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WIESENFELD
Wiesenfeld und der Zoff um Schönrain
1139 erstmals erwähnt: Wiesenfeld feiert sein 875-jähriges Bestehen, ist aber wahrscheinlich viel älter.
Foto: Björn Kohlhepp | 1139 erstmals erwähnt: Wiesenfeld feiert sein 875-jähriges Bestehen, ist aber wahrscheinlich viel älter.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 22.06.2014 17:36 Uhr

Ist Wiesenfeld, das heuer sein 875. Jubiläum feiert, erst 875 Jahre alt? Sicher nicht. Es ist lediglich so, dass die älteste bekannte Urkunde, in der das Dorf erwähnt wird, aus dem Jahr 1139 stammt. Und damals war Wiesenfeld, Urpfarrei für den nördlichen Waldsassengau mit zeitweise bis zu 16 Filialen, aller Wahrscheinlichkeit nach bereits Pfarrei. Es wird sogar vermutet, dass die Pfarrei Wiesenfeld womöglich schon um das Jahr 800 bestanden haben könnte.

Eine Schenkung

Die, wie damals üblich, auf Latein verfasste Urkunde ist im baden-württembergischen Landesarchiv, genauer im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrt und handelt von einer Schenkung. Bischof Embrico von Würzburg erklärt darin, dass der mit den Rieneckern verwandte Graf Ludwig von Thüringen und dessen Bruder Beringer den Ort Schönrain zwecks einer Klostergründung dem Hirsauer Abt Wilhelm schenken. Mit dabei bei der Schenkung: das Landgut, „welches sie in Wiesenfeld (Wisentfelt) innehatten“. In Stuttgart lagert die Urkunde, da Hirsau – damals Kloster, heute ein Stadtteil von Calw – im nördlichen Schwarzwald liegt.

Allerdings hat die Schenkung nicht erst am 26. Februar 1139, dem Tag, an dem Urkunde ausgestellt wurde, stattgefunden. In der Urkunde heißt es, dass sie schon zu Zeiten „König Heinrichs IV.“, der bis zum 31. März 1084 König, danach Kaiser war, geschah. Also muss Wiesenfeld auf jeden Fall auch schon 1084 existiert haben. Die Schenkung fand vermutlich um das Jahr 1080 statt.

Der Grund für die verspätete urkundliche Regelung war, dass es um das inzwischen gegründete Benediktiner-Kloster Schönrain Zoff gab. In der Urkunde heißt es, dass „böswillige Menschen“ aus Neid dem blühenden Kloster schaden wollten. Wer fürderhin gegen die nun verbrieften Rechte der Mönche verstoße, so Bischof Embrico in der Urkunde, werde mit einem Kirchenbann belegt.

Kirchweg

Dass Wiesenfeld damals schon Pfarrei war, darauf deutet ein Weg in der Nähe des Klosters hin, der laut der Urkunde „Chirwech“ oder „Pfafenwech“, also Kirchweg oder Pfaffenweg, hieß.

Alle im Umkreis liegenden Pfarrdörfer wurden erst Jahrhunderte später Pfarrei, also musste es der Kirchweg nach Wiesenfeld sein. Wiesenfeld war demnach damals, 1084, schon Pfarrmittelpunkt der Ortschaften Erlenbach, Halsbach, Harrbach, Hofstetten, Hausen, Massenbuch, Pflochsbach, Rettersbach, Sendelbach, Sommerhöfe bei Halsbach, wahrscheinlich Ziegenbach (Wüstung gegenüber von Schönrain) und dem heutigen Wiesenfelder Ortsteil Eckartshofen. Später kam noch Gemünden mit Reichenbuch und Wernfeld hinzu.

Wann die Wiesenfelder Großpfarrei gegründet wurde, darüber lässt sich nur spekulieren. Da nur ein Bischof eine Pfarrei gründen kann, es aber erst 741 einen Würzburger Bischof gab, muss dies nach 741 geschehen sein. Patronatsherr für die Pfarrei Wiesenfeld war bis 1336 das Kloster Neustadt am Main. Deshalb ist anzunehmen, dass die Gründung der Wiesenfelder Pfarrei nicht vor 768 stattfand, weil in jenem Jahr das Kloster gegründet wurde.

Herrschaftsgebiet

Adolf Link, der Verfasser der Wiesenfelder Chronik aus dem Jahr 1989, vermutet, dass die Wiesenfelder „Urpfarrei“ schon um 800 entstand. Als Grund sieht er, dass die Äbte ein großes Interesse daran gehabt haben müssen, ihr Herrschaftsgebiet zu organisieren, „um eine bessere Übersicht über die Anzahl der wehrpflichtigen Männer, die wirtschaftliche Leistungskraft, die Steuerkraft ihrer Bevölkerung zu haben“. Der Ort muss allerdings schon bestanden haben, bevor er Pfarrei wurde. Link sieht Wiesenfeld an einem wichtigen mittelalterlichen Verbindungsweg zwischen Mainz und Würzburg liegen.

Der Name „Wiesenfeld“

Woher kommt der Name „Wiesenfeld“? Bisher wurde als am wahrscheinlichsten angesehen, dass „Wiesenfeld“, da es in der ersten Erwähnung 1139 als „Wisentfelt“ auftrat, etwas mit Wisenten, den europäischen Bisons, zu tun hat. Diese Vermutung unterstützen scheinbar auch andere Wiesenfelds: Das Wiesenfeld im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg hieß bei seiner Ersterwähnung im Jahr 1238 ebenfalls „Wisentfelt“. Gleiches gilt für Wiesenfeld im thüringischen Landkreis Eichsfeld, im 9. Jahrhundert erstmals als „Wiesentfellt“ erwähnt, und für Wiesenfeld („Wisentsfeld“) in Niederösterreich.

Auf eine andere Erklärung deutet jedoch die Entwicklung des Namens von Wiesentheid hin. Dieses wurde in seiner ersten Erwähnung 918 nämlich „wiesenheida“ genannt, also ohne „t“. Namens- und Dialektforscher Helmut Weinacht, der jahrzehntelang an der Universität Erlangen unterrichtet hat, ist sich denn auch ganz sicher, dass Wiesenfeld, wie Wiesentheid, nichts mit Wisenten zu tun hat. Vielmehr sei das „t“ in „Wisentfelt“ ein ganz typischer Fall eines Gleitkonsonanten, der zur Ausspracheerleichterung eingefügt worden sei. Durch das eingefügte „t“, einen sogenannten Dentalkonsonanten, lasse sich der Anfang des zweiten Wortes – „Feld“ – leichter aussprechen. Ein ähnliches Beispiel ist etwa Bad Mergentheim, das einst Marienheim hieß.

Doch woher kommt „Wiesenfeld“ dann? Namensforscher Weinacht muss bei dieser Frage erst gar nicht überlegen. „Wiesenfeld“ heiße so viel wie „nasser Acker“, ein Acker, der durch seinen schlechten Boden – Wiesenfeld hat vor allem Lehmboden – nur als Wiese geeignet ist.

 
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