Womöglich ist vielen Bürgern in und um Bad Mergentheim nicht bekannt, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts am Hof des Herzogs Friedrich Paul Wilhelm von Württemberg im Mergentheimer Schloss Afrikaner, Indianer, Mexikaner lebten. Das Deutschordensmuseum (DOM) zeigt anlässlich seines 150-jährigen Jubiläums parallel zu der Sonderausstellung „Indianer. Nordamerikas Ureinwohner und seine Tierwelt“ in einer Studioausstellung vom 16. Juni bis zum 7. September unter dem Motto „Biedermeieridylle und große weite Welt“ die Geschichte dieser Menschen aus fernen und exotischen Ländern. Außerdem wird das Leben des Forschers und Sammlers, der diese Menschen von seinen Weltreisen in die nordwürttembergische Kleinstadt brachte, veranschaulicht.
Expedition nach Amerika
„Wir können heute das Rätsel noch weiter lösen, weshalb sich das Deutschordensmuseum zu seinem 150-jährigen Jubiläum ausgerechnet mit dem Thema Indianer eingehend befasst“, betonte DOM-Direktorin Maike Trentin-Meyer in einer Pressekonferenz im Beisein von Daniel Göker, Historiker und Kurator der Studioausstellung. Dies hänge ganz eng mit der Geschichte des Forschungsreisenden Herzog Friedrich Paul Wilhelm von Württemberg in Mergentheim zusammen, der mit großem Aufwand fünf Reisen nach Amerika, Afrika und Australien unternommen hat. Von diesen Reisen brachte er Afrikaner, Indianer und Mexikaner nach Bad Mergentheim und somit die hiesigen Einwohner in Kontakt mit der „großen weiten Welt“.
„Die Studioausstellung ist die erste Ausstellung überhaupt über diesen ungewöhnlichen Spross des europäischen Hochadels, der gleichzeitig Forscher, Weltreisender und Sammler war“, hoben Trentin-Meyer und Göker hervor. Bereits ab 1822 habe den Herzog seine erste Expedition nach Amerika geführt, weitere vier Weltreisen seien gefolgt. Zudem habe Herzog Friedrich Paul Wilhelm zahlreiche Reisen innerhalb Europas unternommen. Jean Baptiste Charbonneau, Haucmonc, Juan Alvarado, Augustino Bargas, Paul Anton Rehan, Amon Gonda – sie alle lebten in der Kurstadt, nachdem sie vom Herzog mitgebracht wurden. In der Ausstellung werden sie ebenso vorgestellt wie das Leben und die Sammlungen des ungewöhnlichen Schlossherren. Ein erstes Museum mit seinen Sammlungen habe im Schloss bereits ab 1827 bis 1867 existiert, berichtete Trentin-Meyer. In der jetzigen Ausstellung geben rund 60 Exponate einen Einblick in Leben und Wirken des Herzogs. Der 1797 in Carlsruhe/Schlesien geborene Herzog Paul Wilhelm, wie er sich nannte, wurde zunächst zwar standesgemäß zum Offizier ausgebildet, interessierte sich jedoch dann weniger für das Militär, als vielmehr für die Wissenschaft und für die große, weite Welt.
Große Sammlung
Er beschrieb Tier- und Pflanzenwelt der Länder, die er bereiste, ihre Kultur und ihr Klima, sowie den Stand ihrer Entwicklung. Der Herzog war damit einer der bedeutendsten Forschungsreisenden und Entdecker seiner Zeit. Seine Reisen und ihre Resultate fanden zwar Anerkennung in der Wissenschaft, nicht jedoch am Hof in Stuttgart, wo man den Herzog abschätzig „Zigeunerprinz“ genannt habe, wie Trentin-Meyer und Göker weiter berichteten.
Die bedeutendsten Leistungen des Herzogs hätten jedoch nicht auf dem Feld wissenschaftlichen Publizierens, sondern auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Sammelns gelegen. Von seinen Reisen habe er eine riesige Sammlung von indianischen und nordafrikanischen Gegenständen sowie Tierpräparaten und Pflanzen nach Mergentheim gebracht, wo er seine Sammlung geordnet und der Öffentlichkeit präsentiert habe. Im ehemaligen Deutschordensschloss, wo der Herzog seit 1827 im Mergentheim lebte, habe er ein „Cabinett“ mit seinen Sammlungen eingerichtet, das schließlich 20 Säle umfassen sollte.
Ausstellung „Biedermeieridylle und große weite Welt“
Die Studioausstellung „ Biedermeieridylle und große weite Welt“ zeigt vom 16 Juni bis einschließlich 7. September im Deutschordensmuseum anschaulich Geschichte und Leben des Weltreisenden, Forschers und Sammlers Herzogs Friedrich Paul Wilhelm von Württemberg sowie der Afrikaner, Indianer und Mexikaner, die er aus fernen und exotischen Ländern nach Bad Mergentheim brachte.
Offiziell eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 15. Juni, um 16 Uhr beim Schlosserlebnistag zum 150-jährigen Jubiläum des DOM.
Gezeigt werden Leihgaben des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, Diözesanarchiv Rottenburg-Stuttgart, der Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, des Stadtarchivs Bad Mergentheim, Staatlichen Museum für Naturkunde Schloss Rosenstein in Stuttgart, dem Lindenmuseum Stuttgart, dem Stadtarchiv Bad Mergentheim, der Tauber-Zeitung Bad Mergentheim sowie museumseigene Exponate.
Führungen und ein Workshop für Kinder runden das Programm ab. Unter anderem findet am Sonntag, 29 Juni um 14 Uhr unter dem Motto „In der Atmosphäre eines Palastes fühle ich mich wie ein wildes eingekerkertes Tier“.
Weitere Infos beim Deutschordensmuseum, Tel. (0 79 31) 5 22 12, www.deutschordensmuseum.de.
Geöffnet ist Dienstag bis Sonn-/Feiertag 10.30 bis 17 Uhr. pdw