Die Rummelsberger Diakonie, einer der großen diakonischen Träger in Bayern, sponsert den Christopher Street Day im Sommer 2022 in Nürnberg. Damit wolle man ein Zeichen für Menschenwürde und Toleranz setzen, betonte Diakonin Elisabeth Peterhoff, Mitglied des Vorstands der Rummelsberger Diakonie. Zur Rummelsberger Gruppe mit Sitz im mittelfränkischen Schwarzenbruck gehören ambulante und stationäre Dienste der Jugend-, Eingliederungs- und Altenhilfe sowie Schulen und Ausbildungsstätten. Laut eigenen Angaben nutzen täglich rund 13 500 Menschen die diakonisch-sozialen Angebote der rund 6200 Rummelsberger Mitarbeitenden. Kritik an dem Sponsoring kommt vom theologisch konservativen Arbeitskreis Bekennender Christen in Bayern (ABC). Till Roth, evangelischer Dekan in Lohr (Lkr. Main-Spessart), ist Vorsitzender des Arbeitskreises. Im Interview erläutert er, was er am Sponsoring kritisiert.
Till Roth: Wir empfinden das Engagement als Zweckentfremdung diakonischer Mittel. Die Rummelsberger Diakonie hat den Auftrag, im Rahmen diakonischer Arbeitsfelder zu wirken – dazu zählt der CSD sicher nicht. Die Rummelsberger bekommen übrigens auch Gelder aus Spenden und gottesdienstlichen Kollekten. Wir sind uns ganz sicher, dass es in den Gemeinden viele geben wird, die Anstoß daran nehmen, dass man eine exponierte Veranstaltung wie den Christopher Street Day unterstützen will. Das ist eine Veranstaltung, die sich selber trägt und mit der Kirche überhaupt nichts zu tun hat.
Roth: Wir haben keine Sachentfremdung von Spenden unterstellt, sondern kritisieren die Zuwendung an eine nichtkirchliche und nichtdiakonische Veranstaltung. Die Rummelsberger sind ein großes Werk, darum gibt es jedes Jahr eine bayernweite Kollekte, die auch an die Rummelsberger geht. Und da gibt es bestimmt viele Gemeindeglieder, die es seltsam finden, was da auf dem CSD vor sich geht. Die werden sich überlegen, ob sie weiter spenden.
Roth: Unsere Kritik am Sponsoring hängt freilich mit dem Selbstverständnis des CSD zusammen. Der Inhalt ist aus christlicher Sicht kritisch zu sehen. Gegen die Begründung der Rummelsberger, ein Zeichen zu setzen für Toleranz und Antidiskriminierung, ist nichts zu sagen. Ich bin dankbar dafür, dass in unserer Gesellschaft jeder seine Meinung äußern darf und auch die Freiheiten hat, zu leben wie er möchte, auch in sexueller Hinsicht. Trotzdem: Aus christlicher Sicht gibt es Werte, die nicht einfach über Bord geworfen werden dürfen. Und die kommen in Konflikt mit dem, was man auf dem Christopher Street Day sieht.
Roth: Ich nenne mal die beiden Werte der Treue und der Keuschheit, also eines angemessenen, schambewussten Umgangs mit Körperlichkeit und Sexualität. Schauen Sie, es gibt ja auch Homosexuelle, die sich am CSD stoßen. Ein homosexueller Leser der Wochenzeitung "Zeit" hat zum Beispiel mal geschrieben, dass er sich damit nicht identifizieren kann. Er schrieb: "Welche politische Aussage hat es, wenn Männer in String-Tanga und Schweinemaske auf allen vieren kriechende Jungs am Halsband hinter sich herziehen?" Da werden ja auch sexuelle Vorlieben in Verkleidung dargestellt. Mit den Werten der Treue und der Keuschheit ist das nicht vereinbar. Unter den zehn Geboten ist auch das sechste Gebot: Du sollst nicht die Ehe brechen. Positiv gesagt: Man soll treu bleiben. Und der Wert der Treue wird auf dem Christopher Street Day sicherlich nicht propagiert.
Roth: Das ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, richtig. Ich hafte es keinesfalls nur dem CSD oder gar einer bestimmten Gruppierung an. Aber in diesem Fall geht es ja darum, dass ein kirchliches Werk den CSD unterstützt, der mit genannten christlichen Werten in Konflikt steht.
Roth: Nein. Vor der Stellungnahme nicht. Die Anregung, dass der ABC etwas dazu sagen möge, kam aber aus der Gemeindebasis.
Roth: Ich begrüße es, dass wir in einer freien Gesellschaft leben, in der jeder offen sagen kann, wie er sexuell geprägt ist. Ich denke aber, dass es auch zum Beispiel sexuelle Phantasien gibt, die wir nicht ausleben sollten. Und wenn gewisse Einstellungen oder Lebensweisen in der Gesellschaft akzeptiert sind, heißt das noch nicht, dass die Kirche das segnen muss. Die gleichgeschlechtliche Lebensweise passt nicht mit dem Schöpferwillen zusammen, wie er sich in der Bibel äußert: "Er schuf sie als Mann und Frau und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch."
Roth: Ja, wir haben vor Gott alle die gleiche Würde und sind seine Geschöpfe. Aber das heißt nicht, dass alles, was wir denken, tun oder sagen, gut ist.
Roth: Das können wir nachvollziehen. Wir sind auch gegen die Diskriminierung, egal welcher Personen. Die Frage ethischer Urteilsbildung ist davon aber zu unterscheiden. Aus unserer Sicht geht das Sponsoring über das, was die Regionalbischöfin sagt, hinaus.
Roth: Wir haben bisher keine Reaktion von den Rummelsbergern bekommen. Wir kommen gerne darüber ins Gespräch und sind bereit zu diskutieren.
Roth: Dass kirchliche Angestellte aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen oder keine Angst mehr haben zu brauchen, diskriminiert zu werden, finde ich richtig und wichtig. Deswegen habe ich mich nicht daran gestört. Die Frage ist, was beim synodalen Weg gemeint ist, wenn man sagt: Wir brauchen eine neue Sexualmoral. Das muss noch konkreter werden. Wie gesagt: Wir können das 6. Gebot nicht einfach umschreiben oder an heutige Lebensauffassungen anpassen. Man muss natürlich immer wieder auf neue Fragen, die es früher nicht gab, eingehen und überlegen: Wie sehen wir das aus christlicher Sicht? Deswegen ist es wichtig, dass wir das miteinander diskutieren. Dennoch halten wir uns als Christen an die heilige Schrift, die für alle Zeiten gültige und dem guten Leben dienende Regeln enthält.