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KARLSTADT
Wie geht es mit dem Krankenhaus weiter?
Seit 1. Oktober ist das Karlstadter Krankenhaus geschlossen. Der Kreistag hatte eine medizinische Nachnutzung versprochen.
Foto: Vera Kuhn | Seit 1. Oktober ist das Karlstadter Krankenhaus geschlossen. Der Kreistag hatte eine medizinische Nachnutzung versprochen.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:32 Uhr

„Wir sind dem Landkreis eigentlich einen Schritt voraus“, stellte Stadtrat Manfred Goldkuhle in der Karlstadter Stadtratssitzung am Donnerstag fest. Denn anders als im Kreistag hatten die beiden miteinander konkurrierenden Modelle für eine medizinische Nachnutzung des Karlstadter Krankenhauses die Chance, sich am selben Abend demselben Gremium vorzustellen.

Zur Erinnerung: Die im Juni gegründete „Gesundheitszentrum Karlstadt GmbH“ hat dem Landkreis angeboten, das Gebäude zu kaufen. Das Klinikum Main-Spessart hat mittlerweile einen eigenen Vorschlag zur weiteren Verwendung des Hauses unterbreitet.

„Campus der Generationen“

Diesen Vorschlag ließ Klinikreferent Gregor Bett im Wesentlichen vom Karlstadter Architekten Alfred Wiener vortragen. Hier in Kurzfassung das, was bereits Ende September vorgestellt worden war:

Das ehemalige Krankenhaus und sein Umfeld sollen zum „Campus der Generationen" werden. Man würde die Gebäude der Caritas und des nicht barrierefreien Gesundheitsamts abreißen und dort einen Erweiterungsbau des Altenheims mit zusätzlichen Zimmern errichten.

Das Krankenhaus selbst soll nach dem Konzept künftig den Titel „Zentrum für Familiengesundheit“ tragen. Die Caritas könnte hier einen Teil des Gebäudes übernehmen. Die Erziehungsberatung und der Hospizverein könnten einziehen. Bis zum Neubau in Lohr 2023/2024 wären hier noch die Räume der Klinikverwaltung. Danach könnten auch sie zu Arztpraxen werden und die bisherigen sechs Arztpraxen ergänzen. Die Uniklinik Würzburg habe Interesse, eine Institutsambulanz für Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter zu betreiben.

Später könnten auch noch ein Gebäude für selbstbestimmtes Wohnen im Alter und eine Kindertagesstätte hier entstehen.

Ambulantes Ärztehaus

Und in Kurzfassung das Konzept der „Gesundheitszentrum Karlstadt GmbH“: Ziel sei es, das Karlstadter Krankenhaus als ambulantes Gesundheitszentrum beziehungsweise Ärztehaus zu betreiben. 14 bis 15 Ärzte seien bereit, sich in das Gebäude einzumieten, sagte Alexander Weigand, Geschäftsführer der Beethovengruppe Würzburg. Es sei davon auszugehen, dass sich Heilnebenberufler wie Physiotherapeuten, Logopäden und andere anschließen werden. Er merkte an, das Altenheim werde sich auch ohne einen Abriss des Gesundheitsamts und der Caritas erweitern lassen.

Der Zellinger Arzt Dr. Johannes Kromczynski, der dieses Konzept mitträgt, ergänzte, seine Praxis sei Ausbildungspraxis der Uniklinik Würzburg. Er kenne die Denkweise junger Ärzte. Diese würden einen geregelten Arbeitstag bevorzugen und seien froh, wenn sie zusammen mit anderen Ärzten Synergien nutzen können – beispielsweise bei neuen Vorschriften oder in Verwaltungsfragen. Das Ärztehaus würde den Grundstock dafür bilden, die Facharztpraxen in Karlstadt zu halten.

Kromczynski warnte, jederzeit könne zum Beispiel einer aus Nürnberg einen Facharztsitz aus Karlstadt abkaufen. Und die Chirurgen Luther und Döring würden Karlstadt inzwischen als Zweigpraxis betreiben. Kromczynski: „Wir müssen sehen, dass wir die Fachärzte hier halten.“

Martin Kütt betonte als Mitarbeiter der Beethovengruppe, man sei darauf eingestellt, auch das Gesundheitsamt aufzunehmen, sollte der Platz für eine Erweiterung des Altenheims benötigt werden. Solange nötig, könne auch auch die Kreisklinikverwaltung in dem Haus bleiben und die Küche fürs Altenheim weiterbetrieben werden.

Bett wird bewerten

Klinikreferent Bett erklärte zu den beiden Konzepten, er hat den Auftrag, beide finanziell zu bewerten. Für das kreiseigene Konzept sollen die Kosten noch ermittelt werden.

Armin Beck (Grüne) kritisierte, er finde es intransparent, wenn derselbe die Bewertung zweier Konzepte vornehmen soll, der eines davon selbst entwickelt hat. Gregor Bett verwies darauf, dass der Kreistag dies so beschlossen habe.

Beck bezweifelte auch, dass die Klinikverwaltung parallel zum Neubau in Lohr es schultern kann, das eigene Konzept in Karlstadt gut funktionierend umzusetzen. Gregor Bett hielt ihm entgegen, er habe 1200 Mitarbeiter. Becks Kollegin Anja Baier fragte nach der Finanzierbarkeit des „Campus der Generationen“. Auch hier verwies Bett auf den Kreistag. Es werde demnächst belastbare Zahlen geben.

Grünen-Stadtrat Gerhard Kraft sprach davon, für ihn sei die Finanzierung undenkbar. Er gehe von einem zweistelligen Millionenbetrag aus. „Wir wollen eine unmittelbare, zeitnahe medizinische Nachnutzung des Gebäudes. Seit 30. September ist das Krankenhaus geschlossen. Wann wird die medizinische Nachnutzung umgesetzt?“

„Wir sind ein gebranntes Kind“

Wilhelm Glück (SPD) sagte, das Konzept von Bett und Wiener enthalte nichts Substanzielles. In dem Vorhaben der Beethovengruppe dagegen erkenne er die medizinische Nachnutzung. Seine Parteigenossin Martha Bolkart-Mühlrath fügte hinzu: „Wir sind ein gebranntes Kind in Karlstadt. Ich habe kein großes Vertrauen mehr in den Landkreis.“ Ihr gehe es darum, Fachärzte für Karlstadt zu bekommen und hier zu halten.

Manfred Goldkuhle sieht Chancen für beide Konzepte. Es müsse konkretisiert werden, was mit der Caritas-Sozialstation und dem Gesundheitsamt passiert. Karlstadt wolle zeitnah Ergebnisse sehen. Und beide Konzepte werden sich an der Finanzierbarkeit messen lassen müssen.

Als einziger Vertreter der Freien Wähler meldete sich Sebastian Kunz zu Wort. Er vertrat die Ansicht, der Stadtrat müsse sich zwischen dem Konzept A und B entscheiden. Dem hielt Michael Hombach entgegen: „Wir können auch bestimmen, was für Karlstadt das Beste ist. Das können auch die Sahnehäubchen sein.“

Arbeitsgruppe nach Weihnachten

Bürgermeister Paul Kruck betonte, nicht der Karlstadter Stadtrat werde entscheiden, welches Konzept umgesetzt wird. Dafür sei der Kreistag zuständig. Sein Vorschlag lautet: Nach der Winterpause soll eine Arbeitsgruppe gegründet werden, die später eine Empfehlung an den Kreistag abgibt.

 
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