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Wörth am Main
Wörth am Main: Findet die Polizei nach 31 Jahren Beweise zum Mord am 16-jährigen Klaus?
Die Ermittler lassen nicht locker: Sie suchen in Wörth (Lkr. Miltenberg) am Tatort konkrete Spuren im Fall des getöteten Bäckerlehrlings Klaus Berninger. Was wir bisher wissen.
Auf der Suche nach der Tatwaffe: Die Polizei unternimmt intensive Anstrengungen, um nach über 31 Jahren den Mord an einem 16-Jährigen zu klären - am Dienstag suchte sie mit Spezialgerät am Tatort.
Foto: Thomas Obermeier | Auf der Suche nach der Tatwaffe: Die Polizei unternimmt intensive Anstrengungen, um nach über 31 Jahren den Mord an einem 16-Jährigen zu klären - am Dienstag suchte sie mit Spezialgerät am Tatort.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:07 Uhr

Schlummert im Waldboden – unweit vom Fundort der Leiche eines 16-Jährigen – der entscheidende Beweis, der alle Fragen beantwortet? Einen über Jahrzehnte ungeklärten Fall nennen Ermittler einen Cold Case – aber in Wörth sind sie ganz heiß, nach 31 Jahren endlich Antworten zu kriegen: Sie drehten am Dienstag im Wald bei Wörth (Lkr. Miltenberg) buchstäblich jeden Stein um.

Worum geht es?

Am 20. Dezember 1990 wurde der 16-jährige Klaus Berninger gegen 18 Uhr zuletzt gesehen – vor der Kneipe "Nachtfalter" in Wörth am Main, wo er zum Billard verabredet gewesen sein soll. Danach verliert sich seine Spur. Am Abend war der Jugendliche, der eine Ausbildung in der Bäckerei der Eltern machte, nicht nach Hause zurückgekehrt. Drei Tage später fanden Spaziergänger morgens seine Leiche am Schneesberg, einem Waldstück bei Wörth. Klaus Berninger ist laut Polizei durch einen Schlag mit einem scharfkantigen Werkzeug gegen den Hals gestorben.

Was passierte am Dienstag in Wörth?

Am Waldrand unweit einer Hütte – etwa fünf Kilometer vom Ortskern entfernt – stehen am Dienstagmorgen Polizeiautos. Ein Dutzend Journalisten beobachtet die Suchaktion am Tatort. Mit Trassierband sperren Polizisten schmale Suchstreifen rund um die Stelle ab, an der vor 31 Jahren die Leiche gefunden wurde. Dann durchkämmen sie in immer neuen Suchschleifen das 2500 Quadratmeter große Waldstück. Ein Beamter schreitet mit einem Metalldetektor voraus. Wenn das sensible Gerät anschlägt, kommt ein anderer Polizist mit einer Schaufel und gräbt das Fundstück aus.

Was wollen die Ermittler finden?

"Die Tatwaffe fehlt und wir haben keinen Verdächtigen", sagt Polizeisprecher Philipp Hümmer. "Also müssen wir alle Register ziehen, um den Fall vielleicht doch noch aufklären zu können." Die Suche ist nicht auf die Tatwaffe beschränkt. "Wir erhoffen uns, relevante Gegenstände zu finden, die der Täter zurückgelassen hat", sagt der Polizeisprecher.

Plakate wie dieses hängen überall in Wörth und appellieren an mögliche Zeugen, sich bei der Polizei zu melden.
Foto: Thomas Obermeier | Plakate wie dieses hängen überall in Wörth und appellieren an mögliche Zeugen, sich bei der Polizei zu melden.

Die Ermittler gehen von einem oder mehreren Tatbeteiligten mit Ortskenntnis aus dem Umfeld des Opfers aus – und davon, dass der Fundort auch der Tatort war. Die Polizei glaubt, dass der Bäckerlehrling am Tag seines Verschwindens umgebracht wurde. Aber wie kam er aus dem Stadtkern hierher? Möglicherweise freiwillig, mit jemanden, den er kannte.

Welche Maßnahmen ergreift die Polizei in dem Cold Case?

Die Polizei hatte den ungeklärten Fall kürzlich wieder aufgenommen und versucht, mit einem rund 20-köpfigen Ermittlerteam den Fall zu klären. Zuletzt waren hunderte Bürger der Kleinstadt im Landkreis Miltenberg befragt worden. Nun gibt es 70 neue Hinweise, denen nachgegangen wird.

Hat die Aktion nach der langen Zeit überhaupt noch einen Sinn?

"Wir sind der Meinung, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, in dem Fall neue Ermittlungen anzustoßen", sagten Aschaffenburger Mordermittler. "Die Zeit spielt für uns eine Rolle, weil sich Beziehungen von Menschen verändern. Der damals beste Freund ist heute vielleicht nicht mehr der beste Freund eines möglichen Mitwissers. So haben wir vielleicht jetzt die Chance, neue Hinweise zu generieren", sagt Jörg Albert von der Kripo Aschaffenburg.

Was weiß man über Berningers Mörder?

Bei dem oder den Tätern geht die Polizei davon aus, dass er oder sie aus der Region oder dem Umfeld des Opfers stammen. Polizeisprecher Philipp Hümmer betont:  "Wir möchten dem Täter zeigen: Wir sind hier unterwegs, wir ermitteln wieder in dem Fall und wir wollen diesen brutalen Mordfall nach 31 Jahren endlich klären." Die Ermittler gehen von Mord aus. Alles andere wäre längst verjährt.

Was ist das Besondere an dieser Aktion?

Zwei Mordermittler der Kriminalpolizei Aschaffenburg widmen sich seit 2020 ausschließlich lange zurückliegenden ungeklärten Verbrechen. Die "AG Altfallermittlungen" ist bayernweit die einzige "Cold Case"-Einheit, und sie hat bereits erste Erfolge erzielt: 2017 hatten Ermittler den 30 Jahre zurückliegenden versuchten Sexualmord auf dem Hasenkopf-Berg bei Aschaffenburg geklärt. Der Täter bekam "lebenslänglich". Nach 40 Jahren ermittelten sie auch einen Verdächtigen zum Mord an der 15 Jahre alten Christiane J. im Schlosspark Aschaffenburg. Ein damals 17-jähriger Bekannter des Mädchens kam vor Gericht. Eine Biss-Spur am Körper des Mädchen sollte ihn überführen. Doch die war nicht so eindeutig, wie es zunächst schien. Am Ende stand ein Freispruch aus Mangel an Beweisen.

 
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