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Aschaffenburg
Wie RTL Boris Becker und die 80er Jahre in Aschaffenburg aufleben lässt
Boris Becker ist eine deutsche Sport-Legende. Seinen Weg zum Wimbledon-Triumph erzählt ein RTL-Film. Wie Aschaffenburg für den Dreh zum Leimen der 80er Jahre wird.
Ein wütender Boris Becker, gespielt von Balthazar Zeibig, verlässt den Tennisplatz, begleitet von Vater Karl-Heinz (Thomas Huber). Szene aus dem RTL-Film 'Der Spieler', der derzeit in Aschaffenburg  gedreht wird.
Foto: Thomas Obermeier | Ein wütender Boris Becker, gespielt von Balthazar Zeibig, verlässt den Tennisplatz, begleitet von Vater Karl-Heinz (Thomas Huber). Szene aus dem RTL-Film "Der Spieler", der derzeit in Aschaffenburg  gedreht wird.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:24 Uhr

"Scheiße, Mann, so gewinn ich nie", ruft Balthazar Zeibig über den Platz, als der Ball mal wieder im Netz landet. Wutentbrannt verlässt der 13-Jährige den Tenniscourt. Auf der Anlage des SC Weiß-Blau Aschaffenburg dreht die Kölner Produktionsfirma "Zeitsprung" mit Regisseur Hannu Salonen ("Oktoberfest 1900", "Schuld") im Auftrag von RTL den Film "Der Spieler" über die Jugendjahre des Boris Becker bis zu seinen ersten beiden Wimbledon-Triumphen 1985 und 1986. Zeibig spielt die Tennis-Legende.

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Diese Geschichte vom Jungen aus der Provinz, der als 17-Jähriger sensationell das bedeutendste Tennisturnier der Welt gewinnt, sie hat sich eingeprägt ins nationale Gedächtnis. Und sie hat "Zeitsprung"-Chef Michael Souvignier an dem Projekt gereizt: "Die Becker-Story ist eine deutsche Heldengeschichte, von denen es so viele nicht gibt."

Ein historischer Erfolg: Am 7. Juli 1985 gewinnt der 17-jährige Boris Becker aus Leimen  das Tennisturnier in Wimbledon.
Foto: Schrader, dpa | Ein historischer Erfolg: Am 7. Juli 1985 gewinnt der 17-jährige Boris Becker aus Leimen  das Tennisturnier in Wimbledon.

In Aschaffenburg laufen seit Montag die Dreharbeiten. Die Tennisplätze von Weiß-Blau verkörpern die Anlage im badischen Leimen, dem Heimatort von Boris Becker, in den späten 70er und frühen 80er Jahren. Obwohl ein Spielfilm gedreht wird, soll die Kulisse authentisch sein. So hat die Filmcrew dem Club-Restaurant einen neuen alten Anstrich in hellbraun verpasst, viel dunkles Holz im Innenraum verbaut und ein paar Lampenschirme mit Häkel-Deko aufgehängt. Auf den Tennisplätzen hat man die aktuellen Windschutzplanen durch neutrale Banner ersetzt. "Werbeaufdrucke mit Internet-Adressen und fünfstelligen Postleitzahlen kannte man in den 80ern noch nicht", schmunzelt Weiß-Blau-Trainer Christoph Mayer, der die Filmemacher schon bei den Vorarbeiten unterstützte.

Besuch am Set zum Boris-Becker-Film 'Der Spieler': Hauptdarsteller Bruno Alexander und die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach.
Foto: Thomas Obermeier | Besuch am Set zum Boris-Becker-Film "Der Spieler": Hauptdarsteller Bruno Alexander und die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach.

Wichtiger noch ist, dass die Outfits der Darsteller stimmig sind, egal ob Hauptrolle oder Statist. So einen 70er Jahre Pullunder mit V-Ausschnitt wie ihn Balthazar Zeibig in der erwähnten Szene trägt, ist heute selbst im Second-Hand-Laden nicht so einfach zu bekommen. Kein Wunder, dass eine Produktionshelferin dem 13-Jährigen in einer Essenspause schnell ein übergroßes Herrenhemd vor den Latz bindet. Wäre auch zu blöd, wenn der weiße Pullunder jetzt Flecken abbekäme.

Rotblondes Haar prädestiniert für die Rolle

Zeibig besucht neben dem Gymnasium eine Schauspielschule in Köln. Der 13-Jährige ist bereits kameraerfahren. Für die Rolle des ganz jungen Boris prädestiniert ihn das rotblonde Haar. "Und Tennis habe ich auch schon gespielt", sagt er. Falls der Sport laut Drehbuch hochklassiger werden muss, steht noch Quentin Weissinger bereit. Der Elfjährige, ebenfalls rothaarig, ist ein Tennistalent aus Frankfurt – und als Becker/Zeibig-Double immer dann gefragt, wenn die Ballwechsel etwas anspruchsvoller werden. Den legendären Becker-Hechtsprung hat er auch schon einstudiert. 

