Trenk räumte ein, dass der Feind den Rhein überschritten hatte (inzwischen standen die Amerikaner schon bei Aschaffenburg), fuhr aber dann fort: "Wir sind sicher, dass es in diesem Kriege noch eine phantastische Wendung geben wird. Und wenn wir keinem von uns mehr glauben würden, einer würde uns wieder zu glauben verhelfen: Der Feind selbst! In seinen Meldungen über den drohenden Einsatz neuer deutscher Waffen und einer möglichen Wende. . . . Wir werden diesen Krieg nicht verlieren." - Außer hohlen Phrasen und Durchhalteparolen hatte das Flugblatt allerdings nichts zu bieten. Die Verhaltensmaßregeln waren wenig realistisch. So wurde etwa die unbewaffnete Bevölkerung aufgefordert, flüchtende deutsche Soldaten aufzuhalten - ein aussichtsloses Unterfangen.
Im Eisenwerk Rexroth entband am Morgen des 26. März Ludwig Rexroth die Arbeiter von ihrem Auftrag. Eine geordnete Produktion war wegen der dauernden Angriffe ohnehin nicht mehr möglich.
Man hatte inzwischen den Volkssturm mobilisiert. Das waren Buben ab 16 und Männer bis 60 Jahre, die bisher noch nicht eingezogen waren und nun als letztes Aufgebot die Heimat verteidigen sollten.
Die Task Force Baum fährt durch
In Nilkheim bei Aschaffenburg war am Montag, 26. März eine task force (Kampfgruppe) unter Leitung von Captain Abraham Baum aufgebrochen, mit dem Auftrag, in einem Handstreich über den Spessart nach Hammelburg vorzustoßen und dort den Oberstleutnant John K. Waters, den Schwiegersohn von General George S. Patton aus dem Gefangenenlager zu befreien.
Die Gruppe bestand aus 306 Mann und 53 Fahrzeugen, darunter zehn Shermanpanzer, drei Sturmgeschütze und sechs leichte Panzer. Über die Reichsstraße 26 (B26) erreichte die Kampfgruppe Lohr am Dienstag, 27. März gegen 6 Uhr früh. In den Ortschaften waren die Fahrzeuge zwar mit Handfeuerwaffen beschossen, aber nicht aufgehalten worden. In der "Wasserhauskurve" zwischen Rechtenbach und Lohr kam ihnen ein Lastwagen mit Holzvergaser entgegen. Der Führungspanzer eröffnete das Feuer auf den LKW. Der Fahrer wurde dabei schwer verletzt; ein mitfahrender 16-jähriger Hitlerjunge kam ums Leben.
Die Panzer kamen unbehelligt bis zu einer Panzersperre am Lohrer Ortseingang. Dort stand ein Volkssturmmann Wache. Die amerikanischen Panzer trugen nicht den weißen Stern der US-Streitkräfte, waren also nicht ohne weiteres als feindliche Fahrzeuge zu erkennen. Als Captain Baum den Posten auf Deutsch ansprach, gab ihm dieser bereitwillig Auskunft über den Weg nach Hammelburg.
Am Hotel "Post" beschossen die Amerikaner einen Wehrmachts-LKW. Dabei wurde eine Wehrmachtshelferin getötet. Am Sportplatz stand ein weiterer LKW, besetzt mit Zivilisten und Männern der "Organisation Todt", einer Bautruppe für militärische Anlagen. Die Panzer eröffneten das Feuer. Dabei wurden sechs Personen getötet, darunter eine Frau und ihre achtjährige Tochter. Zwischen Sackenbach und Neuendorf fielen drei SS-Soldaten, die ihr Gepäck auf Handwagen transportierten.
Die Truppe erreichte zwar tatsächlich das Lager Hammelburg, wurde aber dann von überlegenen deutschen Einheiten aufgerieben.
Die Lohrer, von denen viele durch die rasselnden Panzerketten aus dem Schlaf gerissen wurden, nahmen das als Anzeichen, dass der eigentliche Einmarsch der Amerikaner unmittelbar bevor stehen musste. Viele Familien suchten Zuflucht im Wald.
Lohr wurde zum Ortsstützpunkt erklärt, der "mit allen Mitteln" zu verteidigen war. Ein Beauftragter des Verteidigungskommissars erschien in Lohr. "Aus jedem Haus und jedem Strauch", so hieß es, sollte eine "Festung" gemacht werden. Wehrunwilligen wurde mit dem Standgericht gedroht. In der Nacht zum Dienstag ernannte Gauleiter Dr. Otto Hellmuth in seiner Eigenschaft als "Reichsverteidigungskommissar" den Amtsgerichtsrat Dr. Koob in Lohr zum Vorsitzenden des Standgerichts.
Die Sprengung der Lohrer Mainbrücke war bereits vorbereitet, bevor der überraschende Durchbruch der tasc force Baum erfolgte. Am 27. März um 11 Uhr wurden von einem Sprengkommando zwei Sprengladungen gezündet, die eine 60 Meter breite Lücke rissen. Der Verkehr mit dem Stadtteil Sendelbach wurde notdürftig mit Schelchen aufrecht erhalten.
Auch andere Brücken in Lohr und im Spessart wurden im Verlauf der weiteren Kampfhandlungen gesperrt, darunter mehrere Lohrbrücken. Den Vormarsch der Amerikaner behinderte das kaum.