Der Soziologe und Bestsellerautor Hartmut Rosa hat die letzten Jahre vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen, indem er die Sehnsucht der Menschen nach einem Widerhall in der Welt, einer Selbstwirksamkeit nachspürte und aufzeigte, wie schwer es ist, in unserer rasend schnellen Welt dies zu finden. Nicht Geld oder Macht, sondern "immer schneller, immer weiter" regiere die Welt. Ich meine, damit hat er zutiefst recht! Gerade im so resonanzreichen Frühjahr, wo alles in der Natur aufspringt und jubiliert, spüren wir, wie herrlich es wäre, mehr zu hören, zu fühlen, zu spüren. Aber wir haben keine Zeit.
Einmal innehalten, dazu lädt die Jahreszeit jetzt ein. Die Spannungen in unserem Umfeld nehmen immer zu, dies merken sicherlich alle, auch die Kinder und Jugendlichen in unseren Kirchengemeinden. Schon die Kinder sind einem permanenten Steigerungszwang unterworfen, "immer mehr, immer schneller, immer weiter". Das führt bei vielen zum Gefühl abgehängt zu sein, zu versagen, nicht zu genügen und letztlich zu Frust und Wut.
Die Religion mit ihren kirchlichen Strukturen bietet hier den idealen Raum, um in Resonanz zu gehen, in der Gemeinschaft unter Brot und Wein. Wie es in der Jahreslosung für 2023 heißt: Ich habe "einen Gott, der mich sieht", der mich anspricht, der mich Erfahrungen machen lässt, der in Beziehung zu mir tritt.
Genauso ist das neue Konzept der Erlöserschwestern in Würzburg, die im letzten Monat ihre Klosterpforten neu geöffnet haben unter dem Motto "In Berührung kommen". Genau das ist es. Dass das passiert, haben wir aber nicht in der Hand. Wir können manches dafür tun, aber letztlich ist es ein Geschenk, es ist unverfügbar. Verweigern wir es nicht, sondern tönen wir voller Resonanz mit Paul Gerhardt (17.Jh.): "Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes große Tun erweckt mir alle Sinnen…" Es geht letztlich um die Lebensfreude, die uns die resonanzreiche Musik gibt, die Menschen, die Liebe. Aber Freude gibt es nur in Gemeinschaft! Dafür steht unsere Kirche, auch heute in stürmischen Zeiten. Der Dichter der Aufklärung G.E. Lessing schreibt im Theaterstück "Minna von Barnhelm" von der Idee einer weltumspannenden Menschengemeinschaft, denn: "Es ist so traurig, sich alleine zu freuen". Geben wir nicht auf, dafür zu kämpfen, denn "Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit" –freuen wir uns nicht alleine, sondern gemeinsam!
Von Pfarrerin Gudrun Mirlein aus Remlingen