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Lohr
Wie Lohr zur Palmenstadt wurde
Die städtische Gartenkolonne hat an der Südtangente zwei Palmen gepflanzt. Das Bild zeigt (von links) die stellvertretende Bauhofleiterin Madeleine Riethmann, Hauptamtsleiter Dieter Daus und Daniel Rossmann, Mitarbeiter der Gartenkolonne, neben einer der Pflanzen der ursprünglich aus Asien stammende Art.
Foto: Johannes Ungemach | Die städtische Gartenkolonne hat an der Südtangente zwei Palmen gepflanzt. Das Bild zeigt (von links) die stellvertretende Bauhofleiterin Madeleine Riethmann, Hauptamtsleiter Dieter Daus und Daniel Rossmann, ...
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 29.05.2024 03:07 Uhr

Im Alten Testament ist das am Westufer des Jordans gelegene Jericho als Palmenstadt bezeichnet. Sollte sich auch das am Westufer des Mains gelegene Lohr mit diesem Titel schmücken? Es wäre womöglich etwas übertrieben.

Allerdings hat sich die Zahl der im öffentlichen Raum wachsenden Palmen in Lohr zuletzt deutlich erhöht: Seit einigen Tagen stehen an der Einmündung der Süd- in die Westtangente zwei der in hiesigen Gefilden doch eher exotischen Pflanzen. Wie es dazu kam und welche Reaktionen es seither gibt, weiß Madeleine Riethman, stellvertretende Leiterin des städtischen Bauhofs und Chefin der Gartenkolonne.

Die beiden Palmen, die an der vielbefahrenen Kreuzung für so manches Aufsehen sorgen, gehören zur Art mit dem wohlklingenden Namen Trachycarpus fortunei, auch Chinesische Hanfpalme genannt. Wie der Name verrät, stammt sie ursprünglich aus Asien. Heute gilt sie jedoch als die in Europa am weitesten verbreitete Palmenart (siehe Hintergrund).

Die Stadt Lohr hatte laut Riethmann bereits vor einigen Jahren einen Versuch mit der Palmenart unternommen, und zwar im Freibad. Das dortige Exemplar gedeihe seither gut. Deswegen habe man sich nun entschieden, zwei weitere der Palmen zu setzen. "Es ist ein Hingucker", sagt Riethmann.

Aktuell rund 1,8 Meter hoch

Mit ihrer Höhe von aktuell rund 1,8 Meter bringen die Palmen ihren Worten zufolge überdies Struktur in die Beete mit der sonst eher niedrigwüchsigen Saisonbepflanzung. Insgesamt zwölf solche Beete legt die Stadt jährlich nach den Eisheiligen im Bereich der Kernstadt neu an. Das Ergebnis in Form üppiger Blütenpracht und -vielfalt erntet seit Jahren immer wieder viel Lob.

Dass heuer unter den Pflanzen auch zwei Palmen sind, hat laut Riethmann nicht unbedingt etwas mit dem Klimawandel zu tun. Die Hanfpalme sei schon seit mehreren Jahrzehnten im Angebot einschlägiger Baumschulen. "Aber es hat sie keiner gekauft", sagt Riethmann. Das habe sich mittlerweile geändert.

Ungewohnt ist der Anblick freilich dennoch. Das ist daran zu erkennen, dass es sofort Reaktionen gab, nachdem die städtische Gartenkolonne die beiden Palmen vor rund zwei Wochen an die Südtangenten-Kreuzung gepflanzt hatte. "Ich hätte nicht gedacht, dass es ein solches Aufsehen gibt", staunt Riethmann noch immer über die Kreise, die der Anblick der Palmen beispielsweise in Lohrer Internetforen zog. Überwiegend seien die Reaktionen positiv gewesen, was sie und ihr Team natürlich freue, sagt Riethmann über die Rückmeldungen, die sie auch über die neun Mitarbeiter der Gartenkolonne erreicht hätten.

Auch im Rathaus schlugen sofort Reaktionen auf, schildert der dortige Hauptamtsleiter Dieter Daus, "durchweg positiv, teils auch erstaunt" seien die Rückmeldungen gewesen. Allerdings sei die Palme vielen Lohrern ja schon aus dem Freibad bekannt. "Dort hat sie sich bewährt", so Daus.

