Mit dem Jahr 2018 neigt sich auch das Jubiläum der Ernennung Marktheidenfelds zur Stadt vor 70 Jahren dem Ende zu. Die Leiterin der städtischen Kulturabteilung nahm dies zum Anlass, kurz vor Weihnachten zu einem Zeitzeugengespräch am späten Freitagnachmittag in die neue Stadtbibliothek einzuladen. Der Vorsitzende des Historischen Vereins, Michael Deubert, moderierte und lenkte die Runde gewohnt sachkundig.
Aus den Reihen der Politik waren die ehemalige Stadträtin Grete Schmitt sowie der frühere Landrat und Bürgermeister Armin Grein, aus der Wirtschaft die Schiffsmaklerin Wilma Hochbein-Stapf sowie der frühere Stadtrat und Inhaber eines Maler- und Lackierbetriebs Georg Ries mit ihren persönlichen Erinnerungen eingeladen worden. Zum lockeren Plausch bei Plätzchen und Kaffee kamen gut 30 Zuhörer, meist ältere Bürger, die zum Teil auch ihre eigenen Erfahrungen einbringen konnten.
Es seien letztlich Menschen, die ihre Stadt prägten und dazu hätten die geladenen Gäste an ihrer jeweiligen Stelle auf ihre ganz besondere Weise beigetragen, meinte Inge Albert zur Begrüßung. Im Wesentlichen kreisten die Gespräche, die vom Publikum immer wieder ergänzt wurden um drei wesentliche Zeiträume.
Mit dem Zweiten Weltkrieg und nach dem Zusammenbruch der Nationalsozialistischen Diktatur wuchs die Bevölkerung zunächst durch Evakuierte sowie später durch Geflüchtete und Heimatvertriebene enorm an. Es war für die Gemeinde, deren gewachsene Bedeutung durch die Erhebung zur Stadt bestätigt werden sollte, eine enorme Herausforderung, die Integration so vieler neuer Bürger zu bewältigen.
Auch wenn, die Situation natürlich nicht unmittelbar vergleichbar sei, seien die Zahlen, die seit dem Jahr 2015 an geflüchteten Menschen auf die Stadt zugekommen seien, doch geradezu ein "Klacks", war man sich in der Runde einig. In den späten 40iger und 50iger Jahre musste massenhaft neuer Wohnraum geschaffen werden und wo gab es damals ausreichend Beschäftigung und Arbeit für die Menschen?
Mit dem Bau der nahen Autobahn A3 und der Standortentscheidung des Elektrogeräteherstellers Braun für Marktheidenfeld kamen Anfangs der 60iger Jahre wesentliche Entwicklungsfaktoren für das Städtchen zum Tragen. Gerade die Ansiedlung eines Industrieunternehmens sei nicht unumstritten gewesen, da schon damals mancher Handwerksmeister um seine Arbeits- und Fachkräfte bangte.
Schließlich folgte in den 70 Jahren zunächst der Verlust des Landkreissitzes und dann - nach und nach - die Eingliederung der sechs Stadtteile. Es habe sich im Nachhinein nicht unbedingt als Nachteil erwiesen, dass damals Bürgermeister Armin Grein in so mancher stolzen Nachbargemeinde bei Gesprächen um einen Zusammenschluss einfach schnöde abgeblitzt sei. Glasofen, Marienbrunn, Oberwittbach, Michelrieth, Altfeld und Zimmern hätten sich für Marktheidenfeld entschieden und sie fuhren damit wie die Kernstadt gut, wurde übereinstimmend in der Runde festgestellt.
Da Altfelds Altbürgermeister Georg Fertig im Publikum saß, wurde auch dessen weitsichtiges Engagement für den damaligen Gang der "Grafschaftsgemeinden" zur Stadt gewürdigt. Es gab durchaus starke Tendenzen hin zu Kreuzwertheim, Esselbach oder zum Eintritt in eine Verwaltungsgemeinschaft. Heute sichere Altfeld mit den dortigen Industriegebieten die künftige Weiterentwicklung des Wirtschaftstandorts. Die Stadt investiere vor Ort aber auch in Wohnbaugebiete, Freizeitanlagen, Kindergärten, Bürger- und Feuerwehrhäuser und manches mehr, was zum Erhalt der Lebensqualität in Altfeld wie in den anderen Stadtteilen beitragen solle.
Die Atmosphäre des Zeitzeugengesprächs wurde als so anregend empfunden, dass man nach eineinhalbstündiger Dauer übereinkam, Ähnliches demnächst wieder einmal zu versuchen.