Julius Mayer ist kein Profimusiker – trotzdem hat er den Song „Sommerloch“ geschrieben und aufgenommen. Für das Video, in dem Jugendliche und junge Erwachsene aus Main-Spessart mitspielen, gab es sogar Fördermittel von der Jugendstiftung des Landkreises. Es ist schon das zweite Video für das Lied – eine ungewöhnliche Geschichte.
Der 25-jährige Thüngener studiert in Würzburg Deutsch und Sport für das Gymnasial-Lehramt. Als Jugendlicher nahm er gern an den Jugendfreizeiten des Landkreises Main-Spessart teil und dachte sich schon damals: „Da würde ich auch einmal als Betreuer mitfahren.“ Über 20 14- bis 18-Jährige gehen jedes Jahr organisiert von der Kreisjugendpflege für zwei Wochen auf Reisen – nach Spanien, Irland oder Israel. Begleitet werden sie von fünf oder sechs erwachsenen Betreuern. Der Lehramtsstudent hat zur Vorbereitung an Pädagogik- und Erste-Hilfe-Kursen sowie rechtlichen Belehrungen teilgenommen und ist schon seit sieben Jahren regelmäßig als Betreuer dabei.
Lagerfeuergitarrist
Er bezeichnet sich selbst als „Lagerfeuergitarrist“ und trägt bei den Freizeiten gern zur Abendunterhaltung bei. Ab und zu hat er dabei schon eigene Texte zu bekannten Popsongs geschrieben und gerappt – diese Stücke wurden dann zu den „Hits“ der jeweiligen Freizeit.
2015 absolvierte Mayer ein Auslandssemester als Erasmus-Student im spanischen Santiago de Compostela und verliebte sich dort in eine Studentin aus Russland. Nach der Heimkehr nach Unterfranken fühlte sich Mayer in der „Post-Erasmus-Depression“. Also schrieb er den Song „Sommerloch“ mit sehnsüchtigen Zeilen wie „was fehlt, ist ein Happy-End“ in den gerappten Strophen und „in meinem Herz klafft ein riesengroßes Sommerloch“ im Refrain.
Debüt beim Poetry Slam
„Mir war schon klar, dass ich darüber wieder hinwegkommen würde. Ich habe den Song auch für andere in einer ähnlichen Situation geschrieben“, erzählt Julius Mayer. Tatsächlich konnten sich viele damit identifizieren – zuerst seine Kumpels, denen er den Text über WhatsApp schickte. „Ein Freund sagte zu mir, ich müsste den Text mal vortragen. Als wir am selben Abend zum Würzburger Umsonst & Draußen gingen, fand dort zufällig ein Poetry Slam statt, also musste ich auf die Bühne.“
Mayers Text kam dort gut an, doch in der nächsten Runde hätte er einen weiteren vortragen sollen. „Ich hatte aber nichts anderes auf Lager“, erinnert er sich.
Damals reifte in Mayer der Wunsch, den Song einmal im Tonstudio aufzunehmen. Doch erst, als er wegen einer Knieverletzung 2017 eine Pause im Sportstudium einlegen musste, wurde es konkret. „Ich war ziemlich niedergeschlagen und wollte die Zeit positiv nutzen.“ Also ging er mit seinen Karlstadter Freunden Lukas und Felix Hain, die als Duo „Oh Brother“ Musik machen, in ein Würzburger Tonstudio und spielte den Song ein. „Und dann wollte ich dafür gern ein Video machen“, sagt Mayer. In den sozialen Medien lernte er den Filmstudenten Alexander Draheim kennen. Mayer hatte kein großes Budget, aber Draheim war bereit, sich auszuprobieren, wenn Mayer bei der Organisation hilft.
An zwei Drehtagen in Burgsinn filmte Draheim mit einer 25-Mann-Crew ein beeindruckendes Video mit einer Gaunerpärchen-Geschichte mit einer Special-Effects-Schießerei, bei der auch Filmblut fließt. Mayer kostete diese professionelle Produktion nur 1000 Euro, „aber es war ein ungeheurer Aufwand, alles zu organisieren“.
Das Gaunerpärchen-Video
Nach einer Release-Party für das Video und den Song reiste Mayer mit Verspätung zur nächsten Jugendfreizeit an, zeigte dort stolz den Kurzfilm und stellte fest, dass er kaum inhaltlichen Bezug zu seinem Lied hat. „Zudem war ich mir nicht sicher, ob ich mit einem Video, in dem geschossen wird und Blut fließt, in Verbindung stehen will. Schließlich will ich Lehrer in Bayern werden.“
Für den Landkreis Main-Spessart moderiert Julius Mayer ab und zu Preisverleihungen. Auch dabei sei er auf die Gewalt im Video angesprochen worden.
Das Heimatvideo
Seine Folgerung: Es muss ein neues Video her. Kreisjugendpfleger Bernhard Metz stellte eine Förderung in Aussicht, wenn Main-Spessarter Jugendliche in das Projekt eingebunden werden. Gesagt, getan. Julius Mayer und 14 junge Menschen, zum Großteil frühere Jugendfreizeit-Teilnehmer, ließen sich von Alexander Draheim dabei filmen, wie sie die Lippen synchron zum Songtext bewegen. Währenddessen werden Handyfilme zum Thema Heimat auf ihre Gesichter projiziert. Dieses neue Video steht seit 24. Juni online; die Jugendstiftung Main-Spessart hat es mit 1000 Euro unterstützt und Julius Mayer ist damit sehr zufrieden.
Musik macht er zum Zeitvertrieb. „Meine Mutter heiratet demnächst zum zweiten Mal. Dafür schreibe ich ihr ein Lied“, erzählt er. Auch ein Video würde er gern noch einmal machen. „Aber nicht so schnell. Vielleicht später mal mit meinen Schülern.“ Im kommenden Jahr will er das erste Staatsexamen schaffen.