In knapp 24 Stunden hat Steffen Wiesner aus Hausen die 100 Meilen beim Ultramarathon Taubertal 100 absolviert. Eine hervorragende Zeit für einen Amateur. Erstmals ging er über eine so lange Strecke. Ein Gespräch am Tag danach über seine Erfahrungen.
Steffen Wiesner: Das Gefühl, das Ziel zu erreichen, war unglaublich. Auf den letzten Metern war ich den Tränen nahe, das war unbeschreiblich. Seit gestern habe ich kaum geschlafen. Letzte Nacht habe ich das alles erst einmal verarbeitet. Als ich gestern in das Bad wollte, musste ich eine Treppe nach oben gehen. Auf der Hälfte blieb ich erst einmal sitzen. Heute laufe ich wieder rund, bin aber sehr müde und den Tag auf der Couch gönne ich mir.
Wiesner: Beim letzten Taubertal 100 im Jahr 2019 war ich Führungsradfahrer. Der Veranstalter Hubert Beck suchte damals Radfahrer für seine Läufer. Ich wollte eigentlich selber laufen, konnte das aber aufgrund einer Verletzung nicht. Radfahren war jedoch möglich. Zuerst musste ich danach, als ich wieder fit war, zur Qualifikation 100 Kilometer unter 13 Stunden schaffen. Als mir das gelang, meldete ich mich für dieses Jahr an.
Wiesner: Ich bin eher der langsame Läufer und laufe somit gerne Distanzen ab 20 bis 30 Kilometer. Jede Woche komme ich auf etwa 80 Kilometer. Neben mehreren 24-Stunden-Läufen habe ich in der Vorbereitung auch weitere Trainingswettkämpfe absolviert.
Wiesner: (lacht) Warum? Lieber 50 Kilometer langsam, als zehn in einer schnellen Zeit. Es macht mir einfach Spaß, meinen Körper zu fordern und an die Grenzen zu gehen. Die Ultraläufer sind eine Familie. Unsere Leidenschaft schweißt uns zusammen.
Wiesner: Bis 100 Kilometer bin ich gejoggt, dann nur noch stramm marschiert. Ich hatte Angst, meine Beine machen zu. Bei Kilometer 114 fiel ich in ein psychisches Loch. Kurz vor mir brach ein Läufer ab, den ich nicht mehr motivieren konnte. Meine Frau, die mich über 100 Kilometer mit dem Auto begleitete und immer an den Versorgungsstationen empfing, reichte mir eine Cola. Das trinke ich normal nie. Ich war so unglaublich müde. Bis nach Steinbach, wo mich meine Vereinskollegen empfingen, wollte ich unbedingt kommen.
Wiesner: Das war der Wahnsinn und voll motivierend. Die 25 Kollegen haben mich wieder aufgebaut. Meine Frau hat kurz vorher unsere Tochter ins Bett gebracht, die mich auch immer alle zehn Kilometer anfeuerte. Ein RV-Läufer hat mich drei Kilometer durch Steinbach begleitet. Da habe ich dann Kartoffelbrei gegessen und mich mit meinen Leuten unterhalten. Ich wusste, dass ich jetzt auch in das Ziel komme. In Hofstetten habe ich gemerkt, dass ich unter 24 Stunden laufen kann. So bin ich den letzten Anstieg in Adelsberg dann auch gut hochgekommen. Beim Marathon heißt es, dass die ersten 30 Kilometer mit den Füßen gelaufen werden. Dann läuft der Kopf und am Schluss das Herz – genauso war es jetzt auch bei mir.