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Lohr
Würdigung für einen Pionier der Lohrer Heimatforschung
Zu Ehren von Kaplan Georg Höfling wurde die frühere Neubaustraße in den 1960er Jahren nach ihm benannt.
Foto: Thomas Josef Möhler | Zu Ehren von Kaplan Georg Höfling wurde die frühere Neubaustraße in den 1960er Jahren nach ihm benannt.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 12.10.2024 02:38 Uhr

In den 35 Jahren seines kurzen Lebens legte Kaplan Georg Höfling (1807 bis 1842) ein Arbeitstempo vor, als hätte er gewusst, dass ihm nicht viel Zeit beschieden war. Der Geistliche war der erste Geschichtsschreiber seiner Heimatstadt Lohr, eine Rolle, die nach Ansicht des Geschichts- und Museumsvereins viel zu wenig gewürdigt wird. Karl Anderlohr (81) erinnert deshalb an diesem Dienstag, 8. Oktober, ab 19 Uhr in der Alten Turnhalle an Höfling.

Dabei werde er weitgehend seinen Ausführungen von 2007 zum 200. Geburtstag Höflings folgen, kündigte Anderlohr an. Den Anstoß dazu habe ihm der Stadtrat gegeben, der sich wieder einmal mit dem Stadtarchiv beschäftigt habe. Das Archiv hatte voriges Jahr einen Aufruf gestartet, überlieferungswürdige Zeugnisse an das Jahr 2023 abzugeben.

Ohne Höfling und seine Sammlung alter Aufzeichnungen und Urkunden gäbe es weder das Stadt- noch das Pfarrarchiv, machte Anderlohr klar – jedenfalls nicht mit Unterlagen, die Jahrhunderte weit zurückreichen. Als Höfling aufwuchs, war Bayern geprägt vom Ringen der Traditionalisten und Modernisierer.

Gegen "altes Klump"

Reformer wie Minister Maximilian von Montgelas wollten nach Anderlohrs Worten vom "alten Klump" nichts wissen auf Bayerns Weg in die Moderne. König Ludwig I. dagegen war selbst historisch interessiert und hatte ein Faible für die griechisch-römische Geschichte. Zahlreiche Bauten im antikisierenden Stil schmücken heute noch das Land.

Aber auch die eigene Geschichte vernachlässigte Ludwig I. nicht. 1827 erließ er den Kabinettsbefehl, "dass die im Lande zerstreuten Denkmäler der Vorzeit gesammelt und erhalten werden sollen". Im Nachgang gründete sich 1831 der Historische Verein für den Untermainkreis oder, wie er später hieß, den Kreis Unterfranken und Aschaffenburg.

Eines der ersten und eifrigsten Mitglieder war Kaplan Georg Höfling. 1807 in Lohr als viertes Kind einer Weberfamilie an der Vorstadtstraße geboren, erkannte ein Nachbar, der selbst den Priesterberuf anstrebte, sein Talent und förderte ihn. Ohne diese Hilfe hätte Höfling niemals das Gymnasium besuchen und studieren können.

Mit 26 Jahren wurde er 1833 in Würzburg zum Priester geweiht. An allen Stationen seines Wirkens, Wiesenfeld, Oberschwarzach, Retzbach, Gemünden und zuletzt als Pfarrverweser in Lohr, hinterließ er Beschreibungen der örtlichen Geschichte. Nach allem, was wir von ihm wissen, gab es keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass er seinen Priesterberuf mit ganzer Hingabe ausübte.

Seine zweite große Leidenschaft aber galt der Beschäftigung mit der Heimatgeschichte. Bereits in Wiesenfeld begann er mit seiner "Beschreibung der Stadt Lohr im Untermainkreise mit ihren Merkwürdigkeiten und den älteren darauf Bezug habenden Urkunden", die 1835 in Würzburg im Druck erschien. Das Interesse an der Heimatgeschichte hatten wohl Kommilitonen in Höfling geweckt.

Urkunden gerettet

In seiner Beschreibung Lohrs schilderte er seine Vorgehensweise: "Ich baute auf keine Hypothesen, ich stützte mich bloß auf die vorhandenen Urkunden; diese waren meine Führer und geleiteten mich sicher durch die dunklen Hallen der Vergangenheit." Diese Urkunden und andere wertvolle Archivalien hatte er selbst gerettet und geordnet. Ohne sein Zutun wären sie eingestampft oder als Altpapier verkauft worden.

Höflings Arbeitsbelastung war seiner angegriffenen Gesundheit sicherlich nicht förderlich. Im Mai 1842 starb er in Lohr an einem Lungenleiden und wurde auf dem Friedhof seiner Heimatstadt beerdigt. Sein Grab ist heute nicht mehr bekannt. Es gibt auch kein Bild von ihm. An den Pionier der Heimatgeschichtsforschung erinnert eine Tafel an seinem Geburtshaus an der Vorstadtstraße.

Karl Anderlohr 
Foto: Thomas Josef Möhler | Karl Anderlohr 

Auf Höfling kam Karl Anderlohr durch den früheren Stadtkämmerer Manfred Walter. Dieser berichtete ihm vor vielen Jahren, dass der Stadt zwei Bände mit Akten Lohrer Hexenprozesse für eine vierstellige Summe zum Kauf angeboten worden seien. Die Verwirrung sei groß gewesen: "Was hatten wir mit Hexenprozessen zu tun?" Bei näherer Beschäftigung habe sich herausgestellt, "dass sich Leute bereits vorher für die Prozesse interessiert hatten, nur hatte sich niemand in Lohr für diese Leute interessiert". Für ihn sei klar gewesen, dass es höchste Zeit war, sich mit Kaplan Höfling zu beschäftigen, über den noch viel zu wenig bekannt gewesen sei.

Sätze-Schmied

Anderlohr war jeweils 20 Jahre lang 2. und dann 1. Vorsitzender des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins. Der Verein ernannte ihn, weil es in seiner Satzung den Ehrenvorsitz nicht gibt, zum "Ehrenmitglied im Sinne eines Ehrenvorsitzenden". Sieht er sich auch als eine Art Pionier der Heimatgeschichtsforschung?

Seine Antwort fällt auf seine bekannte trockene Art eindeutig aus: "Nee, mich haben die Dinge einfach interessiert." Wie sein Vater, der Wagnermeister Michael Anderlohr, kam Karl Anderlohr über die Beschäftigung mit der Familien- zur Heimatgeschichte. Die Familie stammte ursprünglich aus Frammersbach.

Einer seiner Vorfahren war dort Schultheiß und hinterließ den Namen erstmals in einer Urkunde von 1482. Sein Urgroßvater Peter Anderlohr war Schmiedemeister und zog nach Lohr um, als dort in den 1870er Jahren für den Bau der Mainbrücke Handwerker gebraucht wurden. Karl Anderlohr schmiedete auch: Worte und Sätze als Lokaljournalist und Heimatforscher.

Eine Tafel weist an der Lohrer Vorstadtstraße auf das Geburtshaus des Geschichtsschreibers Kaplan Georg Höfling hin. 
Foto: Thomas Josef Möhler | Eine Tafel weist an der Lohrer Vorstadtstraße auf das Geburtshaus des Geschichtsschreibers Kaplan Georg Höfling hin. 
 
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