Die Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag wollen sich selbst deutlich mehr Geld genehmigen. Außerhalb des Parlaments kommt das gar nicht gut an. Die Befürworter verteidigen die Pläne.
Trotz massiver Kritik von Verbänden halten Grüne, CDU und SPD an der geplanten Neuregelung der Altersversorgung für Landtagsabgeordnete fest. Der Gesetzentwurf wurde am Donnerstag im Landtag in Stuttgart auf den Weg gebracht. Damit sollen die Politiker des Landesparlaments künftig wieder zwischen einer privaten und einer lukrativeren staatlichen Versorgung wählen können. Die FDP und die Alternative für Deutschland (AfD) tragen das nicht mit. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von einem „falschen Zeichen“, wenn die Abgeordneten zu einer staatlichen Altersversorgung zurückkehrten. Abgeordnete müssten wie normale Bürger zur privaten Altersvorsorge herangezogen werden, forderte Rülke. AfD-Politiker Rainer Podeswa bezeichnete die Pläne als eine „bürgerverachtende Unverfrorenheit“, die einen fassungslos mache. „Mir fehlen die Worte. Das ist eine Schande für Baden-Württemberg.“
Seit der 2008 beschlossenen und 2011 in Kraft getretenen Parlamentsreform müssen die Abgeordneten privat Vorsorge für ihr Alter treffen. Junge Politiker sehen sich massiv benachteiligt. Sie pochen darauf, die früher geltende staatliche Versorgung wieder zu ermöglichen. Zudem soll es eine teils deutliche Erhöhung der Budgets für Mitarbeiter und der steuerfreien Kostenpauschale geben. Neben Grünen, CDU und SPD trägt das auch die FDP mit. Beschlossen werden sollen die Pläne im Rahmen der laufenden Beratungen zum Landeshaushalt 2017 voraussichtlich an diesem Freitag.
Der Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Baden-Württemberg, Roland Sing, teilte mit, den Bürgern werde seit Jahren von der Politik eine Verringerung der gesetzlichen Rente und im Gegenzug die private Altersvorsorge ungeachtet niedriger Zinsen zugemutet. Das solle nun aber für Abgeordnete nicht gelten. Sing sprach von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Das fördere die Politikverdrossenheit. Die Befürworter verteidigten die Pläne in der Debatte mit der Begründung, dass der Beruf des Abgeordneten in Zeiten steigender Anforderungen attraktiv bleiben müsse. Im Vergleich der Landesparlamente bleibe der Stuttgarter Landtag mit künftig nicht einmal zehn Euro pro Einwohner und Jahr relativ kostengünstig, sagte etwa der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen, Uli Sckerl.
CDU-Politikerin Nicole Razavi meinte, wenn die Gesellschaft wolle, dass gute und fähige Politiker aus allen Bevölkerungsschichten im Parlament säßen, müsse es eine angemessene Entschädigung geben. Der Parlamentsgeschäftsführer der SPD, Reinhold Gall, sagte, die Arbeit der Abgeordneten sei in den vergangenen 15 Jahren komplexer und inhaltlich anspruchsvoller geworden.