
Das Familienleben verläuft nicht immer so harmonisch, wie sich Kinder und Eltern das wünschen. Die Coronazeit beispielsweise hat dazu geführt, dass die Anzahl der Jugendlichen mit psychischen Problemen stark zugenommen hat. Doch es gibt Hilfe - für Jugendliche gleichermaßen wie für Erziehungsberechtigte. Die Mobile Jugendbetreuung Würzburg der Jugendhilfe Creglingen unterstützt dort, wo es gebraucht wird.
Thomas Möginger: Die ambulante Jugendhilfe ist auch nach 25 Jahren noch unser Schwerpunkt, anders gesagt: wir üben eine 'aufsuchende Tätigkeit' aus. Das heißt, wir gehen in Familien, besuchen Jugendliche im privaten Umfeld und leisten Unterstützung in individuellen Problemlagen. Diese Aufgaben bekommen wir vom zuständigen Amt für Jugend und Familie übertragen und arbeiten folglich mit Eltern, Jugendlichen und deren Umfeld.
Möginger: Der Antrag für unseren Einsatz wird beim Amt für Jugend und Familie gestellt, entweder von den Erziehungsberechtigten oder falls die Jugendlichen bereits 18 Jahre alt sind, können sie das eigenständig tun. Die Jugendlichen und Familien können auch auf uns zukommen, wir helfen ihnen mit Jugendamt-Kontakten weiter. Die Kosten für unsere Fachkräfte werden vom Amt für Jugend und Familie übernommen, daher muss ein Hilfebedarf vorab festgestellt werden.
Lars Betz: Die Anzahl der Jugendlichen mit psychischen Problemen hat extrem zugenommen. Die Coronazeit – das Fehlen sozialen Miteinanders und aufwändiges Homeschooling – hat Nachwirkungen. Die Lockdown-Zeiten und das Jahr 2023 waren herausfordernd für uns. Und bereits 2015 haben wir den Fall-Anstieg durch die Migration stark gespürt. In von uns betreuten Migrationsfamilien spielt häufig die Sprachbarriere auch für die Erziehung eine Rolle. Zum Teil begleiten wir außerdem Familien mit Multi-Problematiken über Generationen hinweg, da kennen wir mittlerweile die Enkel.
Möginger: Viel hängt von Beziehungsarbeit ab – das meint, wir müssen Vertrauen aufbauen, sehr nachvollziehbar im privaten Bereich. Wenn dieses Vertrauen besteht, kommen wir meistens gut voran und die Arbeit, die in Kooperation mit dem Amt für Jugend und Familie stattfindet, wirkt in die Zukunft hinein. Nicht selten bekommen wir Jahre später Rückmeldungen von Kindern, die wir begleitet haben, die sagen: "Es war eine schwierige Zeit damals, aber ich erinnere mich positiv an euch."

Möginger: Trauen Sie sich, Hilfe anzunehmen – im Wissen, dass Sie nicht die Einzigen sind, die Probleme haben. Es ist doch toll, dass es in Deutschland dieses Hilfesystem gibt. Und Betz fügt hinzu: Seid authentisch, bietet keine Theatervorstellung. Natürlich ist es schwer, die Fassade fallen zu lassen, aber wir können am besten helfen, wenn Probleme möglichst klar benannt werden.
Möginger: Man braucht in diesem Job Geduld, doch je länger man aktiv ist, desto mehr Erfolge sieht man. Aber es ist richtig, bei dieser Arbeit muss man Situationen aushalten können und nötige Hebel setzen, das kann dauern. Außerdem ist es wichtig, die Perspektive der Familie einzunehmen und nicht die eigene Idealvorstellung überzustülpen. Betz: Bei mir war es ebenfalls die Erkenntnis, die kleinsten Schritte wertzuschätzen.
Betz: Die Plätze stehen 16- bis 21-Jährigen zur Verfügung, die aus hochstrittigen Familienverhältnissen kommen, wo ein Zusammenleben mit den Eltern häufig nicht mehr möglich ist. Die Jugendlichen lernen, selbständig zu sein, ihr Leben zu organisieren sowie ihr Geld einzuteilen. Bestenfalls haben sie bis zum Auszug ein kleines finanzielles Polster aufgebaut.
Möginger: Hierzu wurde in Bayern ein Förderprogramm aufgelegt – der Gedanke dahinter: Schülerinnen und Schüler sollen Sozialarbeiterinnen und –arbeiter als Ansprechpartner haben, die ihnen im schulischen Umfeld bei individuellen Problemlagen beiseite stehen.
Möginger: Die Jugendhilfe Creglingen mit ihren rund 400 Mitarbeitenden ist zwar dezentral aufgestellt, doch im Leitungsteam tauschen wir uns regelmäßig mit unserem Geschäftsführer Werner Fritz und den anderen Bereichsleitungen aus. Die gesamten Verwaltungsthemen laufen zudem über Creglingen.
Möginger: Dass sich weiter viele Sozialarbeit-Studierende für das Arbeitsfeld der Jugendhilfe interessieren. Außerdem, dass die öffentlichen Stellen die finanziellen Mittel nicht nur auf Pflichtaufgaben begrenzen, sondern Präventionsprojekte stärker gefördert werden.