sagte Projektsprecher Dietrich. Bis dahin soll der Tunnel nördlich des Bahnhofs Obertürkheim aus der bestehenden Strecke abzweigen, den Neckar unterqueren und auf direktem Weg über Wangen und Stuttgart-Ost zum neuen Hauptbahnhof führen. Die Röhren seien mit 160 Stundenkilometern befahrbar und verkürzten den Weg um rund zwei Kilometer.