Paulisch, Magna, Intier Aty, Faurecia, Kokinetics und zuletzt die LAK GmbH – das Industrieareal an der Heinz-Paulisch-Straße im Lohrer Stadtteil Lindig hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Herren gesehen. Von Wechsel zu Wechsel sank die Zahl der Mitarbeiter und deren Perspektive. Doch jetzt gibt es erstmals seit Jahren wieder erfreuliche Nachrichten: Das rund 27 000 Quadratmeter große Areal, auf dem zu Glanzzeiten 600, zuletzt jedoch nur noch rund 50 Menschen Arbeit fanden, ist verkauft.
Die neuen Besitzer wollen dort jedoch nichts abwickeln, sondern entwickeln. Gekauft hat das Areal der seit 2011 mit seiner europäischen Vertriebszentrale in Lohr ansässige chinesische Automobilzulieferer Zhong Ding, ein seit Jahren stark wachsendes Unternehmen mit weltweit rund 13.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von einer Milliarde Euro. Verkäufer ist der in Österreich ansässige Immobilienfonds Granit, dem das Areal zuletzt gehörte. Laut Chinmay Doctor, dem Geschäftsführer der Zhong Ding Europe GmbH, ist der Kaufvertrag bereits besiegelt. Der Übergang soll zum 1. September erfolgen.
Zhong Ding wird jedoch nur den östlich der Preßnitzer Straße gelegenen und mit rund 20 000 Quadratmetern deutlich größeren Teil des Areals nutzen. Laut Doctor wird das Unternehmen dort sein Lager und die Verwaltung einrichten. Das Unternehmen zählt in Lohr derzeit rund 20 Mitarbeiter, Tendenz steigend. Das gilt auch für den Raumbedarf insbesondere an Lagerflächen.
Nach mehreren Stationen in Lohr hat Zhong Ding sein Lager derzeit im ehemaligen Brauereigelände. Doch die rund 600 Quadratmeter dort reichen laut Doctor längst nicht aus. Der aus Indien stammende und seit 1985 in Lohr lebende Manager war seit langem auf der Suche nach einer größeren Halle. Als er erfuhr, dass das Paulisch-Areal bald leerstehen würde, sah er die Chance gekommen.
Zhong Ding wird die großen Produktionshallen und das direkt angegliederte Verwaltungsgebäude nutzen. Dort sollen die Kunststoff- und Gummiteile gelagert werden, die an etliche große Autohersteller gehen. Von den rund 10 000 Quadratmetern Hallenfläche brauche er die Hälfte sofort, sagt Doctor.
Das liege auch daran, dass er ein weiteres, 2700 Quadratmeter großes Lager, das Zhong Ding in Drensteinfurt bei Münster unterhält, nach Lohr verlegen werde. Sollte sich Doctors Plan verwirklichen lassen, dass er in Lohr die Zentrallogistik auch für den jüngsten Zhong Ding-Zukauf, die Firma Kaco aus Heilbronn, nach Lohr verlagern kann, wären die gerade erst gekauften Hallen recht bald schon wieder komplett ausgelastet. Es würde sich dann die Frage nach einer Erweiterung stellen, die auf dem Gelände möglich ist.
In Betrieb gehen soll das neue Zhong-Ding-Lager am 1. Januar. Da Doctor und sein Unternehmen nur für die größeren Hallen Verwendung hat, machte er sich auf die Suche nach Partnern für einen Weiterverkauf der westlich der Preßnitzer Straße gelegenen Büro- und Hallenflächen. Er fand sie in der Familie Iser, die in Sendelbach ein Versicherungs- und Immobilienbüro betreibt.
Die neu gegründete Iser Doctor GbR kauft nun das so genannte Werk I von Zhong Ding. Wie Matthias und Alexander Iser am Donnerstag erklärten, sollen die rund 7000 Quadratmeter großen und teils ineinander verschachtelten Büro- und Lagerflächen westlich der Preßnitzer Straße zu einer Art „Gewerbepark Lindig“ entwickelt werden.
Ein Nutzer dieses Gewerbeparkes steht schon fest: Das Berufsförderzentrum „bfz“, das junge Menschen auf den Einstieg in die Arbeitswelt vorbereitet, ist schon seit Jahren Mieter von rund 1000 Quadratmetern und wird dies auch bleiben.
Für die verbleibenden rund 840 Quadratmeter an Büroflächen gibt es nach Aussage der Isers die unterschiedlichsten Nutzungsmöglichkeiten, vom klassischen Büro über Arztpraxen bis zum Einzelhandel. Die Flächen könnten je nach Bedarf unterteilt werden. Parkplätze seien auch reichlich vorhanden.
Daneben umfasst die westlich der Preßnitzer Straße gelegen Fläche auch rund 4500 Quadratmetern an Hallen, die zum Großteil sofort nutzbar sind. Etliche Flächen auch im Bürotrakt stehen zum Teil seit Jahren leer, seien aber intakt, so die Isers.
Was ein Entwicklungskonzept für die gesamte Fläche und mögliche Nutzer angehe, stehe man auch mit der Stadt Lohr in Kontakt. Auch mit politischen Vertretern aus dem Stadtteil Lindig wolle man noch über Konzepte sprechen.
Insgesamt biete das Areal vielleicht Möglichkeiten für eine Nutzungen, an die man derzeit noch gar nicht denke, machten Alexander und Matthias Iser deutlich, dass die Entwicklung der Fläche sicher auch etwas Zeit braucht.
Zum Kaufpreis machten die Beteiligten keine Angaben.