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LOHR
Wohnmobiltouristen in Lohr: Mit dem Finger im Wind
Aus Friesland angereist nach Lohr: Kathi und Mario aus Wilhelmshaven planen ihre Reisen nicht, sondern lieben die Spontaneität.
Foto: Frank Zagel | Aus Friesland angereist nach Lohr: Kathi und Mario aus Wilhelmshaven planen ihre Reisen nicht, sondern lieben die Spontaneität.
Frank Zagel
 |  aktualisiert: 19.10.2020 11:03 Uhr

Unabhängig, flexibel und frei möchte die wachsende Gemeinde der Reisemobil-Fahrer sein, die mit ihren voll autarken Fahrzeugen in den Sommermonaten häufig anzutreffen sind. Auch Lohr hat sich zu einem beliebten Aufenthaltsort für viele Wohnmobilisten entwickelt. Deutlich ist das an der großen Anzahl der parkenden Fahrzeuge zu erkennen, die auf dem Stellplatz an der Mainlände einige Tage die Lohrer Gastfreundschaft genießen. Doch wer sind die reisenden Besucher?

Die Nummernschilder der zwölf Wohnmobile, die an einem Dienstag im Juli am Lohrer Wohnmobilstellplatz kampieren, sind aus ganz Deutschland: Aus Heidenheim, Kaiserslautern, Kleve oder dem Oberallgäu kommen sie. 21 Stellplätze stellt die Stadt zur Verfügung.

Ordentlich geparkt stehen die verschiedensten Fahrzeugtypen in den vorgegebenen Parkplätzen. Am beliebtesten sind die Stellplätze direkt am Main, die bereits am Vormittag von Neuankömmlingen belegt werden.

Auf den Bänken vor dem Fluss sitzen die Urlauber auf Decken oder sie haben sich zwischen ihren fahrenden Behausungen ein heimisches Lager aufgeschlagen: Stühle, Klapptisch, Tischdecke, darauf ein kleiner Blumenstrauß, frisch gepflückt vom heutigen Spaziergang am Ufer. Es herrscht Beschaulichkeit und Entspannung im hinteren Bereich des großen Parkplatzes, der zum Wohnmobil-Stellplatz ausgewiesen wurde.

Individualisten unter sich

Es werden Gespräche über gute Stellplätze mit den sich täglich wechselnden Nachbarn geführt. Alte und nagelneue Fahrzeuge stehen beisammen. Neid gibt es nicht. Die Gemeinsamkeit ein Individualist zu sein verbindet. Das Abendessen, zubereitet in der Bordküche, wird verzehrt und Straßenkarten werden studiert, die das Ziel des nächsten Haltes vorgeben – sofern man sich heute schon entscheiden möchte. Freiheit und Spontanität sind das Credo dieser Nomaden auf Zeit, von denen viele mehrere Monate im Jahr auf der Straße sind.

Die beiden Schweinfurter Senioren Edith und Rudi Voith kommen bereits seit vielen Jahren mindestens zweimal jährlich nach Lohr: zur Fronleichnamsprozession und im Sommer. Der Stellplatz sei perfekt für sie: Nah an der Altstadt, direkt am Main und das Schwimmbad sei ebenfalls zu Fuß zu erreichen.

Schneewittchen hat seinen eigenen Charme

So sehr wie die Beiden vom Lohrer Fachwerk begeistert sind, so sehr sind sie von der „fürchterlichen Figur“ enttäuscht, die das Lohrer Schneewittchen darstellen soll. Die umstrittene Figur an der Stadthalle hat das Paar heute erstmals besucht, nachdem sie im Fernsehen davon erfuhren. „Ein Bild haben wir aber gemacht, das wollen wir unseren Freunden zeigen“ lachen sie.

Mindestens sechs Monate im Jahr leben die Rentner Magdalena und Werner Pflüger aus Eschwege in ihrem Wohnmobil. Zu eng wird es ihnen auf den acht Quadratmetern nie. Diesen Sommer wollen sie wieder am Main entlangfahren und übernachten bereits zum fünften Mal in Lohr. „Wir sind fast immer auf Achse!“ sagt Werner Pflüger.

Seine Frau und er lieben den Main. Sie schwärmen von Lohr mit seiner gemütlichen Altstadt und den wunderbaren Einkehrmöglichkeiten. „Eine einzigartige Atmosphäre die uns in eine andere Zeit versetzt. Wir haben uns in Lohr verliebt“ zeigt sich Magdalena Pflüger verzückt und berichtet von einer Begebenheit eines vergangenen Aufenthaltes, als an einem Sonntag der Fahrradschlauch ihres Rades platzte.

Freundlichkeit erlebt

In der Stadt klingelte das Paar einfach an der Türe eines Fahrradgeschäftes. Der Besitzer reparierte das Fahrrad der Dame spontan und lud die Nordhessen noch zum Kaffee ein. Der Sonntagsausflug war gerettet. Jetzt treffen sich die Fahrradliebhaber bei jedem Besuch in Lohr zu einem Kaffeeplausch.

Überhaupt sei das Preisleistungsverhältnis perfekt, sind sich alle Besucher des Stellplatzes einig. Fünf Euro kostet die Nacht, für einen weiteren Euro ist es möglich, das Wohnmobil für vier Stunden mit Strom zu versorgen. Zudem gibt es eine Wasserversorgung und eine Entsorgungsstation für den Abwassertank und die Bordtoilette. Über die angrenzende Straße stört sich niemand – in der Nacht sei es ruhig.

Zu Besuch aus Friesland

Die einzigen noch berufstätigen Touristen unter den Besuchern stehen dafür mit dem wohl ältesten Fahrzeug auf dem Platz. 34 Jahre alt ist ihr Fiat Ducati samt Aufbau. Kathi und Mario aus Wilhelmshaven sind nur aus Zufall in Lohr gelandet, auch sie sind dem Main gefolgt. Das Paar in den Mitvierzigern reist mit dem Finger im Wind, wie sie erzählen. Eine Planung der Reise gibt es nie.

„Deutschland ist so schön, da zieht es uns nicht ins Ausland“ berichtet Sporttherapeutin Kathi. Auch Feldwege und Bootsanleger dienen als Übernachtungsplätze ihrer zweiwöchigen Tour. „Wir sind vollkommen autark“ meint der Zweiradmechatroniker aus Niedersachsen und verspricht: „Wir kommen bestimmt wieder!“

Das Rentnerpaar Voith aus Schweinfurt hat es sich mit seinem Wohnmobil gemütlich gemacht an der Lohrer Mainlände.
Foto: Fotos (3): Frank Zagel | Das Rentnerpaar Voith aus Schweinfurt hat es sich mit seinem Wohnmobil gemütlich gemacht an der Lohrer Mainlände.
Platz für 21 Wohnmobile: Gemütlich geht es auf dem Lohrer Wohnmobilstellplatz an der Mainlände zu.
Foto: Frank Zagel | Platz für 21 Wohnmobile: Gemütlich geht es auf dem Lohrer Wohnmobilstellplatz an der Mainlände zu.
 
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