Mit dem Boot auf dem Main unterwegs zu sein, entschleunigt und entspannt. Dieses Fazit ziehen die Anleger im Sportboothafen Lohr. Flusstouren mit dem eigenen Boot zu unternehmen, sei eigentlich nichts anderes, als Camping auf dem Wasser – so beschreiben es der Vorsitzende des Sport-Boot-Club Lohr (SBC) Josef Geier und dessen Stellvertreter Dietmar Hahn.
Aktuell sind Individualreisen und Campen mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil im Trend. Auf dem Fluss mit einem Boot zu reisen, ist dasselbe – nur eben auf dem Wasser. Dabei spielt für Bootfahrer die Zeit keine Rolle. Um mit dem Boot von Lohr nach Würzburg zu kommen, dauert es fünf bis sechs Stunden, denn es müssen fünf Schleusen passiert werden. "Das sind immer wieder Ruhepunkte", sagt Geier.
Schleusen entschleunigen
Nach Aschaffenburg dauert es ab Lohr sogar neun bis zehn Stunden. Auf diesem Weg liegen neun Schleusen – und jeder Schleusenvorgang nimmt 45 Minuten in Anspruch. Hinzu kommt, dass sich die Schleusentätigkeit nach den Berufsschiffen richtet. Aber gerade dieses Herausnehmen des Tempos mache den Reiz einer Bootstour aus, sind sich die SBC-Vorsitzenden einig. Es biete Zeit und Raum, um sich in Ruhe unterhalten zu können. "Ich rede nirgendwo so viel mit meiner Frau wie auf dem Boot", fasst Geier es zusammen. Durch die gemeinsame Ruhezeit auf dem Wasser entstehe Nähe, die im Alltag oft untergehe. Das sei das Besondere an dieser Art zu reisen.
Im Sportboothafen legen Boote der unterschiedlichsten Größe an: von 15 Meter langen Booten bis hin zu kleineren "Wanderbooten", wie von Simone Vielberth und Rudolf Landgraf aus Nordheim vor der Rhön. Sie verbringen nahezu jeden Urlaub auf ihrem Boot. Seit 2017 fahren sie dabei den Sportboothafen Lohr an. "Wir sind Bootcamper", beschreiben sie sich selbst.
Als Vorzug des Sportboothafens Lohr werten sie dessen Nähe zur Innenstadt. Zwar haben sie zwei Klappräder dabei, aber in Lohr können sie vieles zu Fuß erledigen: Eis essen, Essen gehen oder bummeln in der Innenstadt etwa. Bootsfahrer nutzen ihre Liegezeiten, um Proviant aufzufüllen und kulturelle Angebote des Ortes wahrzunehmen. Das Freibad ist nicht weit entfernt. "Was da ist, nutzt man auch gerne", sagen sie – und ergänzen: "Lohr lassen wir auf unseren Touren nie aus."
Vielberth und Landgraf gehören zu den Tagesgästen, die Ankunft, Dauer des Aufenthalts und Abreisetermin vorab beim SBC anmelden. Auch das ist eine Übereinstimmung mit Campingplätzen. Wer mit vier Rädern unterwegs ist, macht nichts anderes, nur eben auf der Straße.
Auszeit vom Alltag
Im Hafen liegen auch Boote von Clubmitgliedern wie Uschi und Peter Wolf aus Lohr. Sie nutzen das Boot und die Ruhe im Hafen für eine Auszeit vom Alltag. "Bei uns fängt das Wochenende am Donnerstag an", sagt Peter Wolf. An Deck ihres Bootes "Wurlimaus" nutzt er die Zeit für Arbeit im Homeoffice. Das Arbeiten habe so "einen ganz anderen Flair", sagt er. "Man hat Ruhe", beschreibt er die Atmosphäre im Hafen.
Der SBC versteht sich mit seinem Sportboothafen als Serviceangebot für Bootsfahrer und -touristen. "Wir sind nicht elitär", betonen Hahn und Geier. Seit 1992 lädt der SBC in Kooperation mit der Lebenshilfe Main-Spessart Menschen mit Behinderung und deren Angehörige auf Bootstour ein. Aktuell arbeitet der Verein an der Gründung einer Jugendabteilung. Geplant ist außerdem ein Wasserskiangebot.