So mancher hat sich schon gewundert, Michael Hohe hat das Thema schon einmal im Gemeinderat angesprochen: Die beiden Figuren auf der Brücke über die Hafenlohr, der Nepomuk im Westen und der Kreuzschlepper zum Main hin, sind entstellt. Und dies, obwohl sie gerade erst im Winter restauriert wurden.
Als sie im Februar die Werkstatt von Iris Fromm verließen, da strahlten die barocken Figuren in durchgängigem Rot des Buntsandsteins. Fotos belegen das deutlich. Doch jetzt: Die Nasen der beiden sind weiß, etliche Bartsträhnen, der Fußballen des Kreuzschleppers – alle weiß, wie angemalt.
Doch es war kein Sprayer, der hier seine Spuren hinterließ, kein Betrunkener, der sie verunstaltete. Es war auch keine Pfusch-Arbeit der Restauratorin. Die ominöse Erscheinung ist vielmehr auf physikalische Gesetze zurückzuführen.
Fromm, Meisterin sowohl als Steinmetzin wie als Steinbildhauerin, erklärte das Phänomen auf Anfrage der Main-Post. Demnach war „das Steinmaterial lange andauernder leichter Versalzung aufgrund von Umwelteinflüssen ausgesetzt“, holt sie aus. „Wird nun salzfreie Steinersatzmasse auf den leicht salzhaltigen Stein aufgebracht, diffundiert das Salz bei Feuchtigkeit in das neu angetragene Material.“ Dieses Salz blüht dann aus, wie der Fachmann sagt, und wird an der Oberfläche als weiße Schicht sichtbar. „Noch dramatischer ist dieser Effekt bei folgendem Nachtfrost“, macht Fromm deutlich.
Bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt gehe dieser Prozess so langsam vonstatten, dass der Regen die minimalen Salzmengen abwäscht. Doch war der Februar heuer unter dem Strich kälter als die beiden Wintermonate vorher, ja auch in den ersten Nächten im März herrschten frostige Temperaturen.
Fromm war nicht sonderlich überrascht. Sie habe mehrfach darauf hingewiesen, dass dies passieren könne, betonte sie auf Anfrage der Main-Post. Doch die Gemeinde habe darauf gedrungen, dass die beiden Figuren nach sieben Monaten wieder die Brücke säumen sollten.
Förderfrist im Blick gehabt
Nicht ohne Grund, wie Bürgermeister Thorsten Schwab auf Anfrage bestätigte. Denn der Bezirk Unterfranken trug 1275 der 5360 Euro Sanierungskosten – und dieser Zuschuss musste abgerufen werden. Die Förderfrist wäre ansonsten abgelaufen, so der Bürgermeister. Überraschend hinzu kam noch eine 1000-Euro-Spende von Ehrenbürger Otmar Bilz.
Nun ist das Kind eben in den Brunnen gefallen, sind die Nasen weiß. Optisch vielleicht ein kleiner Makel, jedoch kein erheblicher: Nur Fußgänger können ihn erkennen, Autofahrer im Vorbeifahren nicht mehr. Zudem sei das „qualitativ unproblematisch“, sagt Fromm. Der Mangel sei leicht zu beheben. Sobald sie ihre Reha-Maßnahme abgeschlossen habe, werde sie nachbessern und die weißen Stellen reinigen.
Gleichwohl hat die unliebsame Erscheinung einen interessanten Nebenaspekt: Denn überall, wo der Stein jetzt die weiße Färbung zeigt, hat Fromm Hand angelegt. Die größte Fläche macht dabei der Ärmel des Kreuzschleppers aus.
Doch sind nicht alle Spuren ihres Wirkens sichtbar: Ihre Hauptarbeit sei es gewesen, die feinen Haar-Risse zu verfüllen. Den Spezialkleber habe sie mit einer Injektionsspritze eingebracht. Dabei habe sich gezeigt, dass der Nepomuk aus dem Jahr 1728 in besserem Zustand ist als sein Gegenüber. Für den ein Jahr jüngeren Kreuzschlepper habe sie drei Viertel ihrer Arbeitszeit verwandt.
Kontrast zwischen alt und neu
Übrigens: Auch den Erzengel Michael, der oben auf einer Säule an der Kirchmauer steht, hat es erwischt. Wenn auch die Verfärbung „bei Weitem nicht so deutlich“ ist, so Kirchenpfleger Thomas Wabra, gab es doch Kritik. An dieser 102 Jahre alten Statue hatten Hofmann & Stephan Grabmale aus Rothenfels Hand angelegt. Die Kosten von 4500 Euro teilten sich der Bezirk, die Diözese und ein unbekannter Spender. Auch sie wurde Ende Februar wieder aufgestellt. Mittlerweile allerdings, so Wabras Eindruck, hat der Kontrast zwischen alt und neu wieder nachgelassen. Zudem gebe es in Restauratorenkreisen durchaus die Auffassung, dass eine Ergänzung oder Reparatur als solche erkennbar sein dürfe. Und wer ein bisschen Geduld hat, weiß ohnedies: Die Natur wird's schon richten. Größtenteils zumindest.