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Die Rolle des 16-, 17-jährigen Boris Becker übernimmt Bruno Alexander ("Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"). Der 22-jährige Rotschopf spielt die Hauptrolle im Film, allen voran in den Szenen auf dem  heiligen Rasen von Wimbledon, gedreht vor wenigen Tagen im westfälischen Halle. Dreieinhalb Monate hat sich Alexander mit einem Profi-Trainer auf die Produktion vorbereitet. "Es macht großen Spaß", sagt er. Um sich auf die Rolle einzustimmen, habe er sich unter anderen auch mit Beckers damaligem Trainer Günther Bosch ausgetauscht. Der Tennisstar selbst war für die Filmcrew bislang nicht zu sprechen. Boris Becker einmal zu treffen, vielleicht zur 2022 geplanten Filmpremiere, "das wäre natürlich cool", sagt Hauptdarsteller Alexander.

Freistaat Bayern unterstützt den Film mit 600 000 Euro

Dass der Film zu einem guten Teil in Aschaffenburg entsteht, liegt an der Förderung durch den Film-Fernseh-Fonds (FFF) Bayern: 600 000 Euro aus Steuermitteln erhält das Millionen-Projekt. Im Gegenzug musste sich die Produktion verpflichten, mindestens die anderthalbfache Menge Geld, also knapp eine Million im Freistaat zu investieren und hier zu drehen. Man habe mehrere Tennisanlagen in Bayern besichtigt, sagt Produzent Souvignier. "In Aschaffenburg hat einfach alles gepasst." Eine Entscheidung, die Judith Gerlach freut, wie sie bei einem Pressetermin am Set bekannte. Die bayerische Digitalministerin, die im Kreis Aschaffenburg zuhause ist, verantwortet die Filmförderung als FFF-Aufsichtsratsvorsitzende politisch.

Das Club-Restaurant von Blau- Weiß Aschaffenburg haben die Filmemacher auf die frühen 80er Jahre getrimmt.
Foto: Thomas Obermeier | Das Club-Restaurant von Blau- Weiß Aschaffenburg haben die Filmemacher auf die frühen 80er Jahre getrimmt.

Aschaffenburg passt aber auch deshalb, weil die Weiß-Blau-Anlage zu Beginn der Becker-Karriere schon einmal im Blickpunkt stand. "Auf unserem heutigen Platz 14 stand der 15-jährige Boris 1983 im Finale um die deutsche Jugendmeisterschaft", berichtet Trainer Meyer. Hat er denn wenigstens gewonnen damals? Meyer windet sich: "Es ist ein bisschen peinlich, aber das Endspiel-Ergebnis  haben wir im Vereinsarchiv bislang nicht gefunden."

Aschaffenburger Tennisspieler sind als Komparsen dabei

Der Club-Trainer  ist es auch, der unter den vielen Komparsen, die das Filmteam einsetzt, die Tennisspieler ausgesucht hat. "Gar nicht so einfach", lacht er. "In den 80er Jahren gab's weder feste Zahnspangen noch Undercut-Frisuren." Mit dem 18-jährigen Tom-Luca Jakobs und dem 23-jährigen Niklas Pothorn haben zwei aktuelle Stammspieler von Weiß-Blau kleine Rollen ergattert. "Toll, einfach mal zu erleben, wie so ein Dreh abläuft", freut sich Jakobs, der zusätzlich auch als Fan auf der Tribüne gebucht ist. Pothorn hat den ersten Einsatz schon hinter sich: Die Filmcrew hatte ihn am Wochenende zum Haareschneiden gebeten. Der Student spielt im Film Carl-Uwe Steeb, Beckers Kumpel seit Jugendzeiten, mit dem er 1988 dann gemeinsam den Daviscup gewann.

Gruppenbild mit Komparsen: Balthazar Zeibig, der den ganz jungen Boris Becker spielt, zwischen Niklas Pothorn (links) und Tom-Luca Jakobs.
Foto: Thomas Obermeier | Gruppenbild mit Komparsen: Balthazar Zeibig, der den ganz jungen Boris Becker spielt, zwischen Niklas Pothorn (links) und Tom-Luca Jakobs.

Und dann ist da noch Theresia Fischer. Vor zwei Monaten hätten zwei Männer bei ihr an der Haustür in der Aschaffenburger Blütenstraße geklingelt, erzählt die 80-Jährige. Ihr Haus sei ideal, um das Eigenheim der Familie Becker in Leimen zu verkörpern, hätten die beiden, die sich als Location-Scouts entpuppten, gesagt und gefragt, ob sie es nicht für ein paar Filmszenen zur Verfügung stellen wolle. Sie habe kurz überlegt, sagt Theresia Fischer, "dann aber habe ich gedacht, Du hast schon soviel Blödsinn mitgemacht im Leben, warum eigentlich nicht". Ende der Woche nun rückt das Produktionsteam in der Blütenstraße an. Film-Familie Becker inklusive.      

 
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