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Zellingen
Zellinger Physiotherapeut warnt vor Praxensterben
Seit Jahren leidet die Branche unter extrem geringen Vergütungssätzen. Corona setzt ihr nun weiter zu.
Michael Kuhnt, Physiotherapeut in Zellingen, erlebt wie andere Therapeuten einen deutlichen Umsatzrückgang. 
Foto: Lea Seufert | Michael Kuhnt, Physiotherapeut in Zellingen, erlebt wie andere Therapeuten einen deutlichen Umsatzrückgang. 
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 18.04.2020 02:10 Uhr

Praxen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Fußpflege bringt die Coronakrise an den Rand des wirtschaftliche Ruins. Denn viele Patienten erscheinen derzeit nicht zu den vereinbarten Terminen – teils aus Angst vor einer Infektion, teils auch, weil sie glauben, es gebe derzeit keine Behandlung. Darauf weist Michael Kuhnt hin. Er betreibt in Zellingen eine Praxis für Physiotherapie, Sportrehabilitation und Somatic Education.

Schon bisher mussten Patienten oft lange warten, ehe sie einen Termin in den genannten Praxen bekamen. Sollten viele davon schließen müssen, so würde das nach der Coronazeit dauerhaft massive Versorgungsprobleme verursachen, warnt  Kuhnt, der auch Sprecher der Sektion Blinde und Sehbehinderte im Verband Physikalische Therapie (SBS im VPT) ist. Er klagt: "Zum Wohle der Volksgesundheit setzen wir Therapeuten uns durch die Arbeit in den Praxen dem Infektionsrisiko aus. Als Belohnung dafür brechen die Umsätze ein und eine Entschädigung ist nicht in Sicht." 

Die genannten Praxen leiden seit Jahren unter extrem geringen Vergütungssätzen. Bei den derzeitigen Umsatzrückgängen sind die finanziellen Rücklagen schnell aufgebraucht, wenn es sie überhaupt gibt. Kuhnt: "In meiner Praxis verzeichne ich derzeit einen Rückgang von rund 40 bis 50 Prozent. Von Kolleginnen und Kollegen hörte ich aber auch, die Praxen seien so gut wie leer."

Risikopatienten sollen sich nicht behandeln lassen 

Manche Patienten bleiben aus Angst vor einer Infektion zu Hause. Manche rufen auch an und erkundigen sich, ob die Therapeuten mit Mundschutz arbeiten. Das tun sie natürlich. Kuhnt verzichtet überdies derzeit bewusst auf Hausbesuche, denn Menschen, die nicht in die Praxis kommen können, sind in der Regel Risikopatienten. Allen Risikopatienten werde am Telefon generell geraten zu Hause zu bleiben.

Sollen eigentlich auch die Patienten Mundschutz tragen? "Da bin ich gespalten", sagt Kuhnt. Er wolle das von niemandem fordern. Schätzungsweise zehn Prozent tun es inzwischen von sich aus. "Ich lege aber viel Wert auf Händewaschen, beim Kommen und beim Verlassen der Praxis."

Viele glauben, die Praxen seien geschlossen  

Viele Patienten glauben aber auch, dass die Praxen aufgrund der Kontaktverbote geschlossen sind, weiß Kuhnt. Dazu mag eine Ansprache der Kanzlerin beigetragen haben. Sie habe die Schließung unter anderem der "Massagepraxen“ verkündet. Damit aber habe sie Massageeinrichtungen gemeint, die keine medizinisch notwendigen Massagen anbieten.

Besonders ärgerlich ist es für die Praxen, dass zahlreiche Patienten zu den vereinbarten Terminen ohne Absage nicht mehr erschienen sind. Vielen sei dabei die Unterscheidung zwischen Massagepraxen und Physiotherapiepraxen nicht bekannt.

Der Zellinger Therapeut betont, dass „medizinisch notwendige Behandlungen“ systemrelevant sind. Das sind alle ärztlich verordneten Behandlungen, in der Physiotherapie beispielsweise Krankengymnastik oder manuelle Therapie.

Handlungsschema für Physiotherapeuten
Auf der Homepage von "Physio Deutschland" findet sich ein Handlungsschema für das Patientenmanagement in der Coronazeit. Bei Patienten mit Erkältungssysmptomen sind die Termine zu verschieben. Bei solchen ohne Symptome ist zu klären, ob sie Kontakt mit Infizierten hatten, in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet waren oder in Einrichtung mit hohen Fallzahlen wohnen. Danach richtet sich, ob sie behandelt werden. Bei Risikopatienten ist zu bewerten, wie dringend der Behandlungsbedarf ist. Nur bei hohem Bedarf wird im nächsten Schritt gefragt, ob die Person mit der Behandlung einverstanden ist. Wenn ja, sind erhöhte Hygienestandards einzuhalten.    
 
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