
Brandmeldealarm im Brunnenwiesenweg: Immer wenn dieses Stichwort bei der Lohrer Feuerwehr eingeht, herrscht bei den Rettern eine gewisse Ratlosigkeit. Denn dort werden sie in der Regel gar nicht wegen eines Brandes benötigt. Stattdessen lösen die Melder wegen Essensdämpfen und angebranntem Essen aus, oder weil einzelne Bewohner der Unterkunft trotz Verbots in ihren Zimmern rauchen.
Im vergangenen Jahr war das zusammen mit der Unterkunft Am Sommerberg 27 Mal der Fall. "Das ist beispiellos", sagt ein Feuerwehrmann sichtlich genervt. Vor allem, weil der Alarm manchmal mehrmals binnen 24 Stunden ausgelöst werde. So zum Beispiel am 22. Mai: um 17.07 Uhr und in der Nacht um 1.26 Uhr. Am Nachmittag hatte angebranntes Essen den Melder ausgelöst, die spätere Ursache blieb laut Einsatzprotokoll der Lohrer Feuerwehr unbekannt. Ignorieren könne man die Meldungen nicht, so ein anderer Helfer: "Irgendwann kommen wir hin und dann brennt es wirklich."
Hinweise der Stadt an Bewohner
Das Thema beschäftigt auch die Stadt Lohr, wie Pressesprecher Dieter Daus bestätigt. So habe man die Bewohner bereits darauf hingewiesen, beim Kochen besser aufzupassen und das Rauchverbot zu beachten. Inzwischen habe sich die Situation gebessert, aber durch den Wechsel der Bewohner sei es schwierig, das Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen. Die Einsatzstatistik der Feuerwehr weist seit 2016 rund 50 Einsätze in den Unterkünften Brunnenwiesenweg und Am Sommerberg aus. Die Zahl hat sich von neun im Jahr 2022 auf 29 im vergangenen Jahr verdreifacht. Im Jahr 2024 gab es einen Fall am 30. Januar, diesmal war angebranntes Essen der Grund für den Alarm.
Die entsprechenden Einsatzfahrten, die laut Kommandant Sebastian Mademann zwischen 30 und 45 Minuten dauern, sind nicht nur nervenaufreibend für die Einsatzkräfte, sondern auch teuer. Denn viele Arbeitgeber lassen sich den Ausfall ihrer Mitarbeiter von der Kommune ersetzen. Laut Daus ist es gesetzlich erlaubt, Fehlalarme dem Hauseigentümer in Rechnung zu stellen. Deshalb würden die Hausbesitzer jedes Mal mit den Kosten für die Alarmierung belastet: 500 Euro. Was der Lohrer Stadtkasse insgesamt 13.500 Euro im vergangenen Jahr eingebracht habe. Weil davon mögliche Ausfallerstattungen für die Betriebe abgehen, ist unklar, inwiefern dabei unter dem Strich der Stadt Geld übrig bleibt.
Wie Daus informiert, seien für das Haus Brunnenwiesenweg und die Unterkunft am Sommerberg Feuerbeschauen geplant, der Teilnehmerkreis und die Termine aber noch offen. Dabei sollen auch technische Veränderungen besprochen werden, um die Zahl der Fehlalarme zu reduzieren. Bürgermeister Mario Paul habe bereits im Mai 2023 die Initiative ergriffen. "Die Stadt steht seitdem in Verbindung mit dem Eigentümer der ehemaligen Jugendherberge, um eine dauerhafte Verbesserung zu erzielen", unterstreicht der Pressesprecher. Konkret seien die Bewohner mehrfach im Umgang mit der Küche eingewiesen worden und die Einstellungen der Brandmeldeanlage vollständig überprüft.
Noch keine Lösung gefunden
Eigentümer ist die Baugenossenschaft Lohr und auch dort sind die Fehlalarme ein Thema. "Wir haben leider noch keine Lösung, die allen gerecht wird", sagt Vorstand Jens Gammel auf Anfrage. Dabei habe es bereits mehrere Termine vor Ort gegeben mit Feuerwehr, Polizei, Stadt und Vertretern des Mieters, der Regierung von Unterfranken. Unter anderem seien die Herde umgebaut worden und die Abluft verändert, was jedoch nicht zu deutlicher weniger Fehlalarmen geführt habe. "Es ist für die Feuerwehr eine riesige Belastung, das ist uns klar", kommentiert er.
Die Brandmeldeanlage sei nicht direkt mit der Leitstelle gekoppelt, sondern der Alarm laufe erst bei einem externen Dienstleister ein. Der dann die Feuerwehr erst informiert. Von Mitarbeitern der Einrichtung zunächst überprüfen zu lassen, ob ein tatsächlicher Brand vorliegt, hält Gammel nicht für praktikabel: "Wer übernimmt dann die Verantwortung, wenn uns im Ernstfall fünf Minuten fehlen, um die Leute rauszubringen?" Die frühere Jugendherberge sei das einzige Gebäude der Genossenschaft mit einer Brandmeldeanlage, in den anderen Objekten seien wie vorgeschrieben normale Rauchmelder, informiert der Vorstand.
Aus Sicht von Alexander Warkotsch, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, ist der Brunnenwiesenweg ein Sonderfall. Aufgrund der früheren Nutzung als Jugendherberge sei die Brandmeldeanlage dort vorschriftsmäßig installiert. In anderen Unterkünften seien solche Systeme entweder gar nicht installiert oder nicht mit den Rettungskräften verbunden.
Auf richtiges Verhalten wird regelmäßig hingewiesen
Warkotsch betont, dass eine Abkopplung der Brandmeldeanlage von der Leitstelle auch vorübergehend nicht möglich sei. "Das muss aus Sicherheitsgründen so bleiben", stellt er klar. Aus seiner Zeit als ziviler Mitarbeiter in Afghanistan kennt er auch die kulturellen Gegebenheiten. "Herdplatten oder Öfen wie bei uns gab es für große Teile der Bevölkerung nicht", blickt er zurück. Dementsprechend sei der Umgang damit nicht so geübt wie hierzulande.
Die Alarme im Brunnenwiesenweg würden nach seiner Kenntnis hauptsächlich in der Küche durch starke Rauch- oder Dampfbildung ausgelöst. "Durch kombinierte Rauchwarnmelder und Installation von Abluftabzügen wurde bereits versucht, die Alarme zu reduzieren", gibt er Auskunft. Durch die Mitarbeiter, die von Montag bis Freitag in den Unterkünften vor Ort sind, würden die Bewohner zudem regelmäßig auf das richtige Verhalten hingewiesen. Dazu gehöre beispielsweise, beim Kochen zusätzlich das Fenster zu öffnen, um eine starke Rauch-/Dampfentwicklung zu vermeiden. In der Hausordnung sei zudem ein Rauchverbot in den Zimmern festgelegt. Die zuständige Unterkunftsverwaltung stehe mit der Eigentümerin, der Feuerwehr sowie der unteren Bauaufsicht des Landratsamts Main-Spessart in Kontakt mit dem Ziel, die Lage "mit Hilfe bautechnischer Maßnahmen" zu verbessern, teilt der Pressesprecher abschließend mit.