Ein Bild von der Leistungsfähigkeit des Berufsschulstandorts Lohr hat sich am Mittwoch der Ausschuss für Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur des Stadtrates gemacht. Wichtige Themen waren die Bemühungen der Einrichtung, mit der wirtschaftlich-technischen Entwicklung Schritt zu halten, und ihre Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Berufsschule Main-Spessart zählt nach Angaben von Schulleiter Gerhard Hecht im laufenden Schuljahr am Standort Karlstadt 944 Schüler in 49 Klassen und am Standort Lohr 634 Schüler in 33 Klassen. Was die Berufe angehe, sei man "breit aufgestellt". Die Schülerzahl sei in den vergangenen Jahren angestiegen, erfuhr Eric Schürr (Bürgerverein).
Technische Entwicklung rasant
Kennzeichnend sind nach den Worten von Christian Booms, weiterer ständiger Vertreter des Schulleiters, weniger neue Berufe als die rasante technische Entwicklung. Immer mehr technische Geräte seien internetfähig. Das habe man im Unterricht abbilden wollen und sich deshalb erfolgreich als Pilotschule für Industrie 4.0 beworben.
Dafür habe der Kreis als Sachaufwandsträger eine Anlage angeschafft, die den gesamten Produktionsablauf von der Kundenbestellung im Internet über die Herstellung nach Kundenwünschen bis zur Auslieferung darstelle. Sie schaue kompliziert aus und habe mit 340 000 Euro "richtig viel Geld gekostet". Zudem ist die Berufsschule Main-Spessart am Standort Lohr laut Booms seit zehn Jahren Fachschule für Mechatroniktechnik. Voraussetzung für diese zweijährige Weiterbildung sei die abgeschlossene Ausbildung als Mechatroniker und ein Jahr Berufserfahrung.
Ob die Schule alle Bewerber aufnehmen könne, wollte Brigitte Riedmann (FW) wissen. "Wir wären froh, wenn wir mehr Bewerber hätten", erwiderte Booms. Bislang habe die Schule noch keine Bewerber ablehnen müssen. Deren Zahl hänge auch von der Wirtschaftslage ab.
Als einzige Schule in Unterfranken bildet die Berufsschule Main-Spessart nach Angaben von Andrea Weidner-Roth, ständige Vertreterin des Schulleiters, Kauffrauen und -männer für E-Commerce aus. Vor vier Jahren habe man mit 25 Schülern begonnen. Inzwischen seien es so viele, dass im kommenden Schuljahr womöglich drei Klassen gebildet werden müssten.
Auf Ukrainer vorbereitet
Ob die Schule dafür auch genug Lehrkräfte bekomme, wollte Frank Seubert (CSU) wissen. "Wir fordern jedes Jahr circa vier neue Stellen an, die auch besetzt werden", erklärte Weidner-Roth. Sie versicherte, auf mögliche Schüler aus der Ukraine sei die Schule vorbereitet. Für Flüchtlinge und Asylbewerber gebe es bereits jetzt Berufsintegrationsklassen (BIK).
Ob sich die Schüler verändert hatten, fragte Sven Gottschalk (SPD). Laut Weidner-Roth könne man eine Schulaufgabe, die vor fünf Jahren geschrieben worden sei, heute nicht mehr stellen. Die Schüler hätten "andere Fähigkeiten". Nach den Worten von Gerhard Hecht sind die Schüler "nicht besser und nicht schlechter geworden, aber anders". Viele hätten Probleme, eine halbe Seite Text zu erfassen, so dass man sich genau überlegen müsse, wie Prüfungen verfasst werden müssten, damit Schüler sie verstünden. Einfache Sprache werde immer wichtiger. Aber die Schüler hätten ganz andere Zugänge zur Technik.
Zu den Zukunftsperspektiven erläuterte Weidner-Roth, die Berufsschule wolle die beiden Standorte zu Kompetenzzentren für den gewerblich-technischen Bereich (Lohr) und den kaufmännischen und Kfz-Bereich (Karlstadt) weiterentwickeln. Bislang würden Kaufleute und Metalltechniker an beiden Standorten unterrichtet.
Anbau soll Platz schaffen
Allerdings müssten in Lohr dafür neue Unterrichtsräume geschaffen werden, für die der Platz fehle. Deshalb werde über einen Anbau nachgedacht, für den ein Grundstück in der Nachbarschaft ins Auge gefasst worden sei. Gespräche darüber liefen bereits.
Was aus vor Jahren geäußerten Überlegung einer Weiterentwicklung in Richtung Universität geworden sei, wollte Mathilde Lembach (Grüne) wissen. "Das werden wir hier schon allein wegen des fehlenden Platzes nicht hinkriegen", meinte Gerhard Hecht. Zudem gebe es genügend Unis und Fachhochschulen in der Nähe.