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Laudenbach
Wie es im Steinbruch in Mühlbach zu drei Todesfällen kam
In früheren Zeiten war die Arbeit beim Zementwerk besonders schwer und gefährlich. In den 1950er Jahren kamen etliche technische Verbesserungen.
Arbeiter im Steinbruch in Mühlbach. Das Jahr der Aufnahme ist unbekannt.
Foto: Sammlung Gerhard Kralik | Arbeiter im Steinbruch in Mühlbach. Das Jahr der Aufnahme ist unbekannt.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:27 Uhr

Wie Fotos aus dem beginnenden 20. Jahrhundert zeigen, war die Arbeit im Steinbruch des Zementwerks Schwenk brutalste körperliche Schinderei. Männer mit Schürzen – offenbar um die Hosen zu schonen – stehen mit Schaufeln im stufenartig abgebauten Gesteinshang. Im Jahrbuch der Geschichtswerkstadt Karlstadt ist von 184 Steinbruch-Arbeitern im Rekordjahr 1920 die Rede, die teilweise bis von Urspringen, Wiesenfeld oder Bonnland mit dem Fahrrad kamen, um nach zehn Stunden Arbeit wieder nach Hause zu strampeln.

Steinbruch-Arbeiter 1907.
Foto: Archiv Schwenk | Steinbruch-Arbeiter 1907.

Diese Zahl zeigt, wie viel menschliche Arbeitskraft damals im Spiel war. Zugleich war Steinbrucharbeit gefährlich. In keiner Chronik zu finden sind drei tödliche Unfälle, die sich aber tief ins Gedächtnis eines älteren Laudenbachers eingegraben haben, der Anfang der 1950er Jahre seine Lehrzeit im Zementwerk begann:

1956 war dieser Elektrobagger Menck C 250 im Steinbruch im Einsatz. Er arbeitete über Seilzüge, ohne Hydraulik. Unten an der Seite die Kabeltrommel.
Foto: Archiv Schwenk | 1956 war dieser Elektrobagger Menck C 250 im Steinbruch im Einsatz. Er arbeitete über Seilzüge, ohne Hydraulik. Unten an der Seite die Kabeltrommel.

Ein Arbeiter wollte kurz vor einer Sprengung einen Bagger retten. Doch zu spät, er wurde samt Bagger unter der herabstürzenden Steinwand begraben. Ein anderer bediente die Kabeltrommel des Elektrobaggers. Als er das Kabel aufwickeln wollte, schwenkte der Bagger und quetschte den Bediener zwischen der Kabeltrommel und dem hinteren Teil des Führerhauses ein. Beim dritten Todesfall wollte ein Arbeiter an einem Lastwagen etwas an der Kippvorrichtung reparieren. Der Kipper klappte herunter und erdrückte ihn.

"Der Schmied härtete die Bohrspitzen"

Der Laudenbacher schildert die Arbeit, wie er sie in den 1950er Jahren selbst erlebt hat. Die 30 Millimeter starken Sprenglöcher wurden mit Handbohrmaschinen gebohrt. Diese wurden mit Druckluft betrieben. In der Werkstatt, die sich dort befand, wo heute das Förderband beginnt, stand der zentrale Kompressor.

Das Salzgitter-Waagerecht-Bohrgerät war ein Fortschritt für die Arbeit im Steinbruch. Die Aufnahme stammt von 1958.
Foto: Archiv Schwenk | Das Salzgitter-Waagerecht-Bohrgerät war ein Fortschritt für die Arbeit im Steinbruch. Die Aufnahme stammt von 1958.

Von dort aus waren  Metallrohre – zehn Zentimeter und sechs Zentimeter stark – für die Druckluft im Steinbruch verlegt. Diese Rohre waren miteinander verschraubt. "Die Dichtungen für die Kupplungen haben wir selbst geschnitten. Manchmal gab es undichte Stellen. Dann mussten wir die ganze Leitung abgehen und die Stellen suchen." Der Kompressordienst begann schon um 5.30 Uhr, also eine halbe Stunde vor der ersten Schicht. Der Laudenbacher erinnert sich noch genau an die Maße der Bohrlöcher: "Die konnten mit einer Tiefe von 60, 80, 100 und 200 Zentimetern gebohrt werden. Befüllt wurden sie mit 25 Millimeter starken Patronen mit Sprengstoff."

Die Bohrer waren ohne Widea, also ohne Hartmetallspitze, berichtet er. "Der Schmied härtete die Bohrspitzen." Innen waren die Bohrer hohl, damit Luft hindurchströmen und das Bohrmehl aus dem Bohrloch austreiben konnte – und somit natürlich auf den Arbeiter zu. Der Laudenbacher: "Die Leut' ham ausgesehn." Arbeitsschutz wie Maske oder Gehörschutz gab es nicht.

Der letzte Gleiseinsatz war 1958. Dann kamen die Lastwagen. Im Hintergrund der alte Steinbruch, der gerade mit Abraum rekultiviert wird. Oben auf dem Gutsberg der Schachtbrennofen.
Foto: Archiv Schwenk | Der letzte Gleiseinsatz war 1958. Dann kamen die Lastwagen. Im Hintergrund der alte Steinbruch, der gerade mit Abraum rekultiviert wird. Oben auf dem Gutsberg der Schachtbrennofen.

Ungefähr 30 solche Löcher waren für eine Sprengung nötig. Dabei entstand im Steinbruch eine stufenartige Struktur. "Nach dem Sprengen wurde die Bank mit der Schaufel abgeräumt", erzählt der Laudenbacher. Manchmal banden sich die Arbeiter in Seile ein. Die Steinbrocken mussten teilweise nach dem Sprengen noch zerkleinert werden. Dann wurden sie mit dem Elektrobagger verladen. Es handelte sich um Seilzugbagger ohne Hydraulik, bei dem die Position des Arms und des Löffels mit Seilen verändert wurde.

Gleise und Kabel im Steinbruch verlegt

Der Laudenbacher berichtet von Sattelwagen, die für den Transport des Gesteins verwendet wurden. Beim Öffnen der Seitenwände rutschte das Gestein rechts und links vom Wagen heraus und fiel in den Trichter des Brechers, wo das Gestein zerkleinert wurde. Fotos von damals zeigen auch andere Wagentypen. Vorne angespannt war eine Diesellok. Eine solche stand übrigens etliche Jahre zur Erinnerung am Verwaltungsgebäude des Zementwerks in Karlstadt. Inzwischen ist sie im Feldbahnmuseum in Frankfurt. Immer wieder mussten die Gleise neu verlegt werden – bis hin zum jeweiligen Einsatzort des Baggers. An diesem war eine Kabeltrommel angebaut für das Stromkabel, das ebenfalls im Steinbruch verlegt wurde. 

1951/52 war das erste Bohrgerät in den Steinbruch gekommen. Damit wurden nun Löcher mit 90 Millimetern Durchmesser gebohrt. Während heute nur 15 Meter hohe Sprengungen stattfinden, gab es Phasen, in denen 100 Meter hohe Wandstücke abgesprengt wurden.

Abenteuerlich wirken die Gleise, auf denen die Steintransporte fuhren. Die Aufnahme stammt von 1955.
Foto: Archiv Schwenk | Abenteuerlich wirken die Gleise, auf denen die Steintransporte fuhren. Die Aufnahme stammt von 1955.
 
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