Die gewaltige Feuer- und Rauchsäule, die am Abend des 29. Mai 1991 am Himmel über Partenstein (Lkr. Main-Spessart) stand, ließ die herbei eilenden Hilfskräfte zunächst an einen Flugzeugabsturz glauben. Ausgelöst aber hatte das Inferno ein Güterzug, der auf den Gleisen im Aubachtal unmittelbar vor der Spessartgemeinde in Flammen stand. Seine Ladung war brisant: An der Lok hingen 22 Kesselwagen - jeweils gefüllt mit 40 000 Liter Superbenzin. Zwei waren sofort explodiert, das Feuer erfasste auch die Lok.
Der Zugführer hatte sich leicht verletzt mit einem Sprung aus dem Fenster retten können, da sich die Tür verklemmt hatte und nicht mehr öffnen ließ. Dass es nur einen weiteren Verletzten gab – ein Feuerwehrmann erlitt bei den Löscharbeiten eine Rauchvergiftung – grenzt an ein Wunder, barst doch wenige Minuten, nachdem die Löscharbeiten begonnen hatten, ein dritter Kesselwagen. Die Stichflamme überraschte die Einsatzkräfte sowie die ersten Schaulustigen und mahnte auch die sich dem Unfallort nähernden Reporter, besondere Vorsicht walten zu lassen.
Nach zwei Stunden war die größte Gefahr gebannt
Den rund 20 eingesetzten Feuerwehren aus den Landkreisen Main-Spessart und Aschaffenburg gelang es nach gut zwei Stunden, unterstützt von Spezialfahrzeugen der BASF-Werksfeuerwehr und der Berufsfeuerwehr Würzburg, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Die größte Gefahr gebannt war schließlich kurz nach Mitternacht, als es gelang, die weiteren Kesselwagen abzukoppeln und in den Bahnhof Wiesthal zu ziehen. Mehrere hundert Einsatzkräfte waren vor Ort, darunter auch ein Zug der Bereitschaftspolizei Würzburg sowie das Technische Hilfswerk und Rote Kreuz der Region.
Wie es zu dem Unglück hatte kommen können, ergaben die späteren Ermittlungen. Auf der vielbefahrenen Bahnstrecke zwischen Würzburg und Aschaffenburg standen zwei Güterzüge in Fahrtrichtung Lohr vor Haltesignalen – der Unfallzug sowie in kilometerweitem Abstand davor ein mit Braunkohlestaub beladener Zug. Es waren technisches und menschliches Versagen sowie ein Zufall, dass der Kesselwagenzug zuerst anfuhr und schließlich trotz Vollbremsung das Ende des wartenden Zuges rammte. Beide Züge hatten mit 57169 und 57669 bis auf eine Ziffer identische Kennungen, die Meldeanlage war an diesem Abend ausgefallen und der Fahrdienstleiter der vorherigen Station gab dem Kollegen in Partenstein zweimal die gleiche Nummer durch. Dieser stellte das Signal frei.
Was die Katastrophe perfekt machte und die Kosten auf letztlich über 20 Millionen Mark in die Höhe schnellen ließ, waren nicht nur der ausgebrannte Zug sowie der Austausch von Oberleitungen und Geleisen, wobei der Bahndamm auf rund 150 Metern Länge teilweise abgetragen werden musste, sondern die vielen Tausend Liter Benzin, die tief ins Erdreich gesickert waren.
Tausende Liter Treibstoff sickerten ins Erdreich
Der Treibstoff verseuchte ein Wasserschutzgebiet. Genau aus diesem Areal zog einer der beiden Tiefbrunnen des Dorfes sein Trinkwasser. Hunderte Tonnen Schotter und Erdreich mussten ausgebaggert und abgefahren werden. Den Bahndamm komplett abzutragen war unrealistisch, hätte das die wichtige Bahnstrecke doch für Monate blockiert.
Schon am Tag nach dem Unglück hing in der unterhalb der Unglücksstelle gelegenen Brunnenstube des Partensteiner Wasserhauses Benzingeruch in der Luft. Der Brunnen war unbrauchbar geworden. Die unmittelbar nach dem Inferno getätigten Versprechungen der Bahn, man werde einen neuen Tiefbrunnen finanzieren und Notversorgungen sicherstellen, sah der Verursacher später nicht mehr als so gegeben an. Es entspann sich ein langer Rechtsstreit.
Im Sommer 1993 Wassernotstand ausgerufen
Der Brunnen fehlte. Im Hochsommer 1993 musste die Spessartgemeinde den Wassernotstand ausrufen: Tag und Nacht fuhren die Feuerwehren des Umlands in dieser Zeit Wasser in den Hochbehälter der Gemeinde, um die Versorgung sicherzustellen. Ende Oktober - zweieinhalb Jahre nach dem Unglück - war schließlich eine Notleitung gelegt. Die Bahn wollte, dass der alte Brunnen saniert wird, doch die Gemeinde weigerte sich und setzte sich mit Unterstützung von Politik und Behörden sowie öffentlichem Druck schließlich durch. Es wurde ein neuer Tiefbrunnen gebaut, der Streit um die Kostenübernahme wurde mehr als zehn Jahre nach dem Vorfall zum Jahresende 2001 beendet.