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Lohr
Zu teuer: Hochwasserschutz wird abgespeckt
Die Flutmulde des Rechtenbachs stellt im Bereich des Lohrer Schafhofgebietes ein Hochwasserrisiko dar. Die Stadt will sie daher ausbauen lassen auf ein Abflussvolumen von 15 Kubikmetern pro Sekunde. 
Foto: Johannes Ungemach | Die Flutmulde des Rechtenbachs stellt im Bereich des Lohrer Schafhofgebietes ein Hochwasserrisiko dar. Die Stadt will sie daher ausbauen lassen auf ein Abflussvolumen von 15 Kubikmetern pro Sekunde. 
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 02.04.2019 02:10 Uhr

Der Starkregen vor wenigen Tagen hat es einmal mehr gezeigt: Der Rechtenbach ist im Bereich des Lohrer Schafhofgebietes ein Hochwasserrisiko. Gar schnell tritt das Gewässer im Ernstfall über die Ufer und überschwemmt die Brücke an der Eichenstraße. Wenn es ganz dick kommt, sind Tankstellen, Auto- und Wohnhäuser in Gefahr.

Die Stadt Lohr macht sich daher seit fast zehn Jahren Gedanken, wie sich der Hochwasserschutz entlang des Rechtenbachs und Kaibachs verbessern lässt. Nun ist eine Entscheidung gefallen: Die Stadt wird beim Hochwasserschutz deutlich kleinere Brötchen als ursprünglich geplant backen. Die ehemals vorgesehenen Regenrückhaltebecken im Rechtenbachtal sind vorerst vom Tisch. Stattdessen beschränkt sich die Planung jetzt darauf, die Flutmulde im Schafhofgebiet aufzuweiten.

15 Millionen nicht in Relation

Grund sind die Kosten. Die ursprüngliche, über Jahre betriebene Planung hatte sich zuletzt auf über 15 Millionen Euro summiert. Ein Betrag, bei dem sich nun offenbar sowohl Stadt und übergeordnete Behörden die Frage stellten, ob Aufwand und Nutzen in einer vertretbaren Relation stehen. Bei einem Gespräch verständigten sich die Beteiligten daher auf eine abgespeckte Version des Hochwasserschutzes. Das erklärte Bürgermeister Mario Paul gegenüber der Redaktion.

Die um 2010 begonnenen Überlegungen hatten einen deutlich größeren Gewässerabschnitt im Blick. Ein 2014 eingeschaltetes Fachbüro hatte im gesamten Einzugsgebiet des Rechtenbachs fast 40 Standorte für Regenrückhaltebecken ausfindig gemacht. Viele kleinere hätten noch im Wald entstehen sollen.

Das größte Becken war kurz vor dem Lohrer Ortseingang geplant, inklusive Aufschütten eines größeren Dammes. Insgesamt, so die Berechnungen des Fachbüros, hätten durch die Becken 20000 Kubikmeter Wasser aufgefangen und deren Ablauf verzögert werden können.

Dass sich die Stadt derart intensiv mit dem Hochwasserschutz entlang des Rechtenbachs befasst, hat einen einfachen mathematischen Grund: Die Flutmulde im Schafhofgebiet kann derzeit nur rund fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde bewältigen. Das hundertjährliche Hochwasser ist inklusive "Klimazuschlag" jedoch auf über 21 Kubikmeter berechnet.

Um das Nadelöhr zu entschärfen, sieht die Planung den Ausbau der Flutmulde auf ein Fassungsvermögen von 15 Kubikmeter pro Sekunde vor. Zusammen mit dem parallel dahinfließenden Rechtenbach ergäbe dies gut 17 Kubikmeter pro Sekunde. Ein noch stärkerer Ausbau macht laut Fachbüro wenig Sinn, weil der im weiteren Verlauf anschließende Kaibach auch nicht mehr Wasser ableiten kann und ein Ausbau dort "nicht zu bezahlen wäre", so der Planer Hans-Ulrich Hoßfeld vor Jahren bei einer Beratung im Stadtrat.

Die Differenz zwischen den 17 Kubikmetern, die abfließen können, und den gut 21 Kubikmetern, die das große Hochwasser bringen würde, hätte durch die Regenrückhaltenbecken gepuffert werden sollen. Doch daraus wird nun nichts. Man werde ein Fachbüro ausschließlich mit der Planung des Flutmuldenausbaus beauftragen, so Paul. Es sei "besser, diese Einzelmaßnahme zügig umzusetzen, als auf das große Ganze zu warten, das nicht finanzierbar ist."

Kosten jetzt: rund fünf Millionen

Die Kosten für diesen abgespeckten Hochwasserschutz sind auf fünf Millionen Euro veranschlagt, also rund ein Drittel des Betrages, der für den großen Wurf inklusive Regenrückhaltebecken und Kaibachausbau vorgesehen war. Vom Staat ist laut Paul ein Zuschuss in Höhe von bis zu zwei Dritteln zu erwarten.

Durch den Ausbau der Flutmulde werde sich die Abflussgeschwindigkeit erhöhen, so Paul. Man müsse daher untersuchen, ob sich dadurch im weiteren Verlauf entlang des Kaibachs Probleme ergeben. Der Bürgermeister geht jedoch davon aus, "dass das machbar ist".

Allerdings werden bis zum Ausbau der Flutmulde noch einige Jahre vergehen. "Frühestens 2021, wahrscheinlich später", sagt Paul auf die Frage, bis wann der Hochwasserschutz verbessert sein soll. Bis dahin können die Anwohner des Rechtenbachs und der Flutmulde nur hoffen, dass das große Hochwasser ausbleibt.

 
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