Der Allgemeinmediziner Dr. Mario Kunert verlässt zum 31. März aus privaten Gründen das Gesundheitszentrum in Frammersbach. "Urlaubsbedingt ist er bereits jetzt nicht mehr in die Patientenversorgung eingebunden", informiert Christiane Schönfeldt von der Pressestelle des Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) auf Anfrage unserer Redaktion. Der gemeinnützige Verein betreibt das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Lohr und dessen Filiale in Frammersbach.
Derzeit behandelt Dr. Philipp Braun, mit dem Kunert in Frammersbach zusammengearbeitet hat, dessen Patienten mit. Die hausärztliche Versorgung in Frammersbach sei weiterhin sichergestellt. Braun sei nach wie vor im KfH-Gesundheitszentrum tätig. "Daran wird sich auch nichts ändern", schreibt die KfH-Pressesprecherin.
Arbeitsbeginn sofort möglich
Seit Anfang des Jahres sucht das KfH nach einem Facharzt für Allgemeinmedizin/Innere Medizin oder einen Arzt in Weiterbildung zum Allgemeinmediziner/Internisten als Nachfolger für Mario Kunert. In den Anzeigen wird eine Vollzeitstelle mit sofortigem Arbeitsbeginn angeboten. Laut Christiane Schönfeldt gibt es bereits Interessenten. Da die Gespräche noch laufen, könne das KfH dazu aber keine näheren Angaben machen.
Frammersbachs Bürgermeister Christian Holzemer weiß vom anstehenden Weggang Kunerts nach eigener Aussage seit Ende vergangenen Jahres. Der 43-Jährige spricht von einem intensiven Austausch mit dem MVZ. "Mir war wichtig, das Signal zu senden, dass der Standort Frammersbach aufrecht erhalten und gestärkt wird", betont Holzemer. Als gutes Zeichen wertet er, dass die Praxis in der Orber Straße in ein neues Dienstleistungsgebäude in der Wiesener Straße umziehen soll, das gerade gebaut wird.
Die Marktgemeinde bietet ihre Unterstützung bei der Wohnraumsuche für Ärzte an, die ihren Lebensmittelpunkt nach Frammersbach verlegen wollen. Eine finanzielle Förderung sei bisher nicht angedacht, sagt der Bürgermeister. "Falls wir in die Situation kommen, dass das der letzte gangbare Weg wäre, dann muss man über so etwas auch mal im Gemeinderat sprechen. Das war bisher aber noch kein Thema", fügt er an.
Viele Ärzte stehen kurz vor dem Ruhestand
Auch Christian Holzemer sieht die Hausarztversorgung in Frammersbach derzeit "grundsätzlich gewährleistet". Der komplette Kreis Main-Spessart steuere aber auf eine schwierige Situation zu, weil dort viele Hausärzte über 60 Jahre alt seien. "In den nächsten Jahren wird ein enormer Bedarf sein. Da macht man sich natürlich bei jedem Abgang Gedanken und hofft auf eine zeitnahe Nachbesetzung", betont der Bürgermeister.
Die Filiale des Lohrer MVZ in Frammersbach nahm am 2. Januar 2013 ihren Betrieb auf. Anfangs war sie in der Praxis von Hausarzt Josef Schuster untergebracht, der angekündigt hatte, in den Ruhestand zu gehen. Im April 2019 zog das MVZ in die heutigen Räumlichkeiten in der Orber Straße um. Dort hatte Mario Kunert zuvor erst zusammen mit seiner Frau, später dann allein als Hausarzt praktiziert. Kunert wechselte damals von der Selbstständigkeit ins Angestelltenverhältnis.
In Lohr droht eine Unterversorgung
Seitdem arbeitete er gemeinsam mit Internist Philipp Braun im Medizinischen Versorgungszentrum. Dessen Frau, Ruth Braun, ist ebenfalls Internistin und leitet das MVZ in Lohr. "Sie ist derzeit ausschließlich in Lohr tätig, könnte aber in ›Notfällen‹ auch in Frammersbach einspringen", so KfH-Pressesprecherin Schönfeldt.
Dem Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) zufolge droht im Bereich Lohr eine Unterversorgung mit Hausärzten. Das Durchschnittsalter der Hausärzte liegt dort bei 58,5 Jahren. Dr. Christian Pfeiffer ist regionaler Vorstandsbeauftragter für die Hausärzte in Unterfranken bei der KVB, die mit einer Förderung versucht, der drohenden Unterversorgung entgegenzuwirken. "Wer jetzt eine Praxis im Raum Lohr aufmacht oder übernimmt, kriegt Geld bezahlt", erklärt der 54-Jährige.
Regionen konkurrieren
Doch was ist der Grund, dass der Raum Lohr neben dem nördlichen Kreis Schweinfurt in Unterfranken bei der Hausärzteversorgung am schlechtesten dasteht? Einen spezifischen Grund kann auch Pfeiffer nicht nennen. Er weist aber auf die allgemeine Situation in der Gesundheitsversorgung hin: "Da die Regionen untereinander konkurrieren, können Hausärzte derzeit fast überall hingehen, weil sie mit Handkuss genommen werden." Selbst Praxen in Würzburg, die einen Nachfolger suchen, seien zu bekommen. Der ländliche Raum konkurriert also auch mit den Ballungszentren.
Christian Pfeiffer, der in Giebelstadt zusammen mit seiner Frau, seinem Bruder und einer weiteren Ärztin eine Gemeinschaftspraxis betreibt, rät den Ärzten außerdem zur Selbsthilfe. Er kenne Ärzte im Lohrer Bereich, die jüngere Kollegen weiterbilden. Dadurch bestünde die Chance, dass der Nachwuchs in die Praxis mit einsteigt oder beruflich in der Gegend bleibt, betont der 54-Jährige.