Seit 2018 plant der Markt Obersinn die Tieferlegung der Hartbergstraße unter der Bahnunterführung, um zur ordentlichen Verkehrserschließung des einmal ins Auge gefassten Baugebiets eine deutliche höhere Durchfahrtshöhe zu erhalten. Die der Deutschen Bahn bzw. DB-Netz vorgelegten Planungen des Ingenieurbüros Erich Hutzelmann (Hammelburg) sowie die zahlreichen Gespräche der Bürgermeisterin Lioba Zieres mit Bahnvertretern zogen sich zäh in die Länge, Zusagen wurden verändert oder neue Planvarianten ins Spiel gebracht.
Jetzt zogen die Rathauschefin und ihr Marktgemeinderat die Reißleine, verabschiedeten sich von dem ehrgeizigen Vorhaben der Straßentieferlegung, da die seitens der Bahn geforderten Finanzierungsbedingungen für den Markt nicht mehr darstellbar sind.
Die auf die Jahre 2025/2026 verlegte Totalsperrung der Bahnlinie Flieden-Gemünden sei vom Markt Obersinn als einmalige Chance erachtet worden, die Durchfahrtshöhe der Bahnunterführung durch eine Fahrbahnabsenkung von 60 Zentimetern zu verbessern. "Bei der bisher angezeigten Durchfahrtshöhe von 3,50 Metern kann nicht einmal das Müllauto durchfahren", sagte Zieres in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Mehrere Gespräche mit Bahn und der Regierung von Unterfranken, Bürgermeisterin und VG-Geschäftsleiter Michael Schnall mussten geführt werden. Der Entwurf der Planungsvereinbarung umfasste Planungskosten von 658 000 Euro und Baukosten von 2,7 Millionen Euro. Der Baukostenanteil des Marktes Obersinn wurde auf 1,17 Millionen Euro geschätzt, wobei ein Verwaltungskostenzuschlag von weiteren 20 Prozent hinzu kommt.
"Rechnung mit vielen Unbekannten"
Weitere Verhandlungen zeigten, dass beim Bau der als zweite Variante ins Spiel gebrachten Stahlbrücke eine Tieferlegung der Hartbergstraße geplant war. Um jedoch die von Obersinn gewünschte Durchfahrtshöhe von 4,30 Meter zu erreichen, wäre eine weitergehende Tieferlegung der Straße unerlässlich. "Dieser Wunsch geht natürlich voll zu unseren Lasten" erklärte Zieres. "Diese 4,30 Meter sind aber auch Voraussetzung einer Förderung durch die Regierung von Unterfranken". Bei den geführten Gesprächen zeichnete sich immer mehr ab, dass das Vorhaben "eine Rechnung mit vielen Unbekannten" darstellt und die finanzielle Inanspruchnahme des Marktes nicht kalkulierbar ist. Auch die Regierung von Unterfranken kann keine endgültige Bezuschussung fixieren, da die Bahn immer noch keine belastbaren Zahlen und besonders keine Zahlungszeitpunkte vorgelegt hat.
"Wir sind immer anteilig an den Baukosten beteiligt und eine Obergrenze ist nicht gegeben", so Zieres. So gingen Preissteigerungen anteilig ungekürzt zu Lasten des Marktes, die in dieser Größenordnung für die Gemeindefinanzen unkalkulierbar wären. Zudem soll Obersinn eine Vorfinanzierung der Baukosten von 1,17 Millionen Euro übernehmen.
Ab 2030 fährt alle drei Minuten nachts ein Güterzug
Zwischenzeitlich stehe fest, dass das ins Auge gefasste Baugebiet südlich der Schule aufgrund der negativen Lärmemissionsmessung an der DB-Neubaustrecke nicht möglich ist, so Zieres. "Wir haben uns am "Tigel III" neu orientiert" Die Aussagen der Bahnfachleute bestätigen, dass ab 2030 nachts alle drei Minuten ein Güterzug die Neubaustrecke passiert. "Somit steht das Vorhaben in keinem Verhältnis mehr zu den möglichen Finanzrisiken", so Zieres. Bis Ende Januar 2022 erwartet die Bahn eine endgültige Entscheidung des Marktes.
In der Beratung teilte das Gremium die von Bürgermeisterin Lioba Zieres und Geschäftsstellenleiter Michael Schnall aufgestellten Prognose der nicht kalkulierbaren Kostengröße für den Markt Obersinn und toleriert auch eine möglicherweise vertane Chance im Zuge der Bahnstreckensperrung eine Tieferlegung der Hartbergstraße zu erreichen. Einstimmig beschloss der Marktgemeinderat, den Wunsch die Hartberg-Unterführung mit einer Durchfahrtshöhe von 4,30 Meter gegen eine Kostenbeteiligung auszubilden, aufzugeben. Sollte jedoch die Bahn den Eigenanteil Obersinns als Festpreis anbieten, stehe man für weitere Verhandlungen zur Verfügung.