Jeder nimmt die Umwelt anders wahr und zieht einen anderen Nutzen aus dem uns umgebenden Ökosystem: Landwirtschaftende und Forstleute sind sich uneinig, wie kritisch der Klimawandel ist; Privatleute erachten die Produktion von Nahrungsmitteln und Holz als relativ unwichtig. Dies und mehr ergab eine Umfrage der Universität Bayreuth im Jahr 2020. Im Forschungsprojekt LandKlif werden Auswirkungen des Klimawandels auf Artenvielfalt und Ökosysteme in Bayern erforscht. Stimmen dazu aus dem Main-Spessart-Kreis.
Robust, ertragreich, wächst gut, schmeckt gut. Dennoch wird die Kartoffelsorte Belana von unseren Äckern verschwinden: Sie verträgt die neuen Wetterextreme nicht – Hitze und Ozon verbrennen die Blätter. In der Landwirtschaft sind neue Sorten relativ schnell gezüchtet; Belana wird in Zukunft ersetzt durch Torenia und Antonia. So einfach ist es im Forst nicht. Hier gibt es weniger Einflussmöglichkeiten und das Leben im Wald misst man in Jahrzehnten; mindestens.
Land- und Forstwirte, Privatleute und Naturschutzfachkräfte; diesen vier Gruppen wurden die Teilnehmenden der Umfrage der Uni Bayreuth zugeordnet. Die Befragten gaben an, wie wichtig ihnen ökologische und wirtschaftliche Aspekte sind und wie sie den Klimawandel wahrnehmen.
Auswirkungen im Forst sind bereits auffällig
Viele Ergebnisse der Umfrage sind erwartungsgemäß: Naturschutzfachkräfte möchten die Natur schützen, Bürgerinnen und Bürger sich dort erholen; beide Gruppen nehmen den Klimawandel als Bedrohung wahr. Die Beschäftigten in Landwirtschaft und Forst sind stark vom Klima abhängig, bewerten jedoch unterschiedlich.
"Es ging bei der Befragung um die Wahrnehmung der Leute, die auf ihrem Gebiet Profis sind”, so Christoph Kirchner vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Karlstadt. Dabei falle schon auf, dass die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Forstleute und den Landwirten groß sei. "Forstleute sehen das kritischer, denn im Forst sind die Auswirkungen jetzt schon hoch”, so Kirchner.
Düngemittel, Pflanzenschutz, Züchtung, Maschinen. In der Landwirtschaft hat man mehr Chancen zu reagieren; die Folgen sind weniger langanhaltend und besser zu korrigieren. "Das könnte der Grund sein, dass man den Klimawandel in der Landwirtschaft gelassener sieht.”
Rebekka Riebl vom LandKlif-Team der Universität Bayreuth sagt, viele der befragten Landwirtinnen und Landwirte mit Waldbesitz sorgten sich im Hinblick auf den Klimawandel mehr um ihren Wald als um ihre Landwirtschaft.
BN: ökologische Aktivitäten höher bewerten
Erwin Scheiner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Main-Spessart sagt: "Im Forst ist es nicht mehr zu leugnen, dass sich eine Klimakatastrophe seit Jahren ankündigt." Er meint, dass der überwiegende Teil der Forstleute der Wissenschaft offen gegenübersteht. Die Landwirtschaft hingegen sei seit Jahrzehnten von der Agrarindustrie getrieben, geprägt und abhängig. "Hier gibt es nur Wachsen oder Weichen”, so Scheiner. Er sieht hier auch eine Verfehlung des Bauernverbandes. Er fordert: "Ökologische Aktivitäten müssen höher gewertet werden als die Flächenprämie." Dies zu ändern sei auch Aufgabe der Landwirtschaftspolitik der EU.
In der Studie zeigt sich auch, dass die Lehre von der Multifunktionalität bei den Forstleute schon lange etabliert ist: Der Wald ist mehr als geldbringender Wirtschaftsfaktor – er erfüllt darüber hinaus wichtige Funktionen in unserem Ökosystem – und dient der Freizeit und Erholung. Dabei ist Bürgerinnen und Bürgern das Erzielen von Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft relativ unwichtig.
Nachvollziehbar, aber falsch, meint Stefanie Holzemer. Sie leitet ein Forstunternehmen in Gemünden. Der Mensch kosumiere die Nahrungsmittel und genieße auch die – erst durch den Menschen geprägte – Kulturlandschaft. "Die gefällt vielen so toll, aber die Wenigsten wissen, warum es bei uns so ausschaut”, sagt sie. Noch dazu erzielten viele Gemeinden Teile ihrer Einnahmen aus dem Forst; das sei den Leuten oft nicht so klar.
