Kehrt das Lohrer Rathaus doch wieder zur bis vor wenigen Wochen praktizierten umfangreichen Öffentlichkeitsinformation im Vorfeld von Sitzungen des Stadtrates zurück? Mit dieser Frage muss sich das Gremium in einer seiner nächsten Sitzungen befassen.
Anlass ist ein formaler Antrag der Fraktion des Bürgervereins, der von CSU und FDP unterstützt wird. Ein Ziel ist es, dass die Presse auch weiterhin vor den Sitzungen umfangreiche Infos erhält, um die Öffentlichkeit über anstehende Themen und Entscheidungen informieren zu können.
Seit einigen Wochen neuer Kurs
Genau das ist seit einigen Wochen nicht mehr der Fall. Stattdessen kündigt die Stadt die Tagesordnung nur noch in knappen Schlagworten und ohne Hintergrundinfo an. Für die Öffentlichkeit ist so die Teilhabe an kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen stark erschwert.
Der neue Kurs greift seit Mai. Damals beschloss der neue Stadtrat in seiner konstituierenden Sitzung eine vom Bayerischen Gemeindetag empfohlene Geschäftsordnung. Sie regelt Abläufe rund um den Sitzungsbetrieb. Der Inhalt der neuen Satzung mache es aus Gründen des Datenschutzes unmöglich, im Vorfeld Details zu den Themen der Sitzungen zu verraten, interpretierten Verwaltungsspitze und Bürgermeister Mario Paul die Mustervorlage.
Stadt erntete Widerspruch
Nach der Sitzung ließen Stellungnahmen des Innenministeriums, des Landratsamtes und des Landesbeauftragten für Datenschutz jedoch erkennen, dass diese Aussage so nicht zutrifft. Die Stadt könne selbst entscheiden, in welchem Umfang sie informiere, so das Ministerium. Es gebe kein Gesetz, dass eine umfassende Information verbiete, so das Landratsamt.
Klar ist freilich, dass die Stadt mit den Unterlagen keine Steuer- oder Betriebsgeheimnisse preisgeben darf. Bestimmungen des Datenschutzes verbieten außerdem die Veröffentlichung personenbezogener Daten, beispielsweise Namen und Adresse eines Bauherren. All diese Regelungen gelten freilich schon seit Jahren.
Paul warnte vor zu viel Information
Auch der Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, widersprach der Argumentation der Stadt, wonach der Datenschutz generell die umfangreiche Information der Öffentlichkeit unmöglich mache. Er sagte gegenüber der Redaktion, dass der Datenschutz einer transparenten Verwaltung nicht im Wege stehe. Daraus ließe sich keine Rechtfertigung für "kommunale Geheimhaltungsinteressen" ableiten, sagte Petri.
Diese Aussagen aufgreifend, hatte Franklin Zeitz (Bürgerverein) in der jüngsten Sitzung Bürgermeister Mario Paul aufgefordert, zur früheren Praxis bei der Öffentlichkeitsinformation zurückzukehren. Doch Paul sah dazu keinen Anlass, warnte vielmehr vor einer umfangreichen Information der Öffentlichkeit. Er verwies erneut auf den Datenschutz und die Empfehlung des Gemeindetages.
Klarstellung des Gemeindetages
Doch was sagt der Gemeindetag als Spitzenverband und Interessenvertretung von über 2000 bayerischen Kommunen zu dem Vorgang? Andreas Gaß, Leiter des Referats Kommunalrecht, stellt auf Anfrage der Redaktion klar, dass es in der Formulierung, auf die sich die Stadt beruft, gar nicht um die Informationsweitergabe durch das Rathaus geht.
Vielmehr beziehe sich der Paragraf nur auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen einzelne Ratsmitglieder Infos aus Sitzungsunterlagen weitergeben dürfen. Für Auskünfte des Rathauses gegenüber der Presse sei jedoch nicht das einzelne Ratsmitglied zuständig, sondern der erste Bürgermeister als Behördenleiter und Vorsitzender des Stadtrats.
Es sei grundsätzlich Entscheidung der Gemeinde, in welchem Umfang sie unter Beachtung datenschutzrechtlicher und sonstiger Vorgaben im Vorfeld von Sitzungen die Öffentlichkeit über anstehende Themen informiere, so Gaß.
Manches kürzen oder schwärzen
Wie diese Vorabinformation aussehen könnte, ohne dass sie gegen Bestimmungen des Datenschutzes verstößt, verweist Gaß auf den jüngsten Jahresbericht des Datenschutzbeauftragten. Darin ist zu lesen, dass im Vorfeld von Sitzungen veröffentlichte Unterlagen durch Kürzen oder Schwärzen personenbezogener Daten so anonymisiert werden müssen. Dies bedeute für die Verwaltung einen zusätzlichen Aufwand, sagt Gaß.
Im Fall der Stadt Lohr greift dieser Hinweis jedoch kaum. Schließlich hat das Rathaus mehrfach erklärt, dass es auch künftig Informationen und Unterlagen zu Stadtratssitzungen an die Presse geben will – allerdings nicht mehr vor, sondern erst während der Sitzung. Die enthaltenen Informationen müsste sie also so oder so unter dem Blickwinkel des Datenschutzes überarbeiten.