Im Alten Testament ist das am Westufer des Jordans gelegene Jericho als Palmenstadt bezeichnet. Sollte sich auch das am Westufer des Mains gelegene Lohr mit diesem Titel schmücken? Es wäre womöglich etwas übertrieben.
Allerdings hat sich die Zahl der im öffentlichen Raum wachsenden Palmen in Lohr zuletzt deutlich erhöht: Seit einigen Tagen stehen an der Einmündung der Süd- in die Westtangente zwei der in hiesigen Gefilden doch eher exotischen Pflanzen. Wie es dazu kam und welche Reaktionen es seither gibt, weiß Madeleine Riethman, stellvertretende Leiterin des städtischen Bauhofs und Chefin der Gartenkolonne.
Die beiden Palmen, die an der vielbefahrenen Kreuzung für so manches Aufsehen sorgen, gehören zur Art mit dem wohlklingenden Namen Trachycarpus fortunei, auch Chinesische Hanfpalme genannt. Wie der Name verrät, stammt sie ursprünglich aus Asien. Heute gilt sie jedoch als die in Europa am weitesten verbreitete Palmenart (siehe Hintergrund).
Die Stadt Lohr hatte laut Riethmann bereits vor einigen Jahren einen Versuch mit der Palmenart unternommen, und zwar im Freibad. Das dortige Exemplar gedeihe seither gut. Deswegen habe man sich nun entschieden, zwei weitere der Palmen zu setzen. "Es ist ein Hingucker", sagt Riethmann.
Aktuell rund 1,8 Meter hoch
Mit ihrer Höhe von aktuell rund 1,8 Meter bringen die Palmen ihren Worten zufolge überdies Struktur in die Beete mit der sonst eher niedrigwüchsigen Saisonbepflanzung. Insgesamt zwölf solche Beete legt die Stadt jährlich nach den Eisheiligen im Bereich der Kernstadt neu an. Das Ergebnis in Form üppiger Blütenpracht und -vielfalt erntet seit Jahren immer wieder viel Lob.
Dass heuer unter den Pflanzen auch zwei Palmen sind, hat laut Riethmann nicht unbedingt etwas mit dem Klimawandel zu tun. Die Hanfpalme sei schon seit mehreren Jahrzehnten im Angebot einschlägiger Baumschulen. "Aber es hat sie keiner gekauft", sagt Riethmann. Das habe sich mittlerweile geändert.
Ungewohnt ist der Anblick freilich dennoch. Das ist daran zu erkennen, dass es sofort Reaktionen gab, nachdem die städtische Gartenkolonne die beiden Palmen vor rund zwei Wochen an die Südtangenten-Kreuzung gepflanzt hatte. "Ich hätte nicht gedacht, dass es ein solches Aufsehen gibt", staunt Riethmann noch immer über die Kreise, die der Anblick der Palmen beispielsweise in Lohrer Internetforen zog. Überwiegend seien die Reaktionen positiv gewesen, was sie und ihr Team natürlich freue, sagt Riethmann über die Rückmeldungen, die sie auch über die neun Mitarbeiter der Gartenkolonne erreicht hätten.
Auch im Rathaus schlugen sofort Reaktionen auf, schildert der dortige Hauptamtsleiter Dieter Daus, "durchweg positiv, teils auch erstaunt" seien die Rückmeldungen gewesen. Allerdings sei die Palme vielen Lohrern ja schon aus dem Freibad bekannt. "Dort hat sie sich bewährt", so Daus.
Keine Sorge wegen Winter
Sorge, dass es den Palmen trotz Klimawandels und milderer Winter in Lohr zu kalt sein könnte, hat Rietmann nicht. Zum einen handle es sich um eine als relativ frosthart geltende Art, zum anderen werde man die Pflanzen im Winter etwas schützen. Dazu, so erklärt die Gärtnerin, werde das "Herz", also die Spitze des Stammes, an der die fächerartigen Blätter wachsen, zusammengebunden und mit Kokossäckchen umhüllt.
"15 Grad minus hatten wir auch in den vergangenen Jahren schon", sagt Riethmann mit Blick auf die Palme im Freibad. Die habe auch solche Temperaturen unbeschadet überstanden. Die Palme genüge auch sonst dem Anforderungsprofil der Stadtgärtner an das für die Beete ausgewählte Grün: Sie ist pflegeleicht. Allenfalls müsse man braun werdende Blattspitzen stutzen und ein bisschen düngen, sagt Riethmann.
Wie hoch die Lohrer Palmen werden? Das bleibt abzuwarten. Über die Art heißt es, dass sie zehn und mehr Meter erreichen könne. Die seit einigen Jahren im Freibad stehende Palme wachse jedoch sehr langsam, sagt Riethmann. Laut Daus hat sie bisher allenfalls 30 oder 40 Zentimeter zugelegt. Pro Jahr könne man mit einem Wachstum von zehn Zentimetern rechnen.
Wie geht es nun weiter mit den pflanzlichen Exoten in Lohr? Wie Riethmann sagt, wartet im städtischen Bauhof noch eine weitere der rund zwölf Jahre alten Palmen, die pro Stück rund 350 Euro gekostet haben, auf das Auspflanzen. Sie soll im Stadtgarten ihren Platz finden.
Nicht die einzigen "Exoten"
Dort hat die für Einfallsreichtum und Experimentierfreude bekannte städtische Gartenkolonne schon vor Jahren auch andere eher exotische Pflanzen gesetzt, etwa eine Bananenstaude oder einen Feigen- sowie einen Olivenstrauch. Weitere Palmen sind laut Riethmann in Lohr aber nicht geplant. "Das reicht erstmal". Unterdessen geht die sich jährlich etwa drei Wochen hinziehende Gestaltung der städtischen Pflanzbeete ihrem Ende entgegen. Auch da bemühe man sich stets um Vielfalt, sagt Riethmann, weniger bei den ausgewählten Pflanzen, wohl aber bei deren Farbe.
Insgesamt umfasst die Sommerbepflanzung in der Stadt laut Daus pro Jahr rund 5500 Pflanzen, die zuletzt rund 11.500 Euro kosteten. Neben allen Beeten werden so auch das Alte und das Neue Rathaus, die Stadthalle, das Freibad und Blumenkübel in der Altstadt bepflanzt – auf dass Lohr wenn schon nicht die Palmenstadt, so doch eine blütenreiche Stadt ist.