Waldwirtschaft denkt in ganz anderen Zeiträumen
In den letzten drei Jahren hat sich das Bewusstsein für den Klimawandel im Forst erheblich erhöht; eine Folge der drei Dürrejahre in Folge. Und: Hier wird in anderen Zeiträumen gedacht und geplant als in der Landwirtschaft. "Wenn der Forstwirt einen Baum pflanzt, pflegt er diesen zwar ein paar Jahre, doch die Ernte wird er kaum noch miterleben”, sagt Holzemer. Man könne zwar auch im Wald mit Selektionen – also anderen Baumarten – experimentieren, doch benötige es Jahrzehnte um die Ergebnisse auswerten zu können.
Nur etwa ein Jahrzehnt hingegen dauert die Züchtung einer neuen Kartoffelsorte. Martin Keller aus Karlburg und seine Familie bauen seit mehreren Generationen Kartoffeln und Wein an. "Bei den allermeisten landwirtschaftlichen Kulturen, wie der Kartoffel, geht alles viel schneller als im Forst”, so Keller. Der Klimawandel erfordert jedoch mehr Bewässerung. Sie wird in der Landwirtschaft immer wichtiger – "durch die langen Trockenperioden in der Hauptwachstumszeit”, so der Kartoffelbauer. Etwa 150 bis 200 Liter pro Quadratmeter benötigt er in diesen Sommern, in denen lange Trockenperioden schon normal sind. Neu sind jedoch die extremen Wetterspitzen mit Hochdruckphasen und Blattverbrennungen. "Das erlebe ich erst seit drei oder vier Jahren”, sagt Keller.
Manche Weinsorte tut sich jetzt schon schwer
Wein ist – ähnlich wie der Wald – eine Investition in die Zukunft. "Einen Weinberg legt man für die nächsten 30 bis 50 Jahre an”, schildert der Karlburger und sei dann gebunden. Die Sorten, die man in den letzten Jahrzehnten pflanzte, kommen mit dem Wetter jedoch schon nicht mehr zurecht. "Der Bachus bekommt Sonnenbrand und auch der Müller-Thurgau bekommt schon Probleme”, berichtet der Landwirt.
Auch in Bezug auf den Standort mischt der Klimawandel die Karten neu: "Karlburg war immer schlechter als Gambach. Heute knallt da drüber voll die Sonne drauf. Uns trifft es nicht ganz so hart”, so Keller. Die Karlburger Lage profitiert sogar: "Heute müssen wir zumindest nicht mehr bangen, ob wir die 80 Oechsle erreichen.”
"Früher habe ich noch gelernt, dass man eine große Laubwand braucht: um die Sonne einzufangen”, sagt Keller. Heute halte man die Laubwand eher niedrig; so verdunstet weniger Wasser. Als letzten Ausweg könne er immer noch den Weinberg umbauen. "Ich kann auf die alten Wurzelstöcke neue Sorten aufpfropfen. Macht Arbeit, aber ich habe sofort wieder Ertrag.”
Bei Bäumen ist dies keine Option. Und darin sind sich Land- und Forstleute einig: Einfluss auf den Klimawandel zu nehmen, das ist kaum noch möglich.
"Glauben heißt nichts wissen" ist hier das passende Zitat, weil der überwältigende Teil der wissenschaftlichen Arbeiten seit über 50 Jahren zum Schluß kommt, daß wir es mit sich ändernden klimatischen Verhältnissen zu tun haben. Und zwar hausgemacht. Die Öl-Lobby hat uns in diesen fünf Jahrzehnte "Sand in die Augen gestreut" und die Klimagutachten, die sie selbst hat erstellen lassen, im Giftschrank eingeschlossen und stattdessen Vertreter zum Leugnen der Ursachen in Talkshows & Co. geschickt um die Menschheit für dumm zu verkaufen. Doch das ist inzwischen alles aufgedeckt worden.
Uns bleibt nur noch der Weg die Folgen des menschlich unvernünftigen Handelns möglichst gut abzufedern und es einzustellen. Umgehend, schnell und: alternativlos. Weil wir sonst unsere Lebensgrundlage grundlegend zerstören. Unwiederbringlich.