Der Abbau von Rohstoffen im Tagebau ist zunächst ein schwerer Eingriff in die Natur. Dass dadurch langfristig neue Lebensräume entstehen, die der Artenvielfalt in der Natur durchaus förderlich sein können, verdeutlichte ein Vortrag an der Marktheidenfelder Volkshochschule. Rund 30 Zuhörer verfolgten die Ausführungen des Vorsitzenden der Kreisgruppe Main-Spessart des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), Hartwig Brönner, aus Lohr und des Werksleiters von HeidelbergCement in Lengfurt, Michael Becker, über ihre mehrjährige Zusammenarbeit.
HeidelbergCement ist an 3030 Standorten in 60 Ländern der Welt vertreten und betreibt konzernweit etwa 160 Zementwerke. In Lengfurt wird der Baustoff seit 1899 hergestellt. Becker erläuterte den Weg der Produktion auf den drei Ebenen der Anlagen vom Steinbruch bis hinunter zum Main. Er betonte die Bedeutung und die chemische Zusammensetzung des Zements und die Funktion der riesigen Kugelmühlen und Öfen zum Klinkerbrennen aus dem abgebauten Kalkstein.
Der Werksleiter betonte, dass in den vergangenen vier Jahren rund 50 Millionen Euro in die Umwelt- und Anlagentechnik des Standorts investiert wurden, um den hohen gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Dabei spielte vor allem auch eine effektive Entstickung der Luftemissionen aus dem Brandprozess eine Rolle, bei der auch Kunststoffreste, Altöle, Lösungsmittel und Altreifen als Sekundärbrennstoffe zum Einsatz kommen.
Nachdem im Jahr 1995 der Tagebau im Steinbruch "Locksberg" eingestellt wurde, bietet die ursprüngliche Gewinnungsfläche "Homburger Höhe" noch Perspektiven für fünf weitere Jahrzehnte.
Hartwig Brönner ging im zweiten Teil des Vortags "Steinbrüche - Rohstoffgewinnung und Naturerlebnisraum" auf die aus seiner Sicht ungewöhnlich enge und erfolgreiche Zusammenarbeit des Naturschutzverbands LBV mit dem Lengfurter Industrieunternehmen bei umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen ein. Dabei böten selbst aktive Abbauflächen schon neue Lebensräume für seltene Arten, etwa für Amphibien oder Felsbrüter wie beispielsweise den Wanderfalken.
Es dürfe nicht das Ziel sein, alle Tagebauflächen zu verfüllen und sie neuen Nutzungen, etwa in der Landwirtschaft, zuzuführen. Vielmehr böte sich die Chance, mit offenzuhaltenden, naturnahen Biotopflächen wie im einstigen Tagebau "Locksberg" Lebensräume für seltene Tier- und Vogelarten sowie Pflanzen zu schaffen. Brönner wies unter anderem auf die Heidelerche, den Flussregenpfeifer, die rotflüglige Ödlandschrecke oder die Gelbbauchunke hin.
Durch die wachsenden Trockenheitsperioden seien in Zusammenarbeit mit dem Zementwerk auch wasserbauliche Maßnahmen zur Pflege erforderlich. Im Bereich des stillgelegten Tagebaus und seiner umliegenden, biologisch wertvollen Streuobst- und Magerrasenflächen habe man bis zu 40 Libellenarten nachweisen können. Von über 60 beobachteten Vogelarten seien 22 auf der Roten Liste als bedroht verzeichnet. Seltene Orchideen konnten einen neuen Lebensraum finden, wie auch Zauneidechsen oder Schlingnattern.
In enger Kooperation arbeite man einen gemeinsamen Maßnahmenplan zur Förderung der Biodiversität ab und sehe dabei noch auf Jahre hinaus Potenzial. Anerkennung habe die gemeinsame Bildungsarbeit für die Umwelt gefunden, sei es ein gemeinsames Streuobstwiesenprojekt mit dem Marktheidenfelder Waldkindergarten oder die Zusammenarbeit mit der Grundschule in Lengfurt. Im vergangenen Jahr konnte man dafür den "Quarry Life Award" von HeidelbergCement entgegennehmen.