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Zellingen
Zellingen: Wie ein 70-Jähriger sein Studium mit 1,0 absolvierte
Im Interview berichtet Roland Heid, warum er sich entschieden hat, in seinem Ruhestand ein Studium zu beginnen, und was er Gleichaltrigen empfiehlt.
Roland Heid aus Zellingen hat sein Bachelor-Studium mit der Traumnote 1,0 abgeschlossen.
Foto: Heike Wörner | Roland Heid aus Zellingen hat sein Bachelor-Studium mit der Traumnote 1,0 abgeschlossen.
Heike Wörner
Heike Wörner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:23 Uhr

Roland Heid hat mit 70 Jahren erfolgreich seine Bachelorarbeit geschrieben – und die Bestnote 1,0 erhalten. Ein Leben im Ruhestand ist dem Zellinger zu langweilig. Im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt Heid, wie das Studium seinen Alltag verändert hat und was er Menschen in seinem Alter rät. 

Frage: Von 1979 bis zu Ihrer Pensionierung waren Sie im Jugendamt des Landratsamts in Würzburg tätig. Was war Ihre Motivation, ein Studium zu beginnen?

Roland Heid: Mir ist es sehr wichtig, mich physisch und geistig fit zu halten und meinen persönlichen Interessen nachzugehen, mich mit dem zu beschäftigen, was mir wirklich Spaß macht. Auch der Bezug zu anderen Menschen bedeutet mir sehr viel. Soziale Kontakte schaffen und von anderen Menschen lernen. So hat man die Möglichkeit, sich persönlich ständig weiterzuentwickeln und den Hunger auf Wissen und Bildung zu stillen.

Sie haben sich für den Studiengang Politikwissenschaften und Soziologie mit dem Nebenfach Geschichte an der Uni Würzburg entschieden. Warum?

Heid: Mein Interesse an Geschichte war schon immer sehr groß. Außerdem wollte ich tiefere Einblicke in die Hintergründe der Politik bekommen, verschiedene Wirkungsweisen der vorhandenen Mechanismen erkunden. Wie kommt es, dass nach Schließung der Wahllokale am Wahlabend das endgültige Ergebnis sehr genau vorhergesagt werden kann? Oder wie kam es früher bei uns zu kriegerischen Auseinandersetzungen, wie werden diese heute vermieden? Wie kommt es, dass eine radikale Partei wie die AfD überhaupt Zulauf bekommt? Was sind Gründe für die Zunahme von Antisemitismus? 

War es schwer, wieder das Lernen zu lernen?

Heid: Absolut. Für mich war es völliges Neuland, so viel Stoff für eine Klausur in nur wenigen Tagen zu bewältigen. Manche sprachen auch von Bulimielernen, das kurzfristige Auswendiglernen von Fakten und Sachverhalten. Hinzu kam auch das Studieren von Quellen, Handschriften und päpstlichen Bullen, Urkunden, die wichtige Rechtsakte des Papstes verkünden. Die Schwierigkeit lag auch darin, das Gelernte nachhaltig zu behalten, vor allem bei schwierigen Sachverhalten.

Wie reagieren die Kommilitonen und Professoren auf Sie?

Heid: Mit vielen KommilitonenInnen bin ich gut in Kontakt gekommen, zum Teil sind auch schöne Freundschaften entstanden. Das Alter ist gar kein Problem. Auch die Kontakte zu den Professoren sind komplikationslos. Es ist keine unnahbare Distanz zu spüren.

Hat das Studium Ihren Alltag verändert? 

Heid: Meinen Alltag musste ich etwas umstellen und an die neuen Gegebenheiten anpassen. Nach dem Frühstück geht es gleich los mit Literaturrecherche, Lesen oder Themen auf- beziehungsweise vorzubereiten. Täglich lerne ich vier bis fünf Stunden, gerade bei schönem Wetter erfordert das viel Disziplin. Aber mir ist wichtig, sich realistische Ziele zu setzen, kontinuierlich am Ball zu bleiben und nicht die Flinte ins Korn zu werfen.

Haben Sie Unterstützung in der Familie?

Heid: (lacht) Hinter einem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Meine Frau Andrea liest meine Arbeiten Korrektur und ist stolz auf meine Leistungen. Sie motiviert mich, wenn ich auch mal keine Lust zum Lernen habe.

Was sind Ihre weiteren Ziele?

Heid: Erstmal den Masterstudiengang "Mittelalter und Frühe Neuzeit" ablegen.

Was geben Sie Menschen in Ihrem Alter mit auf den Weg?

Heid: Sich unbedingt geistig fit halten. Es ist unglaublich, was man auch im Alter alles noch lernen kann. Es schärft den Verstand und sorgt im "Renteralltag" für Abwechslung und neuen Erfahrungen. Es ist nie zu spät, sich für Dinge und Themen zu interessieren. Es ermöglicht einzigartige Erfahrungen, die wunderbar helfen, die typischen Erscheinungen des Alters zu vergessen.

 
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Kommentare
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  • Beate.Winkler.Wuerzburg@t-online.de
    Herzlichen Glückwunsch Roland!
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  • Laeufer61
    Eigentlich...

    ...sollte man Mitleid haben mit solch unglücklichen, unzufriedenen Menschen wie einem/einer? Kluespies. Neid frißt Glück und Zufriedenheit!

