Unter dem Motto „Wohin in Zukunft? Von unseren Ängsten und unserem Vertrauen“ stand am Wochenende der 14. regionale Kirchentag des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Lohr in Höllrich. Ziel des Treffen sei es auch, Ängste abzubauen und Vertrauen wachsen zu lasse, so die Höllricher Pfarrerin Kathrin Seeliger im Grußwort der eigens aufgelegten Festschrift. Um Ängste ging es auch bei der Podiumsdiskussion im Festzelt. Neben weiteren Programmpunkten stand die Information über kirchliche Einrichtungen beim „Markt der Möglichkeiten“ im Mittelpunkt.
„Es gibt eine Fülle von Ängsten in fast jedem Lebensbereich“, führte als Moderator Christusbruder Christoph Zehendner (Triefenstein) ins Thema ein. Dazu gehöre unter anderem die Angst vor Terrorismus und politischem Extremismus ebenso wie die Angst im Alter zum Pflegefall zu werden. „Viele Menschen um uns herum haben oft Angst vor der allernächsten Zukunft“, bestätigte auch die freie Journalistin Pat Christ (Würzburg), kürzlich erst für ihre sozialkritische Arbeit mit der Verfassungsmedaille in Silber ausgezeichnet.
Die unterschiedlichsten Lebensängste
Pfarrer Jochen Keßler-Rosa vom Diakonischen Werk Schweinfurt verwies auf die Menschen in den Regionen, die in Abfallkörben nach Pfandflaschen suchen und die Angst um ihren Lebensunterhalt haben und so auch in der Vesperkirche dankbar für ein Menü für wenig Geld sind. „In der kirchlichen Seelsorge kommen jeden Tag immer wieder Menschen mit unterschiedlichsten Lebensängsten zu uns“, berichtete Pfarrerin Barbara Hauck, City-Seelsorgerin in Nürnberg. Angst um die eigene Zukunft und die der Kinder seien hier einige der nachvollziehbaren Ängste. In der heutigen Gesellschaft gebe es enormen Erfolgsdruck und die große Angst vor dem Scheitern. Es gehöre großen Mut dazu, sich jemanden mit dieser Angst anzuvertrauen und damit den ersten Schritt zur Hilfe und Unterstützung zu gehen. „Glaube und Angst sind kein Widerspruch“ erklärte Barbara Hauck.
„Aus psychiatrischer Sicht sind Ängste ein gigantisches Thema“, stellte Professor Dr. Dominikus Bönsch, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Lohr fest. Zusätzlich seien Ängste ganz häufig ein Begleitsymptom verschiedener anderer psychischen Erkrankungen. Man erlebe seit einiger Zeit einen unglaublichen Zustrom in die Psychiatrie. Ein großes Thema der Patienten sei dabei die Leistungsgesellschaft, die ihre Vorstellungen und Ziele immer höher und höher schraube und dabei die Menschen an den angelegten Maßstäben scheitern lasse. Ganz oft werde das Thema Angst heute in der Psychiatrie und seltener in der Theologie angegangen. Möglicherweise, weil es zahllose Patienten gebe, die noch nie in Kontakt mit Kirche geraten seien.
Fremdenangst hat sich vergrößert
„Flüchtlinge sind oft aus ganz schlimmen eigenen Ängsten nach Deutschland geflohen und lösen dennoch hier bei den Bürgern Angst aus“, sprach Christoph Zehendner ein weiteres Thema an. Anfangs habe es eine große Hilfsbereitschaft gegeben, stellte dazu Pfarrer Keßler-Rosa fest. Habe sich die Fremdenangst möglicherweise nur deshalb vergrößert, weil in den sozialen Medien und von politischen Gruppierungen immer wieder darauf hingewiesen werde, dass man vor Fremden Angst haben muss, fragte er. „Ängste verbreiten sich leicht und schnell, Vertrauen aufbauen braucht dagegen sehr viel zeit“, so sein Fazit dazu.
Der Dekanatskirchentag startete am Samstagabend mit dem Rockgottesdienst für Jung und Alt und anschließendem Public Viewing des WM–Spieles Deutschland gegen Schweden. Der Sonntag begann mit dem Standkonzert des Bezirksposaunenchors und dem Festgottesdienst mit dem heiligen Abendmahl und der Regionalbischöfin Gisela Bornowski. Während des ganzen Tages konnten sich die Besucher beim „Markt der Möglichkeiten“ informieren.
Zahlreiche Informationsangebote
So standen unter anderem Pfarrer Thomas Schweizer und Gabi Rösch für Fragen zum Thema Notfallseelsorge zur Verfügung. Vom Caritasverband des Landkreises informierten Anna-Lena Stula und Marcus Michler über die Flüchtlingshilfe. Die Mission „Eine Welt“ stellte Partnerschaften nach Tansania vor und am großen Büchertisch gab es große Auswahl zum Thema des Kirchentages. Vertreten waren auch der Gideonbund, die Schulseelsorge, die evangelische Jugend und der CVJM. Die evangelische Jugend gestaltete auch den eigenen Dekanats-Kindertag mit Angeboten wie Kinderschminken, Dosenwerfen mit der Kübelspritze oder Basteln.
Das Evangelisch-Lutherische Dekanat Lohr umfasst auf einer Fläche vor rund 1500 Quadratkilometern 22 Kirchengemeinden mit 14 Pfarrämtern.