Dekan Till Roth war nicht in seiner Rolle zu beneiden, als er die geplante Zusammenlegung der evangelischen Gemeinden Mittelsinn und Burgsinn rund 70 interessierten Gläubigen in der evangelischen Kirche mitteilen musste. Die neue Pfarrstelle soll von Pfarrerin Sabine Schlagmüller in einer Vollzeitstelle in Burgsinn übernommen werden, während Mittelsinn mit seiner über 700-jährigen Kirchengeschichte künftig keinen eigenen Pfarrer mehr haben wird.
Dekan Roth erklärte die personalreduzierte Landesstellenplanung mit dem deutlichen Mitgliederschwund, dem Rückgang des Personals, gesunkenen Kirchensteuereinnahmen und der Ruhestandsversetzung von Pfarrer Gunnar Zwing zum Juni 2023. Besonders die Mittelsinner kämpften emotional, manche mit Tränen in den Augen, um den Erhalt der eigenen Pfarrstelle.
Roth informierte über die 2020 erfolgte Landesstellenplanung, die eine zehnprozentige Kürzung des Personals, gleich dem Rückgang der Gläubigen, vorsieht. So werde das Flächendekanat Lohr auf 14,5 Pfarrstellen gekürzt. "Das Dekanat Lohr hat in den vergangenen 20 Jahren 5500 Gemeindeglieder verloren", Mittelsinn und Burgsinn haben jeweils 27 Prozent ihrer Gläubigen eingebüßt.
Dekan: "Man kann nicht mehr Geld ausgeben als man hat"
Die Abkehr von der Kirche ist keinesfalls einer schlechten Arbeit des Pfarrers oder Kirchenvorstands vor Ort geschuldet, sagte Roth. "Eigentlich sollte die Kirche auf Mitgliederschwund genau anders reagieren und Personal einstellen. Jedoch kann man nicht mehr Geld ausgeben als man durch gesunkene Einnahmen im Geldbeutel hat".
Seit 2020 beschäftige sich der Dekanatsausschuss mit diesem Thema und 2021 ging man auf die Gemeinden zu, so Roth und hob deutlich heraus, dass diese in den Prozess mit eingebunden sind. So hat auch der Kirchenvorstand Mittelsinn in seiner Stellungnahme Bedenken und Sorgen über die neue Pfarrei Burgsinn/Mittelsinn eingeräumt, aber auch Verständnis für die Probleme gezeigt und ist bereit, die erforderlichen Maßnahmen mitzutragen.
Dekan Roth hob die nach wie vor gültige Selbstständigkeit der jeweiligen Kirchengemeinden mit eigenen Finanzen und Kirchenvorstand hervor. Pfarrer Zwings Ruhestand wäre ein möglicher Start. "Es ist keinesfalls eine Fusion, aber nur ein Pfarrer für beide Gemeinden. Somit ist auch nur ein Pfarrhaus erforderlich", stellte Roth klar. Solche Veränderungen tun weh und sind schwer. Insgesamt soll es im Dekanat Lohr bei acht Pfarreien zu Stellenkürzungen kommen. Es ist geplant, am 14. Juli im Dekanatsausschuss eine Entscheidung zu fällen.
Emotionale Reaktionen aus dem Publikum
Emotional wurde es in der Fragerunde: "Die Kirche schaut 'nur auf die Kohle' und die Gemeinde wird immer stärker an den Rand gedrängt", urteilte Jürgen Beckmann. Ob jeden Sonntag in Mittelsinn ein Gottesdienst stattfinde, stehe noch nicht fest, so Pfarrerin Schlagmüller. Zwing ergänzte, dass die Gemeinde selbst gefordert sei. Hohe Investitionen im Burgsinner Pfarrhaus befürchtet Wolfgang Fischer, was jedoch dementiert wurde. Christel Klein wünschte sich Unterstützung durch einen Jugendreferenten, der mit einer halben Stelle zugesagt wurde. Die Ergänzung zu einer ganzen Stelle gehe nur über Spenden: 2500 Euro pro Monat, verkündete Roth eine hohe Hürde.
Gerhard Sachs verspürte "sehr hohen Blutdruck" bei solchen Nachrichten. Pfarrerin Barbara Weichert (Zeitlofs) bestätigte den drastischen Schwund und sprach von zehn Besuchern im Sonntagsgottesdienst. Der Dekan sah die Gründe in der gesellschaftlichen Entwicklung. Elke Klein riet, die Veränderungen als Herausforderung zu sehen und jeder solle seine Stärken einbringen. Flehentlich bat Christel Henning, einen Pfarrer für Mittelsinn zu besorgen: "Sonst geht es bergab." Beckmanns Anschuldigung – "Die Kirche hat keine Antworten auf aktuelle Fragen" – wies der Dekan zurück. Weiteren, offensichtlich unerfüllbaren Wünschen hielt Roth entgegen: "Zeigen Sie uns eine Alternative auf. Wir müssen lernen, uns von Altgewohntem zu verabschieden".
Zwings Feststellung, dass die Landeskirche nicht benötigte Gebäude abstoßen möchte, sorgte für Aufruhr. So seien für die Renovierung des Pfarrhauses satte 450.000 Euro nötig. Für den Namen der neuen Kirchengemeinde sind kreative Vorschläge gesucht, verkündete Roth noch und warb abschließend für Synergieeffekte und Kooperation.