    Herr Heid von mir nur Respekt und alle Achtung!
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  • mausschanze
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  • Herzlichen Glückwunsch, Herr Heid! Ignorieren Sie bitte die negativen Kommentare und deren "Likes und freuen Sie sich an der breiten Unterstützung, die Sie hier erfahren. Herzliche Grüße aus Mexiko nach Zellingen!
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Herzlichen Glückwunsch Herr Heid zu dieser außergewöhnlichen Leistung.
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Bei so einem Bachelor Abschluss will ich doch hoffen, dass der Herr Heid auch noch Master und Doktor angeht. Dr. h. c. Heiko Mell würde mir sicher zustimmen.
    Die jungen Studenten können gewiss ein Vorbild brauchen an dem sie sich orientieren können.
    @ewige Nörgler
    Vorbilder braucht das Land, keine Miesepeter.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Ich schätze mal, dass Herr Heid bestimmt 40 oder 45 Arbeitsjahre auf dem Buckel hatte und wahrscheinlich genug Steuern und Abgaben gezahlt hat. Das sollen diejenigen, die jetzt über sein Studium motzen, erst einmal erreichen. Auf jeden Fall eine reife Leistung! grinsen
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  • flyarcus@gmx.de
    @walki....Steuern als Beamter bezahlt??
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  • p.kriebel@gmx.net
    Wo steht das er Beamter war?
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  • Erding
    "Schön wär´s!" Aber auch wieder nicht, da wäre der -ungerechtfertigte Neid - gegenüber Beamten und anderen Staatsdienern noch größer. Beamte zahlen sehr viele Steuern, vor allem Einkommenssteuer und diese lebenslang. Auch haben die Beamten einen Dienstherrn. Der kann seine Beamten auch überall hinversetzen, wo Not am Mann/Frau ist u.a. Dafür sorgt sich der Dienstherr besonders um seine Bediensteten, gerade auch in Notfällen. Von der generellen Steuerpflicht wie jeder andere will ich erst gar nicht reden: Kfz-Steuer, Hundesteuer, Mehrwertsteuer und so weiter und so fort.
    Damit dürften die gleich zwei Fragezeichen durch ein Zeichen, dem Ausrufezeichen ersetzt werden. Die Beamten zahlen wie jeder Bürger Steuern. Was sie nicht zahlen sind Arbeitslosengeld! Früher wollten nicht so viele Bürger Beamte werden. Ein Grund, sie waren schlecht bezahlt. Nur wenn´s dann um die Pensionen ging, kam Unmut und Neiddebatten auf. Wie man an vielen Kommentaren hier und anderweitig sieht. Mit Recht? Nein
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  • flyarcus@gmx.de
    Beamten zahlen keine Steuern, sie geben nur wieder ein paar Kröten zurück.....sie tun ja grad so, als ob man die Beamten bedauern sollte? Immer wieder der ewige Vergleich zur freien Wirtschaft mit Leuten aus Spitzenposten ist ebenfalls unterste Schublade...der größte Teil gehört nicht dazu und wird mit ein paar Euro abgespeist, von der Pension gegenüber der Rente will ich gar nichts schreiben, da platzt mir der Hut, frohe Ostern weiterhin.
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  • ra.kellermann@gmx.de
    cool!
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  • cg.holzheimer@gmx.de
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • Kluespies
    Schön für den Herrn, bei allem Respekt, als Pensionär wurde er von Steuerngeldern bezahlt. Jetzt aus Langeweile zu studieren was auch wieder Steuergelder kostet ist sehr fragwürdig. Es gibt genug Möglichkeiten im sozialen Bereich der Gesellschaft etwas zurück zu geben!
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  • diener
    Wunderbar ! ! !
    Ist doch gut wenn Ältere sich noch betätigen und noch was für sich tun .
    warum muß man bitteschön alles ins Neagtive ziehen .
    Der Mann hat Ehrgeiz und will noch was erreichen .
    Nörgeln Sie auch , wenn Jüngere jahrelang studieren und dann ihr Studium einfach
    abbrechen oder was anderes anfangen ? ? ?
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  • 1958kosb
    @Kluespies: zumindest hat er in seinem Leben schon so viele Steuern gezahlt, das das Studium bereits bezahlt wurde.
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  • p.kriebel@gmx.net
    Gratuliere Herr Heid

    @Kluespies: um mal in ihrem Weltbild zu bleiben,
    ich denke Herr Heid hat in seinem Arbeitsleben genug für die Solidargemeinschaft getan.
    So ist es sein gutes Recht, sich nun ein wenig zurückzuholen.
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  • Albatros
    @Kluespies, ich kann mich vor Herrn Heid nur verneigen, eine fantastische Leistung und dass in diesem Alter. Sie kann ich nur bedauern, wie kann man nur derart kleinkarriert denken.
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  • maczeug
    Es macht den Herren jedenfalls glücklicher, als Sie es zu sein scheinen. Versuchen Sie es doch auch einmal. Glückwunsch an Herrn Heid für den Mut. Etwas für die Gesellschaft zu tun, ist deswegen auch nicht ausgeschlossen. Vielleicht macht er dies ja sogar auch noch.
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  • kaih@bonn-online.com
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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