Nur wenige Tage nach der Rückkehr des ersten Lohrer Hilfskonvois an die polnisch-ukrainische Grenze wird es bereits an diesem Freitag eine zweite Hilfsfahrt geben. Diesmal wird neben neun Kleinbussen sogar ein Reisebus mit von der Partie sein, um möglichst vielen ukrainischen Kriegsflüchtlingen eine Mitfahrgelegenheit nach Main-Spessart anbieten zu können. Wenn alles klappt, sollen die Flüchtlinge zunächst in der vom Landkreis aufgebauten Notunterkunft in der Marktheidenfelder Main-Spessart-Halle unterkommen.
Was die in das Krisengebiet mitgenommenen Hilfsgüter angeht, zeigt die von den Organisatoren des Transports mit ukrainischen Kontaktleuten abgestimmte Sammelliste eine merkliche Schwerpunktverschiebung. Kleidung wird demnach eigentlich nicht benötigt. Stattdessen stehen auf der Prioritätenliste Dinge ganz oben, die erkennen lassen, woran es den Ukrainern offenbar am meisten mangelt: medizinisches Material.
Gut 1200 Kilometer bis ans Ziel
Geleitet wird der Konvoi erneut von Marcus Scholz. Der 43-Jährige hatte bereits den ersten, auf private Initiative zurückgehenden Hilfskonvoi begleitet. Dieser hatte am vergangenen Wochenende mehrere Tonnen Hilfsgüter an die gut 1200 Kilometer entfernte polnisch-ukrainische Grenze geschafft. Auf dem Rückweg nahmen die 14 ehrenamtlichen Helfer 18 Kriegsflüchtlinge mit zur zentralen unterfränkischen Aufnahmestelle in Geldersheim.
Etliche der Helfer vom vergangenen Wochenende seien auch bei der bevorstehenden zweiten Fahrt dabei, sagt Scholz. Neu ist, dass diesmal auch ein Reisebus eines Zellinger Unternehmens mitfährt. Er wird laut Scholz von Sponsoren finanziert. Auch für die neun Kleinbusse mit je sieben Sitzplätzen habe es Unterstützung von Geldgebern oder Firmen gegeben. Erneut seien unter den Helfern solche mit ukrainischen, russischen und polnischen Sprachkenntnissen, daneben auch zwei Krankenschwestern, schildert Scholz. Geplant sei, dass der Reisebus am Freitagmorgen und die Kleinbusse am Nachmittag starten.
Am Samstagmorgen wolle man an der polnisch-ukrainischen Grenze sein. Dort, so ist der Plan, sollen die Hilfsgüter umgeladen werden in einen Lastwagen, den ein Ukrainer organisieren will, der bis Herbst 2021 für mehrere Jahre in Frammersbach gelebt hat.
Auf der Rückfahrt habe man anders als beim ersten Hilfskonvoi, bei dem man überwiegend mit Transportern ohne Sitzplätze unterwegs war, Platz für annähernd 100 Flüchtlinge, sagt Scholz. Wenn die Kapazität ausreicht, ist geplant, dass sie zunächst im vom Landkreis in der Main-Spessart-Halle aufgebauten Aufnahmezentrum unterkommen. Man stehe deswegen bereits mit dem Landratsamt in Kontakt, sagt Scholz. Die Rückkehr aus dem Krisengebiet ist in der Nacht auf Sonntag gepklant.
Schnell und unbürokratisch
Schwerpunkt des neuerlichen Hilfskonvois sei im Gegensatz zur ersten Fahrt, so viele Flüchtlinge wie möglich mitzunehmen, sagt Scholz. Bei der ersten Fahrt habe man im Vorfeld gar nicht gewusst, ob man auf dem Rückweg überhaupt Flüchtlinge mitnehmen könne. Doch dann hätten die Helfer vor Ort gesehen, dass an der Grenze eine große Zahl an Flüchtlingen auf solche Mitfahrgelegenheiten hofft. "Das läuft über dort", beschreibt Scholz den aufgrund der anhaltenden Kämpfe in der Ukraine anschwellenden Flüchtlingsstrom.
Von privater Seite organisierte, schnelle und unbürokratische Transporte wie der von Lohr oder auch von anderen Städten in Main-Spessart aus sind nach Ansicht des 43-Jährigen derzeit ein wichtiger Baustein, um den an der polnischen Grenze ankommenden Flüchtlingsstrom bewältigen zu können. Große Hilfsorganisationen bräuchten einfach eine gewisse Zeit, bis sie ins Rollen kommen, meint Scholz.
"Alle ziehen an einem Strang"
Im Landkreis gebe es nun zwar verschiedene Hilfsprojekte. "Aber alle ziehen an einem Strang und sorgen dafür, dass Main-Spessart insgesamt schnell hilft", sagt Scholz und bezieht dabei das Landratsamt ausdrücklich mit ein. Dass die Behörde im Vorfeld des ersten Lohrer Hilfskonvois noch von derlei Aktionen abgeraten habe, wertet der 43-Jährige als Kommunikationspanne. Nun jedoch ziehe man an einem Strang. Scholz hofft sogar, dass durch die von vielen Menschen getragene gemeinschaftliche Hilfe für Flüchtlinge im Landkreis Main-Spessart eine Art Gemeinschaftsgefühl entstehen könnte.