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Fellen
Wie Jan aus Fellen in bunten Bildern seine Erlebnisse verarbeitet
Der gehandicapte 38-Jährige hat zu seinen vielen Hobbies ein weiteres entdeckt und erfreut Familie und Freunde mit seinen Werken. Oft sitzt er Stundenlang an einem Bild.
In seinem coronabedingten „Homeoffice“ hat der gehandicapte Jan Gerlach das Malen für sich entdeckt. 70 „Kunstwerke“ hat er bereits gefertigt.
Foto: Jürgen Gabel | In seinem coronabedingten „Homeoffice“ hat der gehandicapte Jan Gerlach das Malen für sich entdeckt. 70 „Kunstwerke“ hat er bereits gefertigt.
Jürgen Gabel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:28 Uhr

Konzentriert sitzt der 38-jährige Jan Gerlach am Küchentisch und arbeitet an seinem aktuellen Gemälde. Gezielt wählt er einen anderen Buntstift aus, um der ausgewählten Figur die passende Haarfarbe, Ohrring, das Outfit oder gar den aktuellen Mundschutz zu verpassen. Überhaupt spielen Menschen auf seinen „Kunstwerken“ eine große Rolle – und alle lächeln.

Jan Gerlach ist ein besonderer Mensch: Mit vier Jahren erlitt er einen Impfschaden und nach zweijährigem Krankenhausaufenthalt blieb die brutale Diagnose: Lennox-Gastaut-Syndrom, eine schwer behandelbare Epilepsie mit geistiger Behinderung. Doch seine Eltern Hilde und Manfred Gerlach, Bruder Simon und nicht zuletzt er selbst stellen unter Beweis, dass ein Leben in gelebter Inklusion gelingen kann.

Corona bedeutete eine Umstellung

In „normalen Zeiten“ arbeitet Jan in den Mainfränkischen Werkstätten in Gemünden. Er freut sich bereits auf das im Bau befindliche neue Domizil in Neuendorf. Aufgrund seines implantierten „Hirnschrittmachers“ ist er anfällig für Lungenerkrankungen. Als Vorsichtsmaßnahme entschieden Ärzte, Erzieher und Eltern zu Beginn der Corona-Pandemie im Februar 2020 den Besuch der Werkstätten auszusetzen. Doch Langeweile hat Jan eigentlich nie. Zahlreich sind seine Hobbys und Interessen.

Den Besuch bei seiner Lieblingsfriseurin Sophia hat „Künstler“ Jan auf ein Bild gebannt.
Foto: Jürgen Gabel | Den Besuch bei seiner Lieblingsfriseurin Sophia hat „Künstler“ Jan auf ein Bild gebannt.

Wie seine Eltern berichten, entdeckte Jan gleich in den ersten Wochen daheim das Malen für sich und hat einen riesigen Spaß damit. Seit mehr als 30 Jahren hatte er keinen Buntstift oder Pinsel angefasst. Schon die ersten Ergebnisse seiner Malkunst beeindruckten Eltern und Freunde. Gerne integriert er Vögel und Hasen in seine Kunstwerke, erklärt Mutter Hilde.

Von Bild zu Bild die Technik verbessert

Während Jan anfangs mit der Anordnung der Finger seiner „Männchen“ auf dem Bild Probleme hatte, verbesserte sich monatlich die Maltechnik; er arbeitet Details und Accessoires sowie Finessen aus seiner Sichtweise ein. Fast auf allen seiner nunmehr rund 70 Bilder ist eine strahlende Sonne zu sehen und viele Farben geben Jans Gemütszustand wider. Nicht eine einzige Fläche der DIN A 2 oder 3 großen Bildern bleibt unbearbeitet. Trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung sitzt der „Künstler“ mit einer Engelsgeduld täglich stundenlang an seinem Werk. Diese innere Ausgeglichenheit merkt man Jan deutlich an und oft übermannen ihn seine Glücksgefühle: „Papa, ich habe das allerschönste und glücklichste Leben auf der Welt“.

Jan, der in seinem Heimatort eine Institution ist, verschenkt inzwischen Bilder an seine besten Freunde. Nicht nur sein Elternhaus hat sich zu einer Kunstausstellung gemausert, auch ein Bildkalender zu Weihnachten fasst seinen Malerfolg zusammen. Die Resonanz auf seine Gemälde geht soweit, dass Jan beim Einkaufen in Burgsinn darauf angesprochen wird. Sein Bruder Simon hat gar einen Instagram-Account unter dem Namen „Jan Gogh“ eingerichtet, in welchem er immer wieder Bilder einstellt.

Auch den "Weißen Sonntag" festgehalten

Lieblingsbilder sind „Tiere der Arche Noah“, „Besuch in der Metzgerei“, beim Drachensteigen, auf der Kegelbahn, beim Pilze suchen, auf der Straße, beim Friseur oder Bilder aus dem Bereich des Sports. Absolute Highlights sind natürlich die Bilder von seinem Fußballspiel zum 30. Geburtstag oder jüngst der „Weiße Sonntag in der Fellener Kirche“.

Neben seinen zahlreichen Hobbys wie Angeln, Fußball als Torwart bei den Alten Herren, Fan des FC Bayern und seiner DJK, Musik oder die Jagd hat Jan sein Faible für ein sauberes Dorf entdeckt: Mit Greifzange und Eimer bewaffnet pickt er Zigarettenkippen, Kaffeebecher oder Papierfetzen auf. Ab Ende Juni besucht er wieder seine Mainfränkische Werkstatt und die Eltern dürfen etwas verschnaufen…

 
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