Als turbulentes Theaterereignis bringt die Badische Landesbühne das Stück „Der Hauptmann von Köpenick“ geschrieben von Carl Zuckmayer am 4. April um 19.30 Uhr in der Stadthalle in Tauberbischofsheim auf die Bühne. Es geht darin um Militarismus, die Wirkung von Uniformen und blinden Gehorsam - aber auch um die Frage, wie die Gesellschaft mit Außenseitern umgeht, sagt Regisseur und Oberspielleiter Arne Retzlaff.
Die folgenden Informationen sind einer Pressemitteilung der Badischen Landesbühne entnommen. "Der Umgang mit Außenseitern ist raffinierter geworden“, stellt Retzlaff fest. „Das heutige Untertanenverhalten ist zwar immer noch das Gleiche, aber die Uniform hat nicht mehr dieselbe Bedeutung. Doch sie ist auch heute noch ein Zeichen für von ,oben' gegebene Normen. Das ist besonders spürbar in der Zeichnung von Zuckmayers Beamtenfiguren. Sie sind schroff, autoritär und gnadenlos ablehnend. Heutzutage ist die Sprache auf den Ämtern auf eine andere Art und Weise uniformiert. Entstanden ist eine höfliche Scheinfreundlichkeit, ganz im Sinne von: ‚Wir haben Verständnis, aber es geht nicht‘.“ Retzlaffs Inszenierung macht deutlich, dass sich die Bürokratie nach wie vor gegen ein schnelles Eingliedern in die Gesellschaft stellt, lediglich die Umgangsformen haben sich geändert.
Der Schein zählt mehr als das Sein
Zum Inhalt des Stücks „Der Hauptmann von Köpenick“: Nach jahrelanger Haft ist der Schuster Wilhelm Voigt zurück in Freiheit. Getrieben vom Wunsch, von nun an ein rechtschaffenes Leben zu führen, macht er sich auf Arbeitssuche. Aber das ist nicht leicht. Denn Arbeit bekommt nur, wer eine Aufenthaltsgenehmigung hat. Und diese bekommt nur, wer Arbeit hat.
Um wieder in die Stadtgesellschaft integriert zu werden, lässt Wilhelm Voigt nichts unversucht. Seine wiedergewonnene Freiheit erweist sich schnell als ihr Gegenteil, weil er keine Resozialisierung erfährt. Diesem tragikomischen Teufelskreis kann er auf legalem Wege nicht entkommen. Um an seine Personalakten zu gelangen, bricht er ins Potsdamer Polizeirevier ein, was ihn erneut hinter Gitter bringt – nun ganze zehn Jahre. Zum Zeitvertreib lernt er dort die militärischen Dienstregeln auswendig.
Als Voigt erneut aus dem Gefängnis kommt, steht er obdachlos einer ihm fremd gewordenen Stadt gegenüber, die keinen Platz für einen vorbestraften Arbeitslosen hat. Doch Wilhelm Voigt gibt nicht auf und bezwingt die herrschende Ordnung mit ihren eigenen Waffen. Er kauft sich eine Hauptmannsuniform. Ausgestattet mit ihrer Autorität, gelingt ihm ein einzigartiger bürokratischer Racheakt: Kurzerhand kommandiert er einen vorbeimarschierenden Zug Soldaten ab und besetzt das Köpenicker Rathaus. Die „Köpenickiade“ nimmt ihren Lauf.
Uniformierung der Sprache und des Lebensstils
Die Uniform bei Zuckmayer ist bei Retzlaff zu einer Art Uniformierung der Sprache und des Lebensstils geworden. Die Atmosphäre, die der Regisseur demzufolge in seiner Inszenierung erzeugen möchte, ist die einer hektischen Großstadt: „Auf der Bühne rennen Menschen gehetzt zwischen mehreren Jobs hin- und her. Sie befinden sich im Kampf gegen Vereinsamung und ringen mit der Angst, das Leben nicht meistern zu können, nicht einem perfektionistischen Werbeideal zu entsprechen. Voigts Schicksal macht diesen Missstand besonders deutlich. Der papier- und damit auch identitätslose Ex-Häftling steht permanent unter existentiellem Stress, da er immer wieder von dieser Welt zurückgewiesen wird“, so Retzlaff.
Mitwirkende: Martin Behlert, Stefan Holm, Hannes Höchsmann, Vivien Prahl, Lukas Maria Redemann, Tobias Strobel, Elena Weber, Sina Weiß, Inszenierung: Arne Retzlaff/Regie-Mitarbeit: Gina Jasmina Wannenwetsch, Bühnenbild: Tilo Schwarz, Kostüme: Rita Richter/Kostüm-Mitarbeit: Annette von Bodecker.
Kartenvorverkauf: Schwarz auf Weiss Buchhandel, Hauptstraße 32, 97941 Tauberbischofsheim; Tel.: (09341)7768, E-Mail: schwarzaufweiss@tauberbuch.de