
Die Lohrer Forstschule hat den Forstanwärterinnen und Forstanwärtern des Jahrgangs 2022/23 die Zeugnisse überreicht. Sie treffen auf eine bislang einzigartige Gemengelage: Ihre Berufsaussichten sind so gut wie nie, aber die Probleme im Wald sind wegen des Klimawandels größer als je zuvor. Zahlreiche Redner sahen die Absolventen für diese Aufgabe gut gerüstet.
Wer ein erfolgreiches Diplom- oder Bachelorstudium im forstlichen Bereich vorzuweisen hat, kann sich für den einjährigen Vorbereitungsdienst melden. In dieser Zeit trägt sie oder er den Titel Forstanwärterin oder Forstanwärter. Ein Bestehen der Prüfung weist die Qualifikation nach, ein Revier im Wald leiten zu können – in der Staatsforstverwaltung, bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF), die als Anstalt des öffentlichen Rechts den Staatswald bewirtschaften, im Kommunal- oder Privatwald.
Die Zeugnisübergabe fand nach Angaben des Schulleiters Christof Welzenbach nach der Premiere 2018 und zwei Jahren Corona-Pause zum fünften Mal in der Forstschule statt. Weil der Vorbereitungsdienst dort begonnen habe, schließe sich somit der Kreis. Welzenbach bezeichnete es als äußerst erfreulich, dass die Berufsaussichten "so gut wie lange nicht mehr" seien.
Festgefahrenes hinterfragen
Er könne sich an Jahrgänge erinnern, in denen nur ein Bruchteil der Absolventen bei der Zeugnisübergabe bereits einen Job gehabt habe. In ihren neuen Tätigkeiten seien die Prüflinge vielfach Vorgesetzte. Der Schulleiter riet ihnen, Festgefahrenes zu hinterfragen: "Nicht alles, was man schon immer so gemacht hat, ist auch gut." Sie sollten Neues ausprobieren, was das Risiko mit sich bringe, Fehler zu machen. Aber dabei sei man hinterher immerhin schlauer. Der Wald ist nach Welzenbachs Worten "im öffentlichen Bewusstsein ganz oben angekommen". Er sei überzeugt, dass die Absolventen das Rüstzeug haben, die Herausforderungen und den Wandel zu meistern: "Die Gesellschaft wartet auf Sie."
Das breite Fundament, das während des Vorbereitungsdienstes vermittelt werde, sei ihm sehr wichtig, betonte Ministerialrat Friedrich Nebl, der Personalchef des bayerischen Landwirtschafts- und Forstministeriums. Nur damit ließen sich die komplexen Zusammenhänge im Ökosystem Wald verstehen. Der Wald sei von großer Bedeutung für die Bewältigung des Klimawandels, "er wird gebraucht und damit die Menschen, die ihn erhalten und pflegen".
Nebls Kollege als Personalchef bei den BaySF, Christoph Baudisch, erinnerte die Absolventen daran, dass sie in ganz Bayern herumgekommen sind und neue Leute kennengelernt haben. Diese Netzwerke sollten sie erhalten und ausbauen: "Unsere Branche ist so klein, da reißt der Kontakt nicht ab, wir sehen uns immer wieder." 23 Absolventinnen und Absolventen werden laut Baudisch bei den BaySF anfangen. Diese seien nach wie vor von einem Generationswechsel mit vielen Abgängen geprägt, "darum brauchen wir Sie und die Nachfolgejahrgänge".
Grußworte sprachen Oliver Wiesel, Vorsitzender des Hauptpersonalrats der bayerischen Forstverwaltung, Bastian Ehrenfels von der Landesvertretung Bayern der IG Bauen-Agrar-Umwelt und Bernd Lauterbach, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute. Letzterer versicherte den Absolventen: "Ihr habt den schönsten Beruf der Welt."
Die Lehrgangssprecher Sophia Berger und Thorben Schulenburg blickten auf den Vorbereitungsdienst zurück. "Hinter uns liegt ein anstrengendes und spannendes Jahr, das sich gelohnt hat", meinte Schulenburg. Berger bekam Standing Ovations für ihren gesungenen Rückblick, zu dem sie sich selbst mit der Gitarre begleitete.
Zwei Frauen unter den Top drei
Für noch mehr Musik während der Feierstunde sorgten Peter Häring und Egon Birkenmaier. Eine Namensliste der Absolventinnen und Absolventen aus ganz Bayern gab die Forstschule aus Datenschutzgründen nicht heraus. Zwei der drei besten Prüfungsleistungen in dem früheren "Männerberuf" lieferten Frauen ab. Nach der Mittagspause konnten die Einsteiger in der Staatsforstverwaltung oder den BaySF ihre Verträge unterschreiben.