Lieber Leser, liebe Leserin, „Reformation und Toleranz“ lautet das Motto dieses Jahres zur Vorbereitung auf das große Refomationsjubiläum im Jahr 2017.
Toleranz ist gewiss ein hohes Gut. Sie ist eine Frucht der Aufklärung. Diese wurde letztlich erst durch die befreiende Botschaft des Evangeliums möglich. „Tolerare“ heißt „ertragen“. Manchmal wird der Umgang mit dem Begriff unerträglich. Manchmal treibt er seltsame Blüten. Toleranz muss sich in der gelebten Praxis zeigen. Es zeigt sich oft eine große Kluft zwischen Reden und Handeln. Ich denke nur an die Ausgrenzung messianischer Juden, also Juden, die an Jesus als den Messias glauben, beim Kirchentag in Hannover. Viele, die für sich Toleranz einfordern, sind oft höchst intolerant gegen Andersdenkende.
Vielleicht hat der bekannte Fernsehjournalist Peter Hahne recht, wenn er feststellt, dass der Begriff manchmal mit Doppel-L geschrieben und verstanden wird als „Tolleranz“. Tolerant ist nicht, wer zu allem „Ja und Amen“ sagt. Oft wird der Begriff nur benutzt, um eigene Überzeugungen durchzusetzen und andere mundtot zu machen. Manchmal muss den Trends und Meinungsmachern in der Gesellschaft widersprochen werden.
In unseren Tagen herrscht eine große Sprachverwirrung. Das gilt auch im Blick auf die Ehe. Nicht jede Beziehung und Partnerschaft kann als Ehe bezeichnet werden. Auch wenn dies noch so schrill und laut eingefordert wird.
Durch eine in diesen Tagen veröffentlichte „Orientierungshilfe“ des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), die übrigens ohne Beteiligung der EKD-Synode entstand, sind manche Irritationen entstanden. Das Papier ist bestenfalls ein „Diskussionsbeitrag“. Eine weithin zutreffende Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungen im Blick auf Ehe und Familie darf nicht dazu führen, andere Lebensformen auf eine Stufe mit der Ehe zu stellen. Zu einem Umdenken im Blick auf Ehe und Familie besteht kein Anlass. Die biblisch-theologische Grundlegung greift in dem Papier viel zu kurz. Gerade die evangelische Kirche, die als eines ihrer Grundprinzipien „Sola scriptura“, die „heilige Schrift allein“, nennt, sollte deren Zeugnis beachten.
Gut finde ich, was im evangelischen Erwachsenenkatechismus zum Stichwort Ehe steht: „Die Ehe ist ein gottgewollter Lebensraum für Mann und Frau, eine Lebensform, die dem gemeinsamen Leben und der Liebe Halt und Gestalt gibt und immer wieder neu gelebt werden muss.
Nach dem biblischen Zeugnis ist sie in der Schöpfung begründet. Jesus sagt: Habt ihr nicht gelesen: „Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau?“(Matthäus 19,4). Ehe, die Beziehung zwischen Mann und Frau, ist eine Stiftung Gottes. Sie auf eine lebenslange Verbindung angelegt. Das sollte die evangelische Kirche weiter gemeinsam mit ihren ökumenischen Partnern klar bekennen.
Zwar hat Martin Luther die Ehe als „weltlich Ding“ bezeichnet. Damit bringt er aber vor allem zum Ausdruck, dass sie auch von Nichtchristen vorbildlich geführt werden kann. Dennoch entspricht die Ehe für den Reformator Gottes Willen und hat die Verheißung göttlichen Segens. Gerade auch in der Ehe gilt das Wort des Apostels Paulus: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“