"Ich bestreite nichts von dem, was der Staatsanwalt eben vorgelesen hat." Einsichtig zeigte sich ein 35 Jahre alter Produktionsarbeiter, der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am Amtsgericht Gemünden angeklagt war. Allerdings nicht zum ersten Mal. Bei sieben Einträgen im Bundeszentralregister gab es vier einschlägige wegen dieser Straftat.
Am 24. April war Mann letztmalig von der Polizei beim Führen eines Kraftfahrzeuges erwischt worden. Das war aber nicht der einzige Verstoß gegen Straßenverkehrsvorschriften, der den Beamten bei der Kontrolle aufgefallen war. Sie stellen bei ihm 0,6 Promille Atemalkoholgehalt fest. Dazu hatte der Fahrer eine der beiden Töchter seiner Beifahrerin ungesichert auf dem Schoß sitzen. "Ich mag mir gar nicht ausmalen, was den Kindern hätte passieren können bei einer plötzlichen Bremsung oder wenn ihnen ein Reh ins Auto gelaufen wäre", meinte Strafrichterin Kristina Heiduck auch an die Beifahrerin gerichtet, die das zweite Kind auf ihrem Schoß hatte.
Angeklagt wollte vor Bekannten nicht zugeben, dass er keinen Führerschein hat
Dabei hätte sich der Mann viel Ärger und schließlich auch eine neuerliche Verurteilung ersparen können, denn seine Beifahrerin ist im Besitz einer Fahrerlaubnis und hatte an dem Tag auch keinen Alkohol getrunken. Sie hatte ihrem Bekannten geholfen, mit einem PickUp aus einer Scheune Heu für dessen Pferde zu holen.
"Aus Scham", hatte der Mann seiner Bekannten gegenüber nicht erwähnt, dass er seit dem Jahr 2010 nicht mehr im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Nur deshalb sei er die etwa drei Kilometer lange Strecke zwischen Scheune und Pferdestall immer selbst gefahren, sagte er auf die Frage der Richterin.
Für den 35-Jährigen war die Zeit vor und nach der besagten Fahrt eine der schwierigsten in seinem bisherigen Leben, er sprach von einem "Lebenssituationstiefpunkt". Einen Burnout, Depressionen, ein Nervenzusammenbruch in der Praxis seiner Hausärztin haben für Suizidgedanken bei ihm gesorgt, aber auch für eine Wende. Nachdem ihn seine damalige Freundin verlassen hat und es Probleme auf der Arbeit gab, folgte nun eine "Behandlungskette" für Verbesserungen. Sehr schnell bekam er als dringlicher Notfall einen Therapieplatz. Die Behandlungen nimmt er regelmäßig wahr.
Richterin und Staatsanwalt sehen positive Entwicklung
Ein Teil seiner bisherigen Freunde haben sich von ihm abgewendet. Andere umso dichter an ihn herangerückt. So bekommt er viel Unterstützung bei der Versorgung seiner Pferde. Versorgungsfahrten werden von Freunden übernommen. Lediglich auf seine Arbeitsstelle fährt er selber – aber mit dem E-Bike.
Diese positive Entwicklung ließ den Staatsanwalt dann auch auf eine neuerliche Bewährungsstrafe zu plädieren. Zehn Monate auf Bewährung, lautete sein Antrag. In ihrem Urteil blieb Richterin Heiduck noch unter dem Antrag. Sechs Monate, für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt, dazu 3000 Euro Geldauflage zu Gunsten des Tierheims Main-Spessart, lautete ihr Spruch. Mindestens für ein Jahr muss der Verurteilte die begonnene Therapie fortsetzen. "Ich werde auf ihn aufpassen", ließ die damalige Beifahrerin das Gericht beim Verlassen des Sitzungssaales wissen.