Das 1908 fertiggestellte Gaswerk in Karlstadt stellte die eigene Gasproduktion 1953 ein. Von da an kam das Stadtgas aus Würzburg. Der große und der kleine Gasometer, also die beiden Gasbehälter, die an dieser Stelle Karlstadts so ortsbildprägend waren, wurden aber erst im Winter 1972/73 abgerissen – nach der Umstellung auf Erdgas.
Schon vor dem Krieg hatte es Überlegungen für eine Gasleitung von Veitshöchheim nach Karlstadt gegeben. Sie sollte linksmainisch über Erlabrunn und Zellingen verlaufen. Doch die Gemeinde Zellingen mit ihrem Bürgermeister Friedrich Günther erhob Einspruch gegen die Verlegung der Rohre durch den Ort. Die bereits angelieferten Stahlrohre wurden wieder verkauft und abtransportiert. 1952/53 wurde die Leitung dann rechtsmainisch verwirklicht. Damit bekam Karlstadt sein Gas vom Gaswerk Würzburg.
Eine einschneidende Änderung war die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas, die im Raum Karlstadt im Frühjahr 1971 erfolgte. Der frühere Gasmeister Wolfgang Meier berichtet, er habe in dieser Phase um 6 Uhr angefangen und sei abends erst nach 22 Uhr nach Hause gekommen.
Vorteile des Erdgases
Kurz vor der Umstellung hatte die Energie noch einmal gemahnt, nicht bis auf den letzten Drücker zu warten und stattdessen rechtzeitig auf Allgasgeräte umzusteigen: „Bitte denken Sie daran, dass zum Zeitpunkt der Umstellung alle verfügbaren Monteure ausschließlich mit den Umstellarbeiten beschäftigt sein werden und beim besten Willen keine neuen Geräte mehr anschließen können.“ Tatsächlich waren dann nur 300 von 11 000 Gasgeräten bei der Umstellung noch nicht erdgastauglich.
Die Argumente für das Erdgas waren überzeugend. Der Heizwert ist doppelt so hoch wie der von Stadtgas. Der neue Brennstoff war preisgünstiger und sicherer, weil er nicht mehr das giftige Kohlenmonoxid erhielt. Die Energie führte ihren Kunden einen weiteren Vorteil vor Augen: „Sie leisten alle Monate Ihre gleich hohe Abschlagszahlung und kennen dadurch keine finanzielle Spitzenbelastung im Geldbeutel, die normalerweise beim Einkauf von Brennstoffen auftritt.“
Technisch gesehen war der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Gasarten, dass Stadtgas mit nur zehn Millibar geliefert wurde, während Erdgas mit 22 Millibar mehr als den doppelten Druck hat. Engere Düsen wurden daher an den Herden nötig.
Gasleitungen bestanden in früherer Zeit aus Gussrohren. Durch die Feuchte im Stadtgas blieben die mit Hanf versehenen Muffen dicht. Zu jener Zeit gab es auch sogenannte Wassertöpfe, in denen sich die Feuchtigkeit aus dem Stadtgas sammelte und die von Zeit zu Zeit ausgepumpt wurden.
Bis Mitte der 1960er Jahre wurden für Gasleitungen auch Stahlrohre mit Bitumenummantelung eingesetzt. Danach folgten solche mit Kunststoffummantelung. Sie werden heute nur noch im Druckbereich über zehn bar verwendet. Die Versorgung im Ort selbst geschieht heute fast ausschließlich über Polyethylenrohre.
Verzweigtes Leitungssystem
Mitte der 1960er Jahre baute die Ruhrgas AG eine Ferngasleitung von Rimpar nach Großostheim. Von dieser zweigt eine Leitung nach Veitshöchheim und weiter bis Karlstadt sowie eine in Marktheidenfeld ab.
1979 kam eine weitere Ferngasleitung hinzu von Rimpar nach Schlüchtern mit einem Durchmesser von 70 Zentimetern. Parallel dazu wurde erst 2012 eine weitere Ferngasleitung mit einem Meter Durchmesser gebaut. Beachtliche 80 bar Druck herrschen in diesen beiden Leitungen.
Sie sind Teil des europäischen Ferngasnetzes, das von Russland bis Frankreich reicht. Inzwischen gibt es hier zahlreiche Ringschlüsse. Das Gas kann in beide Richtungen strömen. Was hierzulande ankommt, ist ein Mischgas mit rund 30 Prozent aus Russland und darüber hinaus aus der Nordsee, aus Norwegen und Holland. Bei Heßlar zweigt von dieser Magistrale eine Stahlleitung nach Karlstadt zum Hammersteig ab, die ebenfalls mit 80 bar betrieben wird. Ab der dortigen Druckregelanlage haben die Leitungen zur Stadt hin noch maximal 16 bar. Von hier aus führt jetzt auch eine neue Leitung nach Lohr.
Die weitere Verteilung in der Stadt geschieht über sogenannte Bezirksregelanlagen. Eine solche steht beispielsweise am Oberen Tor oder am Johann-Schöner-Gymnasium. Von dort aus habend die Leitungen nur noch 0,5 bar. In den Haushalten reduzieren die Hausdruckregler den Druck noch einmal auf 23 Millibar.