Die aktuelle Situation insbesondere des Bäcker- und Metzgerhandwerks im Main-Tauber-Kreis stand im Mittelpunkt eines Gesprächsaustausches zwischen Landtagsvizepräsident Wolfgang Reinhart und Angelika Gold, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Main-Tauber.
Bei folgendem Text handelt es sich um eine Pressemitteilung von MdL Wolfgang Reinhart: Weitere Beteiligte waren Monika Berberich, Inhaberin des Bäckerei-Cafés Berberich in Königheim und der Bäckerei "Bischemer Brotkörble", Florian Morschheuser, seit Juni neuer Obermeister der Metzger- und Bäckerinnung, sowie Franz Seubert, Mitgründer und Mitinhaber der PlanerAI GmbH.
"Wir hatten in den vergangenen zehn Jahren bundesweit einen Rückgang der Auszubildenden von 1,8 auf 1,2 Millionen zu verzeichnen, während die Anzahl Studierender von zwei auf drei Millionen angestiegen ist", bilanzierte Reinhart eingangs bestehende Entwicklungstendenzen. Gleichzeit nehme der Fachkräftemangel auch im Main-Tauber-Kreis in allen Bereichen enorm zu. "Zudem stehen wir erst am Anfang der Demografie", ergänzte Reinhart. Im Vergleich zu den sogenannten "Baby-Boomer-Jahre" habe sich die Anzahl der Geburten im Jahr 2022 um fast die Hälfte reduziert.
"Der Landkreis hat mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg bislang unter anderem für die Sanierung, Modernisierung, Ausmaßnahmen und Attraktivitätssteigerungen der Beruflichen Schulen in Wertheim rund 46 Millionen sowie in Bad Mergentheim 20 Millionen Euro investiert", wies der Wahlkreis- und Kreistagsabgeordnete hin.
Der aktuelle Stand
"In den insgesamt 19 Bäckereibetrieben befinden sich derzeit im zweiten Ausbildungsjahr sechs Bäcker und zwei Fachverkäuferinnen sowie im dritten Lehrjahr zwei Bäcker und drei Fachverkäuferinnen", gab Angelika Gold den aktuellen Stand in diesem Ausbildungssektor bekannt. "Vor allem seit Corona haben etliche Betriebe aufgegeben, zudem teilweise aufgrund mangelnder Nachfolgeregelungen", bedauerten übereinstimmend Gold und Morschheuser.
"Handwerk hat goldenen Boden und bietet jede Menge beruflichen Chancen", prognostizierte Wolfgang Reinhart insbesondere angesichts des steigenden Fachkräftemangels in den handwerklichen Innungsberufen bei zugleich reichlich gefüllten Auftragsbüchern. Zwar seien beispielsweise angestiegene Energiekosten, Personalmangel, Bürokratie und Wünsche nach einer Viertagewoche enorme Herausforderungen an die Betriebe, aber eine Ausbildung oder eine Neubetriebsgründung im Bäcker- oder Metzger-Handwerk ermögliche "dennoch ebenfalls gute Berufschancen", attestierten Gold, Berberich und Morschheuser. In diesem Zusammenhang warben sie an junge Schulabsolventen gerichtet, eine Berufsausbildung im Bäcker- oder Metzgerhandwerk zu abzulegen.
Duale Ausbildung
"Das duale Ausbildungssystem hat sich als Erfolgsmodell bewiesen, das sogar in allen Kontinenten sehr hohes Ansehen genießt", berichtete Wolfgang Reinhart über seine Erfahrungen als damaliger Minister für internationale Beziehungen. Als besonders wichtig erachteten er und alle anderen Gesprächsteilnehmer übereinstimmend, dass sowohl die Ausbildungsplätze als auch die beruflichen Schulen im ländlichen Raum erhalten bleiben müssten.
Die PlanerAI GmbH aus Großrinderfeld zählte im vergangenen Jahr mit ihrer neu entwickelten "BäckerAI" zu den "KI-Champions BW 2022". Die von dem Unternehmen entwickelte KI-basierte Planungsplattform ermöglicht Lebensmitteleinzelhändlern und explizit Bäckereien nicht nur eine durchgehende Planung bis ins Regal zum Verbraucher, sondern hilft zudem dabei, die Abschriften zu reduzieren sowie mithilfe optimierter Warenverfügbarkeit die Umsätze und Kundenzufriedenheit zu steigern.
KI im Handwerk
"Damit kann die optimale Menge an benötigten frischen Lebensmitteln basierend auf einer Vielzahl an Faktoren berechnet werden wie zum Beispiel in Abhängigkeit von Wetter, Wochentagen, Feiertagen, Ferien, Werbeaktionen oder Sortimentszusammensetzungen. Die Planungsplattform ist komplett cloudbasiert und kann einfach über Laptop, Tablet oder Smartphone aufgerufen werden, ohne dass dafür eine zusätzliche Soft- oder Hardware benötigt wird", erklärte Franz Seubert.
"Gleichzeitig können die Planungsprozesse so optimiert werden, dass bis zu 30 Prozent weniger Produkte im Müll landen. Bereits im ersten Jahr konnten insgesamt mehr als 75 Tonnen Backwaren vor dem Wegwerfen bewahrt werden", erläuterte der Mitgründer und Mitinhaber der PlanerAI GmbH.
"Dieses Best-Practice-Exempel belegt, dass KI-Anwendungen ebenso einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz sowie zur Nachhaltigkeit und gegebenenfalls gegen Lebensmittelverschwendung leisten können", unterstrich Reinhart resümierend. Abschließend sagte der Landtagsvizepräsident zu, sich weiterhin für die Beibehaltung und den Ausbau der beruflichen Schulen sowie für die sonstigen Ausbildungsbelange im Handwerk einzusetzen.