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Marktheidenfeld
Wie Imker auf Norderney varroatolerante Drohnen züchten
Der Leiter der Bienenbelegstelle, Detlef Ottersbach (links), begutachtet mit Claus Roth ein Ein-Waben-Kästchen, mit dem Königinnen zur Belegstelle versandt werden.
Foto: Ernst Dürr | Der Leiter der Bienenbelegstelle, Detlef Ottersbach (links), begutachtet mit Claus Roth ein Ein-Waben-Kästchen, mit dem Königinnen zur Belegstelle versandt werden.
Ernst Dürr
Ernst Dürr
 |  aktualisiert: 18.03.2019 02:11 Uhr

Einen interessanten Einblick in die Arbeit der Inselbelegstelle Norderney gab Leiter Detlef Ottersbach am Mittwochabend im Hotel Schöne Aussicht vor rund 30 Imkern aus dem Raum Marktheidenfeld.

Eine Belegstelle ist ein Aufstellungsort für junge Bienenköniginnen und Drohnen derselben Rasse zur gezielten Zucht von Honigbienen. Dort werden kleine Begattungsvölker mit jeweils rund 1000 Arbeiterinnen und einer unbegatteten Bienenkönigin aufgestellt. Von hier aus unternimmt die Bienenkönigin in bis zu drei Wochen ihre Hochzeitsflüge zu Drohnensammelplätzen, wo sich in etwa zehn Metern Höhe bis zu 20 000 Drohnen sammeln.

Während des Fluges wird jede Bienenkönigin nur von etwa 15 Drohnen begattet. In einiger Entfernung werden dazu Vatervölker derselben Rasse aufgestellt, die mit vielen reinrassigen Drohnen einer bestimmten genetischen Herkunft für positive väterliche Erbanlagen sorgen. Idealerweise werden die Belegstellen durch einen bienenfreien Schutzgürtel mit einem Radius von mindestens sieben Kilometern geschützt, in dem keine anderen Völker und Bienenrassen vorkommen dürfen. Somit wird sichergestellt, dass keine unerwünschten Drohnen die Königin begatten und die Zuchterfolge negativ beeinflussen.

2600 Königinnen werden pro Jahr begattet

Inselbelegstellen wie auf Norderney sind durch ihre isolierte Lage im Meer besonders sicher und bieten einen optimalen Paarungsraum für Bienen. Ohne menschliches Zutun wären die Nordseeinseln eigentlich  bienenfrei, denn die Tiere scheuen das Wasser und würden den Weg über das Wattenmeer nicht freiwillig nehmen, zumal es auf der Insel kaum Trachtpflanzen gibt.

Hans-Joachim Blum aus Karbach, Vorsitzender des Imkerkreisverbands Main-Spessart-West, und Matthias Väth, Vorsitzender des Imkervereins Esselbach, testen den auf Norderney produzierten Strandfliederhonig.
Foto: Ernst Dürr | Hans-Joachim Blum aus Karbach, Vorsitzender des Imkerkreisverbands Main-Spessart-West, und Matthias Väth, Vorsitzender des Imkervereins Esselbach, testen den auf Norderney produzierten Strandfliederhonig.

Auf Norderney erfolgt die Reinzucht der Carnica-Biene, der Rasse, die in Deutschland am häufigsten gehalten wird. Die Inselbelegstelle hat einen guten Ruf, sodass Imker aus ganz Deutschland und den Nachbarländern Bienenköniginnen zur Begattung dorthin schicken, berichtete Ottersbach. Rund 2600 Bienenköniginnen aus ganz Europa werden jährlich dort begattet. Bunt angemalte Belegkästchen zieren die Dünenlandschaft um die Gebäude der Belegstelle.

Neben der Reinzucht auf erwünschte Eigenschaften wie Honigleistung, Sanftmut, Winterfestigkeit, Volkstärke oder Schwarmverhalten hat die Beliebtheit der Inselbelegstelle damit zu tun, dass die Drohnenvölker Eigenschaften vererben, die den Bienenvölkern bei einem Schädling helfen, mit dem Imker überall zu kämpfen haben, der Varroamilbe. Auf Norderney befindet sich seit dem Jahr 2005 eine so genannte Varroa-Toleranzbelegstelle. Die Milbe wirkt als Varroa destructor bei Bienen dem Namen nach zerstörerisch. Der Parasit saugt die Bienen förmlich aus. Die Varroa gilt daher neben schädlichen Umwelteinflüssen als einer der Hauptverursacher des Bienensterbens. Die Tiere können sich gegen die Milbe bisher nicht allein helfen, Imker müssen sie unterstützen. Ein schonendes Mittel gibt es nicht.

Drohnen werden immer resistenter gegen die Varroamilbe

Die Behandlung muss jedes Jahr aufs Neue durchgeführt werden. Der einzig erfolgversprechende Weg ist die Zucht varroatoleranter Bienenvölker. Das sind Bienen, die genetisch besonders stark in der Abwehr der Milben sind. Der Weg dahin ist eine kontrollierte Vermehrung. Dazu befinden sich auf Norderney nur Drohnen, die eine starke Widerstandskraft gezeigt haben. Die Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht, der Ottersbach angehört, versucht, den natürlichen Ausleseeffekt unterschiedlich anfälliger Völker zu nutzen. Die etwa 35 Drohnenvölker auf der Insel werden einer ständigen Konfrontation mit dem Parasiten ausgesetzt, indem sie nicht oder nur eingeschränkt gegen ihn behandelt werden.

Üblich und notwendig sind bei Imkern sonst Anti-Varroa-Mittel wie Ameisensäure oder Oxalsäure. Auf Norderney wird eine deutliche Befallsentlastung der Drohnenvölker lediglich durch eine einmal jährlich vorgenommene vollständige Entnahme aller Brutwaben erreicht, in denen sich die Varroa-Milben vermehren. Als Folge des ständigen Varroadrucks werden nur Drohnen aus den widerstandsfähigsten Völkern erzeugt. Durch die seit Jahren erfolgte Auslese werden die Drohnen immer resistenter und vererben diese Eigenschaft über die begatteten Königinnen weiter. Claus Roth, Vorsitzender des Imkervereins Marktheidenfeld, dankte dem Referenten für seinen informativen Vortrag. "Beste Vorbereitung bringt beste Ergebnisse", meine Roth im Blick auf die detaillierten Anleitungen Ottersbachs, wie Imker am sichersten ihre Bienenkönigin zum Versand in den sogenannten Ein-Waben-Kästchen vorbereiten können.

Der Kontakt zum Belegstellenleiter war über die Hafenlohrer Imkerin Trixi Hein-Schmid zustande gekommen, die ebenfalls in der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht aktiv ist, dort mehrere Züchterlehrgänge absolviert hat und als Prüferin für Königinnen tätig ist. Sie ist überzeugt, dass es möglich sein wird, über die Auslese bei der Varroatoleranzzucht den Bienen gegen die Milbe zu helfen und ohne Chemie auszukommen. Bestätigt fühlt sie sich dadurch, dass es inzwischen Völker gibt, die ohne Behandlung durch den Winter kommen.

 
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