Ein Permakultur-Hof samt Market Garden, übersetzt Marktgärtnerei, und Gemüsekisten-Service: Das gibt es seit einigen Monaten in Niklashausen. Mittendrin Franziska Bader (27), die den Gemüseanbau übernommen hat. Im Interview spricht sie über Idee und Pläne hinter dem Projekt.
Franziska Bader: Schon nach meinem Studienabschluss in Textildesign begeisterte ich mich für Permakultur und Gemüseanbau. Da mein Bachelorabschluss samt Berufssuche in die Corona-Pandemie fiel, gestaltete sich die Arbeitsplatzsuche schwierig. Auf der Suche nach einem Plan B stieß ich auf die Permakultur-Gärtnerei Marktheidenfeld und begann dort meine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Dabei wurde mit dem Team der Gärtnerei eine alte Mühle in Niklashausen mit zirka 13 Hektar Fläche gekauft und die gGmbH "Agrar-Biotope im Taubertal" gegründet, um den Hof als Permakultur-Schauhof zu bewirtschaften. So bot sich mir die perfekte Möglichkeit, Gemüseanbau auszuprobieren. Den Market Garden betreibe ich nach dem Kurs von Jean Martin Fortier.
Bader: Das Gemüseteam besteht hauptsächlich aus mir und Josef Huber, der eine Trüffelbaumschule hat und Speisepilze für die Permakultur-Kiste produziert. Er bringt extrem viel Wissen mit und half mir bei der Erstanlage der Fläche sowie beim Ernten und Kistenpacken. Gelegentlich haben wir Helfer aus dem Hofteam, das besteht aus rund zwölf Personen. Alle haben ihre eigenen Interessen und Bereiche.
Bader: Es gibt die drei Grundsätze: ‚Earth care, People care, Fair share‘. Wir versuchen am Hof alle drei Komponenten umzusetzen. Durch das Zusammenarbeiten und unsere flachen Hierarchien ist es ein soziales Projekt. Es gibt keinen Chef im eigentlichen Sinne, sondern jeder ist in seinem Bereich Experte und hat Entscheidungsgewalt. Parallel pflanzen wir vielfältige, essbare Strukturen, schaffen somit Vielfalt, bauen Humus auf, halten Wasser im Boden, verbessern das Kleinklima, balancieren das Ökosystem aus. Die Kiste steht für den Fair share-Punkt. Natürlich baue ich das Gemüse extra für die Kiste an und das Team wird davon auch versorgt, aber alles, was unser gesamter Agroforst in den nächsten Jahren abwerfen wird, wird auch Inhalt der Kiste sein, also zum Beispiel Nüsse, Beerenobst, Obst, Säfte, verarbeitete Produkte aus der Ernte wie Pesto, Marmelade und so weiter. Wir planen gerade eine Industrieküche, mit der wir dann offiziell Produkte verarbeiten dürfen.
Bader: Einfach gesagt sind das Bäume, die auf landwirtschaftlich genutzte Flächen gepflanzt werden, der eigentlichen Kultur fast keinen Platz wegnehmen, dafür die Höhe effektiv ausnutzen und somit mehr Ertrag auf derselben Fläche erzielt wird. In unserem Agroforst ist etwa 50 Prozent der Fläche mit mehrjährigen Pflanzen bepflanzt, also Nussbäume, Obstbäume, Beerensträucher, essbare Stauden. Der Rest der Fläche ist Heubeet, Gemüsefläche, Versuchsfläche. Durch die permanente Bepflanzung schaffen wir Lebensraum, sodass beispielsweise Schadinsekten am Gemüse in Schach gehalten werden und wir komplett ohne Chemie auskommen.
Bader: Wir orientieren uns an Menschen, die die Permakultur-Prinzipien entwickelt haben, zum Beispiel Bill Mollison, David Holmgren, auch Marktgärtner wie J. M. Fortier und andere, die ich über Podcasts, Bücher oder Instagram verfolge. Ich mag den Community-Gedanken, dass wir alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas Großes bewirken, obwohl die einzelnen Betriebe oft ziemlich klein sind.
Bader: Wir haben zur Anmeldung eine Ankreuz-Liste erstellt, in der unsere Abonnenten festlegen, ob sie beispielsweise neben dem Gemüse auch Milchprodukte, Eier, Jungpflanzen, Saatgut, Räuchergut, Beeren, Nüsse, Getreide und so weiter in ihrer Kiste wollen. Diese ergänzenden Produkte sind nicht in jeder Kiste enthalten, vermehrt jedoch im Frühjahr und Herbst. Was wir davon nicht selbst herstellen, das kommt von Partnerbetrieben aus der Region.
Bader: Wir haben fast nur tolle Erfahrungen gemacht. Die Kunden sind nicht nur von unserer Gemüsequalität überzeugt, sondern auch vom dahinterstehenden Projekt, das sie damit unterstützen. Ich freue mich immer, wenn Nachbarn mit dem Fahrrad vorbeikommen und zwei Salate und einen Bund Möhren abholen, sie mit auf dem Feld stehen und wir den direkten Austausch haben.
Bader: Die Trockenheit ist natürlich eine in diesem Jahr, wir haben zum Glück auf dem Grundstück einen Brunnen und fangen Regenwasser auf. Außerdem mulchen wir viele Beete, um die Verdunstung zu reduzieren. Ein Experiment, das sehr gut aussieht: Mulchen mit ausgedientem Pilz-Substrat, also Stroh, das mit Pilzmycel durchwachsen ist, Pilz-Fruchtkörper produziert hat und dann kompostiert wird. Die Regenwürmer lieben das. Wir haben den Boden, der vorher zwei Prozent Humus hatte, mit Kompost aufgewertet, auch das sorgt für bessere Wasserspeicherung.