Die Chance war günstig, als die Gemeinde Großrinderfeld im Ortsteil Gerchsheim den ehemaligen Kindergarten St. Anna und das Pfarrheim von der katholischen Kirchenstiftung kaufen konnte (wir berichteten). Ein Förderprogramm des Landes unter dem Namen "Ziel und Zukunft" unterstützte den Umbau in ein Ärzte- und Seniorenhaus. In den Räumen sollte eine moderne Arztpraxis mit fünf Behandlungszimmern, großzügigem Empfang, ebenerdigem und damit barrierefreien Zugang, Sozialräumen und einem Aufzug entstehen, zudem eine physiotherapeutische Praxis und ein Pflegeheim mit Tagespflege.
Kassenärztliche Vereinigung sieht Bedarf
Die Gelegenheit war günstig, denn der damalige Hausarzt wollte in den Ruhestand gehen und so machten er und die Gemeinde sich auf die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Die kassenärztliche Vereinigung sieht nach wie vor Bedarf für einen Hausarzt in Gerchsheim, wie auf der Internetseite nachzuverfolgen ist.
Doch so einfach gestaltete sich die Nachfolge dann doch nicht. Eine ins Auge gefasste Person fing zwar an, warf aber kurz nach Praxiseröffnung in den Räumen des ehemaligen Hausarztes das Handtuch und wollte lieber als angestellte Ärztin in Tauberbischofsheim arbeiten. Obwohl schon alles für sie vorbereitet war, warf sie das Handtuch.
Daraufhin machte sich die Gemeinde wieder auf die Suche nach einem Hausarzt, der in die neu gestalteten Räume einziehen kann. Das gestaltet sich mehr als schwierig, hat Bürgermeister Johannes Leibold erfahren müssen. Doch er gibt die Hoffnung nicht auf. "Vom Prinzip könnte der neue Arzt oder die neue Ärztin morgen hier anfangen", meint er bei einer Besichtigung der Räume zusammen mit Architekt Albert Kastner.
Einzugsgebiet bis über die bayerische Grenze
Die Räume sind insgesamt 130 Quadratmeter groß, hell, freundlich und soweit vorbereitet, dass nur noch die Möbel kommen müssten. Auch die Bevölkerung wäre froh, wenn sich in Gerchsheim wieder ein Arzt oder eine Ärztin ansiedeln würden. Etwa 800 bis 1000 Patienten und Patientinnen hatte der in Ruhestand gegangene Mediziner gehabt, erinnert sich Bürgermeister Leibold. Eine Steigerung sei aber sicher möglich, schließlich erstreckt sich das Einzugsgebiet auch bis über die die bayerische Grenze.
An den Mietforderungen wird eine neue Hausarztpraxis nicht scheitern. "Weil wir eine staatliche Förderung erhalten haben, sind die Mietkonditionen mehr als fair", sagt Bürgermeister Leibold. Die Sanierung fand nach modernsten Vorgaben statt, sodass auch die Mietnebenkosten im Rahmen bleiben werden, ist sich Architekt Kastner sicher.
Aber alle bisherigen Gespräche und Versuche, die Arztpraxis mit Leben zu füllen, verliefen im Sande. Tagespflege, Pflegeheim sowie die physiotherapeutische Praxis eröffnen am 29. Oktober ihren Betrieb. Wann ein neuer Hausarzt oder eine neue Hausärztin dazukommt, steht noch nicht fest.
Geld aus mehreren Förderprogrammen in Aussicht
Dabei könnte die neue Hausarztpraxis auf üppige Förderungen hoffen. Im Rahmen der Anschaffungskosten gibt es einen höheren Zuschuss und über das ELR-Programm "Daseinsvorsorge und Infrastruktur" sind weitere Förderungen möglich, so der Bürgermeister.
Er versteht nicht, warum sich trotz dieser attraktiven Voraussetzungen keine Person findet, die gerne in Gerchsheim praktizieren möchte, will aber weiter auf allen Kanälen für die Praxis in Gerchsheim werben und versuchen, doch noch einen Arzt oder eine Ärztin für das neue Ärzte- und Seniorenhaus zu gewinnen. Schließlich ist Gerchsheim eine prosperierende Gemeinde. Sogar einen Bauplatz für ein Privathaus könnte dem Bewerber oder der Bewerberin zur Verfügung gestellt werden, legt sich der Bürgermeister ins Zeug. "Wenn ein Arzt will, kann er dort sofort anfangen."