
Die Nachricht verbreitete sich am Dienstag in Windeseile durch die Stadt: Bei dem schweren Verkehrsunfall am Montagabend auf der Straße zwischen Rodenbach und Neustadt verloren zwei in Lohr stadtbekannte Persönlichkeiten ihr Leben: Helmuth Walch und Karl-Heinz Coester. Die beiden 81-jährigen waren die Insassen des Fahrzeugs, das mit dem Wagen eines 20-Jährigen kollidierte, nachdem dieser die Kontrolle über sein Auto verloren hatte und damit auf die Gegenfahrbahn geraten war. Während Walch noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen erlag, starb Coester in der Nacht in einer Würzburger Klinik. Auch der Unfallverursacher ließ bei dem Zusammenprall sein Leben.
Der „Schuster Walch“, wie Helmuth Walch in Lohr genannt wurde, war im wahrsten Wortsinn ein Lohrer Original, ein echter „Urlohrer“. Kaum jemand in der Stadt kannte nicht dieses Bild: des Schustermeister inmitten großer Schuhberge. Außenstehende konnten kaum begreifen, wie Walch sich im gewirr seiner Werkstatt zurechtfand. Doch er selbst sagte stets: „In meinem Durcheinander herrscht Ordnung“. Seit seinem 14. Lebensjahr sei er „mit der Leiste verheiratet gewesen“, scherzte Walch gerne. Tatsächlich war er jahrzehntelang mit seiner 2001 verstorbenen Frau Christl verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor.
Den Kunden verpflichtet
In seiner Werkstatt in der Unteren Schlossgasse, die gleichzeitig auch eine Art Begegnungsstätte war, arbeitete Walch auch noch in einem Alter, in dem andere längst ihren Ruhestand genossen. Es war einerseits die Freude an seinem Handwerk, die den Spross einer alteingesessenen Lohrer Schuhmacherfamilie vom Zusperren der Werkstatt abhielt, aber auch das Bewusstsein, dass seine zahlreichen Kunden ihn vermissen würden. Erst kurz vor seinem 80. Geburtstag im November 2011 verloren die Lohrer ihre gewohnte Anlaufstelle für Schuh- und Lederarbeiten aller Art.
Erster „Löhrer Dunnerkeil“
Doch nicht nur durch seinen Beruf war Walch in Lohr stadtbekannt. So gehörte er zum Kreis der „Fabulologen“, die einst herausfanden, dass Schneewittchen eine Lohrerin gewesen sein muss, was ihm zusammen mit seinen Mitstreitern die Auszeichnung des ersten „Löhrer Dunnerkeils“ einbrachte.
Die Lohrer Geschichte war neben der Goldschmiedearbeit ohnehin eines der großen Steckenpferde, des Mannes, der wie kaum ein anderer auch den Lohrer Dialekt pflegte. Walch hob 1958 den Lohrer Geschichtsverein mit aus der Taufe und war dessen erster Kassenwart. Bei der Lohrer Feuerwehr stand Walch 25 Jahre im aktiven Dienst.
Sein Wortwitz und seine Schlagfertigkeit machten ihn zu einem immer wieder gefragten Interviewpartner für Rundfunk und Fernsehen, wenn es um Lohrer Themen ging. Im Lohrer Stadtbild selbst war Walch nicht zuletzt wegen seiner Vorliebe für knielange Lederhosen prägend. Ein Anblick, der in Lohr nun fehlen wird.
So wie am verhängnisvollen Montagabend auch war Walch regelmäßig mit Karl-Heinz Coester unterwegs. Auch der war in Lohr wohlbekannt, zum einen durch seine langjährige Dienstzeit an der Lohrer Polizeiinspektion, zum anderen aber auch durch sein Engagement für das Technische Hilfswerk in Lohr.
Der im schlesischen Sprottau geborene Coester war 1964 in den unterfränkischen Polizeidienst eingetreten. Den praktischen Teil seiner Ausbildung absolvierte er in Lohr. Im Alter von 34 Jahren wurde er dauerhaft der Lohrer Inspektion zugeteilt und arbeitete dort zunächst im Streifendienst, wurde später jedoch in die Ermittlungsgruppe berufen und bis in den Rang eines Oberkommissars befördert. 1992 ging Coester nach 28 Jahren im Polizeidienst in den Ruhestand.
Begründer der THW-Jugendarbeit
Coester war über 56 Jahre mit seiner Frau Irmgard verheiratet. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Bereits seit August 1976 engagierte sich Coester im THW-Ortsverband Lohr. Mit der Gründung der ersten Jugendgruppe hab er 1977 den Startschuss für eine bis heute erfolgreiche Jugendarbeit. Von 1988 bis 1993 leitete er als THW-Ortsbeauftragter die Geschicke der Hilfsorganisation in Lohr. Er war Gründungs- und Ehrenmitglied des Fördervereins „Technische Hilfe“. Sein Engagement für das THW wurde mit dem Helferzeichen in Gold mit Kranz gewürdigt. Der Termin der Bestattungen von Helmuth Walch und Karl-Heinz Coester stand am Dienstag noch nicht fest.