Seit Tagen rumort es hinter den Kulissen: Der Stadtratsbeschluss zum Lohrer Verkehrskonzept sorgt für Aufregung in Rathaus und Werbegemeinschaft. Die Fragen: Wie kam der Beschluss zustande? Hat die Werbegemeinschaft ihn durch massive Lobbyarbeit beeinflusst? Darüber gibt es seit Tagen kontroverse Diskussion zwischen Bürgermeister Mario Paul und dem Zusammenschluss der Innenstadthändler. Die Stimmung scheint angespannt.
Was ist passiert? Am 27. Januar hat der Stadtrat mit knapper Mehrheit von CSU, FW, Bürgerverein und FDP entschieden, von fünf Simulationen umfangreicher Eingriffe in die Verkehrsströme der Innenstadt nur eine in Auftrag zu geben. Das bedeutet, dass der Autoverkehr in Lohr auch künftig nicht viel anders fließen wird als bisher.
In einer internen E-Mail vom 2. Februar an die Mitglieder der Werbegemeinschaft formuliert Vorsitzende Angelika Winkler den Satz: "Wir haben mit massiver Anstrengung das Verkehrskonzept mit Schließungen und Sperrungen in seine Schranken gewiesen. Für die Händler von Lohr a. Main." Diese Mail erhielt auch die Stadt Lohr als Mitglied der Werbegemeinschaft.
Schriftverkehr zugespielt
Nach Ansicht von Bürgermeister Mario Paul steht deshalb der Vorwurf im Raum, auf die Entscheidung sei "zulasten von berechtigten Bürgerinteressen einseitig ... Einfluss genommen worden". So steht es in einer E-Mail Pauls vom 10. Februar an Winkler. Diese E-Mail und weiterer Schriftverkehr sind dieser Redaktion zugespielt worden.
Laut Paul drängt sich der Schluss auf, dass es massive Anstrengungen der Werbegemeinschaft gegeben habe, "die ihren Niederschlag im Abstimmungsverhalten einer Mehrheit des Stadtrates gefunden haben". Die Werbegemeinschaft hatte in der seit Jahren andauernden Diskussion über ein Verkehrskonzept für Lohr immer wieder für eine Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto argumentiert.
Für die fünf Verkehrssimulationen gab es nach Pauls Worten umfangreiche Vorarbeiten, unter anderem mit Arbeitskreisen von interessierten Bürgern, Workshops des Stadtrates und der Einschaltung eines Planungsbüros. Diese Vorarbeiten seien durch die Stadtratsentscheidung "einseitig beschränkt" worden – obwohl es noch gar nicht um eine Umsetzung, sondern nur um Verkehrssimulationen gegangen sei.
Die Mehrheitsentscheidung des Stadtrates akzeptiere er, betonte der Bürgermeister. Bei den Begleitumständen müsse er sich aber fragen, ob man es nicht schaffe, "bedenkenswerte Vorschläge anderer Menschen unserer Stadt wertschätzend und respektvoll zu behandeln und sie ernsthaft prüfen zu lassen".
Im Sinne einer "gedeihlichen Zusammenarbeit" wolle er der Werbegemeinschaft Gelegenheit geben, zu den Vorgängen Stellung zu nehmen. Lohr stehe vor schwierigen Herausforderungen, die nur gemeistert werden könnten, wenn die Akteure ein respektvolles Miteinander zeigten, das die Zusammenarbeit erst ermögliche, so Paul.
Knappe Antwort
Die Antwort Winklers am Abend des 10. Februar, die dieser Redaktion ebenfalls vorliegt, fällt sehr knapp aus: Sie habe zu keinem Zeitpunkt vorab ein Gespräch mit einem Stadtratsmitglied über dessen Abstimmungsverhalten zum Verkehrskonzept gehabt. Pauls Schreiben betrachte sie deshalb als "gegenstandslos".
Paul schreibt Winkler am 11. Februar, in ihrer E-Mail trete eine Haltung zu Tage, die niemandem gefallen könne, dem an einer "respektvollen, gedeihlichen Zusammenarbeit aller Akteure unserer Stadt" gelegen sei. Daher wäre eine Aussage wünschenswert, "in welchem Geiste wir künftig zusammenarbeiten wollen".
Diese Formulierung empfinde sie "fast schon als Einschüchterung", sagte Winkler im Gespräch mit dieser Redaktion. Wie es weitergehe, würden in der kommenden Woche Vorstand und Beirat der Werbegemeinschaft besprechen. Ihr Satz zum Verkehrskonzept sei der einzige in der E-Mail vom 2. Februar zu diesem Thema gewesen, ansonsten gehe es um die Bewältigung der Corona-Krise (diese E-Mail liegt der Redaktion mittlerweile ebenfalls vor).
