
"Die Betrüger sind wie immer sehr flexibel und extrem schnell." Mit dieser Erkenntnis macht Christoph Endres, Informationssicherheitsbeauftragter der Raiffeisenbank Main-Spessart aufmerksam auf kriminelle Machenschaften, mit denen Kunden der Bank seit vier Wochen gehäuft zu tun haben. Die Raiffeisenbank Main-Spessart schlägt deshalb Alarm und warnt vor Betrügern, die die Corona-Krise schamlos ausnutzen. Dabei macht Endres auf vier Betrugsmaschen aufmerksam.
Einen "enormen Zuwachs" registrierte die Bank bei Warenbetrug. "Wir stellen fest, dass es dabei meist um Technikkäufe geht", also etwa Playstation, Handys, Tablets oder Laptops. "Die Käufer fallen gerade in dieser schwierigen Zeit auf vermeintliche Schnäppchen – oft über E-Bay – herein, zum Beispiel den Kauf eines Tablets der Marke "Windows-Surface", das im Handel rund 1000 Euro kostet und online für 600 Euro angeboten wird. Der Kunde bezahlt – die Ware wird aber nicht geliefert.
Warum man auf die IBAN achten sollte
Die IBAN der Verkäufer sind laut Endres in der Regel aus dem Ausland, sehr häufig aus Spanien und den Niederlanden. "Vielen Kunden ist nicht bekannt, dass gerade die ersten beiden Stellen der IBAN - ES für Spanien oder NL für Niederlande - auch bedeutet, dass die Zahlung ins Ausland geht", verdeutlicht Endres.
Zwar nutze die Raiffeisenbank ein Betrugserkennungsprogramm für Zahlungsaufträge und frage bei verdächtigen Zahlungen - je nach Risikoeinstufung - auch beim Kunden nach, ob die Zahlung wirklich ausgeführt werden solle. "Teilweise sind die Kunden überrascht, wenn Sie hören, dass das Geld ins Ausland geht und lassen die Zahlung abbrechen" führt der Sicherheitsbeauftragte aus. Es gebe aber auch Fälle, in denen die Nachfrage nicht erwünscht und der Kauf trotzdem versucht werde.
Rückrufe sind meist erfolglos
Wenn dann das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es meist zu spät: "Rückruf-Versuche – gerade ins Ausland – sind sehr aufwendig, zeitintensiv und in den meisten Fällen erfolglos, da das Geld bei der Empfängerbank bereits verfügt wurde", macht Endres deutlich.
Diese schmerzvolle Erfahrung hat ein Main-Spessarter gemacht, der auf einer Onlineplattform ein Auto verkaufen wollte. Ein höchst skurriler Fall. Denn nachdem man sich handelseinig geworden war, stellte der Käufer Bedingungen, schildert Endes. Er nehme das Auto nur, wenn der Verkäufer die Transferkosten nach London übernehme. Der Main-Spessarter überwies 500 Euro. Dann verlangte der Käufer auch noch die Zahlung von 1500 Euro für Versicherungen. Wieder zahlte der Verkäufer. Erst bei der dritten Forderung über weitere 1700 Euro sei der Verkäufer stutzig geworden und habe sich an die Bank gewandt. "Die Überweisungsrückrufe waren erfolglos und das angeblich gekaufte Auto wurde nie bezahlt beziehungweise abgeholt."
Mit Betrugsfällen wie dieser hat Endres derzeit gehäuft zu tun. Von den 16 gemeldeten Fällen dieser Art seien allein elf in den vergangenen vier Wochen aufgeschlagen, sagt er. "Die Dunkelziffer ist sicherlich noch viel höher. Viele Kunden melden sich aus Scham beziehungsweise wegen geringer Beträge erst gar nicht. "
Deutlich zugenommen haben auch die Meldung von Kunden, dass ihre Konten von Paypal, Amazon und vergleichbaren Diensten gehackt wurden. "Hier kann die Bank aber in der Regel nicht weiterhelfen", bedauert der Sicherheitsexperte.
Was man am Telefon nie verraten sollte
Anfragen bei der Bank zufolge häufen sich anscheinen Fälle, in denen Kunden ihre Bankverbindungsdaten irgendwelchen Anrufern durchgegeben haben. "Meistens ist dann noch nichts passiert", erklärt Endres. "Aber die Betrüger sammeln ihre Daten ja stückweise zusammen. In manchen Fällen schnappt dann die Abo-Falle zu. Der Kunde hat ja am Telefon seine Bankverbindung mitgeteilt und dann werden Zahlungen für Zeitschriften, Lotto und dergleichen abgebucht."
Betrugsmasche Nummer vier: Lastschriftbetrug. Neben der Abo-Falle gibt es auch viele Fälle, in den auf Kundenkonten einmalig oder sogar monatlich kleinere Beträge bis zu 50 Euro per Lastschrift abgebucht werden - einfach so. Dabei werden laut Endres oft unauffällige Beträge wie 49,90 Euro sowie ein Zahlenwirrwarr im Verwendungszweck angegeben. "Viele Kunden können zwar mit der Buchung nichts anfangen", schildert Endres, "lassen diese aber dennoch gar nicht zurückgeben." Leider gebe es "nicht gerade wenige Kunden, die ihre Auszüge überhaupt nicht
oder nur nach Wochen oder Monaten überprüfen".
Betrüger reagieren schnell
Endres verdeutlicht auch, wie schnell die Betrüger reagieren: "Die Meldungen unseres Rechenzentrums über mögliche Varianten und Beispiele kommen inzwischen mehrfach am Tag."
Neben der Ausnutzung der Corona-Krise als Vorwand werden aber auch Klassiker wie "AGB-Änderung" genutzt. Was alltäglich an Warnmeldungen einläuft, ist unter den Sicherheitshinweisen der Raiffeisenbank-Homepage nachzulesen.
"Die Beispiele sind eigentlich nichts neues", meint Endres abschließend. Aktuell aber habe er "um ein Vielfaches" damit zu tun.