Keine Sorge wegen Winter

Sorge, dass es den Palmen trotz Klimawandels und milderer Winter in Lohr zu kalt sein könnte, hat Rietmann nicht. Zum einen handle es sich um eine als relativ frosthart geltende Art, zum anderen werde man die Pflanzen im Winter etwas schützen. Dazu, so erklärt die Gärtnerin, werde das "Herz", also die Spitze des Stammes, an der die fächerartigen Blätter wachsen, zusammengebunden und mit Kokossäckchen umhüllt.

"15 Grad minus hatten wir auch in den vergangenen Jahren schon", sagt Riethmann mit Blick auf die Palme im Freibad. Die habe auch solche Temperaturen unbeschadet überstanden. Die Palme genüge auch sonst dem Anforderungsprofil der Stadtgärtner an das für die Beete ausgewählte Grün: Sie ist pflegeleicht. Allenfalls müsse man braun werdende Blattspitzen stutzen und ein bisschen düngen, sagt Riethmann.

Wie hoch die Lohrer Palmen werden? Das bleibt abzuwarten. Über die Art heißt es, dass sie zehn und mehr Meter erreichen könne. Die seit einigen Jahren im Freibad stehende Palme wachse jedoch sehr langsam, sagt Riethmann. Laut Daus hat sie bisher allenfalls 30 oder 40 Zentimeter zugelegt. Pro Jahr könne man mit einem Wachstum von zehn Zentimetern rechnen.

Wie geht es nun weiter mit den pflanzlichen Exoten in Lohr? Wie Riethmann sagt, wartet im städtischen Bauhof noch eine weitere der rund zwölf Jahre alten Palmen, die pro Stück rund 350 Euro gekostet haben, auf das Auspflanzen. Sie soll im Stadtgarten ihren Platz finden.

Rund 5500 Pflanzen setzt die Gartenkolonne unter Leitung von Madeleine Riethmann pro Jahr in Beete und Kübel.
Foto: Johannes Ungemach | Rund 5500 Pflanzen setzt die Gartenkolonne unter Leitung von Madeleine Riethmann pro Jahr in Beete und Kübel.

Nicht die einzigen "Exoten"

Dort hat die für Einfallsreichtum und Experimentierfreude bekannte städtische Gartenkolonne schon vor Jahren auch andere eher exotische Pflanzen gesetzt, etwa eine Bananenstaude oder einen Feigen- sowie einen Olivenstrauch. Weitere Palmen sind laut Riethmann in Lohr aber nicht geplant. "Das reicht erstmal". Unterdessen geht die sich jährlich etwa drei Wochen hinziehende Gestaltung der städtischen Pflanzbeete ihrem Ende entgegen. Auch da bemühe man sich stets um Vielfalt, sagt Riethmann, weniger bei den ausgewählten Pflanzen, wohl aber bei deren Farbe.

Insgesamt umfasst die Sommerbepflanzung in der Stadt laut Daus pro Jahr rund 5500 Pflanzen, die zuletzt rund 11.500 Euro kosteten. Neben allen Beeten werden so auch das Alte und das Neue Rathaus, die Stadthalle, das Freibad und Blumenkübel in der Altstadt bepflanzt – auf dass Lohr wenn schon nicht die Palmenstadt, so doch eine blütenreiche Stadt ist.

Chinesische Hanfpalme

Die nun an der Lohrer Südtangente wachsenden Palmen gehören zur Art Trachycarpus fortunei, auch Chinesische Hanfpalme genannt. Deren ursprüngliches Wuchsgebiet liegt in China sowie im Bereich vom nordindischen Himalaya bis nach Nord-Thailand. Es handelt sich dabei also teils um Regionen, in denen auch strenge Winter möglich sind. Die Palme gilt daher als relativ winterhart.
Die Palme wurde vor rund 150 Jahren nach Europa gebracht. Hier gilt sie heute als die am weitesten verbreitete Palmenart mit Vorkommen vor allem im Mittelmeerraum, aber beispielsweise auch in der Schweiz. Vor allem in der Südschweiz kommt sie vor, weswegen sie auch den Beinamen Tessinerpalme trägt.
Dort breitet sie allerdingvs auch in freier Natur stark aus, beispielsweise in Wäldern. Weil die Hanfpalme durch ihre großen Blätter die Verjüngung heimischer Gehölze verhindert, gilt sie in der Schweiz als unerwünschter pflanzlicher Zuwanderer. Grundstückseigentümer sind angehalten, Blütenstände zu entfernen, um ein weiteres Ausbreiten zu verhindern.
Ihren Namen trägt die Hanfpalme wegen der Fasern an ihrem Stamm. Diese wurden früher teilweise verarbeitet, beispielsweise zu Matten.
Quelle: joun
 
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