Die Vorsitzende interpretiert ihren Satz so, dass Mitglieder der Werbegemeinschaft seit Jahren ehrenamtlich am Verkehrskonzept für Lohr mitarbeiteten. In den Bürgerarbeitskreisen hätten sie mit viel Engagement in ihrer Freizeit neben ihrer geschäftlichen Tätigkeit Stellung bezogen, um die Interessen des innenstädtischen Handels zu vertreten.
Der Satz habe nur ausdrücken sollen, "wie stark wir uns engagieren, unter anderem beim Thema Verkehr". Mit dieser Interpretation Winklers konfrontiert, meinte Bürgermeister Paul auf Anfrage: "Das hat sie mir leider nicht gesagt."
"Keine Intervention"
Winkler betonte, dass bei keinem Stadtratsmitglied im Vorfeld der Abstimmung interveniert worden sei, könne sie "eidesstattlich" für sich und jedes Mitglied feststellen. Eine E-Mail in diesem Sinne von Beiratsmitglied Armin Lahoda liegt vor. Er weist zurück, dass die Werbegemeinschaft in unangemessener Art und Weise Teile des Stadtrats beeinflusst hat, um eigene Interessen durchzusetzen. Genauso äußern sich Stadträte (siehe weiteren Bericht).
Die Werbegemeinschaft sei eine Lobbygruppe wie andere auch, die für die Interessen ihrer Mitglieder einstehe, sagte Winkler weiter. Das sei in einer offenen Demokratie normal. Aber jeder Stadtrat treffe seine eigene Entscheidung. Dass ein Vorwurf im Raum stehen soll, die Werbegemeinschaft habe einseitig Einfluss genommen, habe sie außer vom Bürgermeister noch von niemandem gehört.
Mario Paul haben dagegen nach eigener Aussage Stimmen aus der Bürgerschaft und dem Stadtrat erreicht, das bisherige Engagement und der erhebliche Aufwand für das Verkehrskonzept seien umsonst gewesen, weil die meisten Planungsfälle gar nicht untersucht würden. Dass er die Werbegemeinschaft einschüchtern wolle, wies Paul entschieden zurück.
Mit seinem Schreiben an die Werbegemeinschaft wolle er niemanden diskreditieren. Es sei aus der Überraschung über Winklers Satz in der Rundmail an die Mitglieder entstanden: "Wie kann es sein, dass die Werbegemeinschaft das Verkehrskonzept in die Schranken gewiesen hat? Da musste ich einfach nachfragen." Beim Verkehrskonzept "haben wir einen langen Prozess hinter uns, wie kann die Werbegemeinschaft da behaupten, dieses Konzept in die Schranken gewiesen zu haben?"
Diese Frage stelle sein Schreiben, "es ist offen gestaltet". Er habe der Werbegemeinschaft nicht deshalb geschrieben, "weil mir die Stadtratsentscheidung nicht gefallen hat und ich jemandem was auswischen wollte", so Paul. Er trete beim Verkehrskonzept wie bei anderen Themen für einen "sachlichen, faktenbasierten Prozess ein, der die gesamte Stadt im Blick hat".
Paul unterstrich, er habe auch nicht die Urteilsfähigkeit der Mehrheit des Stadtrates in Frage gestellt. Es gehe ihm nicht um den Stadtrat, sondern um die Begleitumstände der Entscheidung, die er aufarbeiten wolle. Deshalb habe er auch von "möglicherweise damit in Zusammenhang stehenden Geschehnissen" geschrieben.
Im Dialog bleiben
Auf die Frage, wie es aus seiner Sicht jetzt weitergehen solle, erklärte Paul, er wünsche sich einen "offenen, ehrlichen, respektvollen Dialog, um die Zusammenarbeit auf fruchtbare Grundlage zu stellen". In der gegenwärtigen Situation könne sich Lohr Reibungsverluste und ein Arbeiten gegeneinander nicht leisten. Sein Ziel sei es, "im respektvollen Dialog zu bleiben".
Lächerlich ist es wie sich einige Stadträte sinnvollen Verbesserungen in der Stadt entgegenstellen und stattdessen am weit entfernten Stadtrand Baugebiete für Luxus-Einzelhäuschen erschließen wollen.
Die Leute verstopfen dann auch wieder die Straßen der Innenstadt.
Kümmert euch um die Wohnhäuser in der Stadt, die leerstehen, und eine attraktive Nutzung des ehemaligen Kupsch-Marktes.
Eine Frau Riedmann hatte ihre Chance, ihre Ideen für die Stadt umzusetzen. Wenn Die Lohrer Bürgerinnen und Bürger es gewollt hätten, wäre sie Bürgermeisterin geworden.
Das ist ein ehrenwertes Ansinnen des Bürgermeisters, leider läßt seine Wortwahl in den emails an die Werbegemeinschaft ein anderes Ansinnen erkennen.