
Eines kann man den roten Plastiksitzmöbeln, die seit einigen Monaten durch Lohr wandern, nicht absprechen: Sie fallen ins Auge. Allerdings sind sie vielen auch ein Dorn im Auge. Das zeigen bisherige Reaktionen auf das vom Lohrer Citymanagement initiierte Möblierungsprojekt. Von Sperrmüll war schon die Rede, auch von "Plastikbrocken", die das Stadtbild verschandeln.
Nun gibt es das Bestreben, die Outdoor-Möbel aus der Innenstadt zu verbannen: ÖDP-Stadtrat Torsten Ruf fordert in einem an Bürgermeister Mario Paul adressierten Antrag, die roten Teile dauerhaft am Skaterplatz unweit der Stadthalle zu installieren. Das Thema soll nun im November im Stadtrat behandelt werden.
Einmal versetzen: 400 Euro
Ruf will dabei entschieden haben, dass die Plastikmöbel nicht mehr im Innenstadtbereich aufgestellt werden dürfen. Die Möbel stellten eine "erhebliche Beeinträchtigung des Ortsbilds" dar, argumentiert er. Die Sitzelemente per Beflaggung als "Lohrer Lieblingsplätze" zu bezeichnen, sei deplatziert. Ruf verweist auch auf die Kosten für das regelmäßige Versetzen der Möbel, die sich nach Aussage der Stadt auf jeweils rund 400 Euro belaufen.
Man könne "diese Verschwendung von Steuermitteln und Ressourcen nicht mehr rückgängig machen", so Ruf. Aber man könne die Plastikmöbel statt in der Innenstadt am Skaterplatz installieren. Dort fehlten ohnedies Sitzgelegenheiten und die roten Teile würden sich "optisch wesentlich besser einfügen". Der ÖDP-Mann begründet seinen Antrag auch damit, dass er "massive Rückmeldungen" zu den Sitzmöbeln erhalten habe. Er "kenne niemanden, der begeistert ist", sagt Ruf. Auch er selbst finde die Möbel "ziemlich fürchterlich".
Kritik im Rathaus angekommen
Im Rathaus sei die breite Kritik "nicht verborgen geblieben", berichtete der städtische Pressesprecher Dieter Daus. Es habe jedoch auch Lob gegeben. Insbesondere Kinder und Jugendliche hätten die Möbel "in Beschlag genommen".
Die Möbel haben etwas über 8000 Euro gekostet. Nur ein Fünftel davon wurde von der Stadt finanziert, der Rest mit staatlichen Fördergeldern aus dem bayerischen Sonderfonds "Innenstädte beleben". Ähnliche Sitzmöbel stehen beispielsweise auch in Frankfurt, München oder im Wiener Museumsquartier.
Dass sie jetzt auch für Lohr angeschafft wurden, hat der Initiativkreis des Citymanagements beschlossen. In ihm arbeiten neben dem Lohrer Bürgermeister unter anderem Vertreter aus Gewerbe und Handel, Gastronomie, Touristik und Vereinen ehrenamtlich an Erhalt und Steigerung der Attraktivität der Innenstadt. Der Stadtrat war in die Anschaffung der Möbel nicht involviert. Der Stadtrat hat den Initiativkreis allerdings mit einem jährlichen Budget von 20.000 Euro zur eigenverantwortlichen Verwendung ausgestattet. Mit den Plastikmöbeln hat der Initiativkreis die 2021 gestartete Kampagne "Lohrer Lieblingsplätze" fortgeführt. Ziel dabei war und ist es, Aufenthaltsqualität und Verweildauer in der Stadt zu steigern.
Mittlerweile standen die mit Wasser gefüllten Möbel bereits in der städtischen Anlage, am Sendelbacher Mainufer, an der Stadthalle und aktuell auf dem Schlossplatz. Laut Rathaus werden die Möbel in der kommenden Woche jedoch "vorerst eingelagert". Sie könnten jedoch auch danach für Feste und Aktionen ausgeliehen werden.
Hintergründe der Entscheidung
Angelika Winkler, als Vorsitzende der Lohrer Werbegemeinschaft Mitglied im Initiativkreis, erklärt, dass bei der Entscheidung zur Anschaffung der Möbel mehrere Kriterien eine Rolle spielten. So sollten die Möbel auffallend, wetterfest und flexibel nutzbar sein sowie wenig Verletzungsgefahr bieten.
Bei den aus Holzpaletten gestalteten Sitzgelegenheiten, die im vergangenen Jahr im Zuge der Lieblingsplätze-Aktion aufgestellt worden seien, hätten sich Kinder durch Holzsplitter verletzt, sagt Winkler. Ein Kriterium bei der Auswahl, so Winkler, sei auch gewesen, dass die Möbel schnell geliefert werden konnten. Grund: Die staatliche Förderung war zeitlich befristet.
"Wir haben nicht wahllos entschieden", sagt Winkler. Sie räumt ein, dass die harsche Kritik diejenigen, die sich ehrenamtlich für die Belebung der Innenstadt engagieren, persönlich treffe. Winkler vermisst die Bereitschaft, sich mit den Hintergründen der Idee und der Entscheidung zu befassen. Sie wünsche sich, dass mitunter das persönliche Empfinden auch mal hintangestellt werde. "Nur so funktioniert partnerschaftliches Arbeiten in einer Gemeinschaft", sagt Winkler.
Ob die umstrittenen Möbel aus der Innenstadt verbannt werden, müsse der Stadtrat entscheiden. Winkler hofft auf eine umfassende Betrachtung und bekennt, dass sie selbst die Verbannung der Möbel bedauern würde, da man sich dadurch eine Chance verbaue.
Zwergenbank in Hauptstraße
Unterdessen kündigt Winkler ein weiteres Möblierungsprojekt an: Am Rambourfest am 30. Oktober wird in der Fußgängerzone eine "Zwergenbank" enthüllt. Gebaut wird sie derzeit vom städtischen Bauhof aus alten Sandsteinsockeln und Holz, also eher den klassischen Spessarter Materialien. Auf der Bank wird ein Betonzwerg sitzen. Er sei, so Winkler, optisch an das Schneewittchen angelehnt, welches bereits seit Jahren in der städtischen Anlage auf einer Parkbank sitzt.
Ob auch dieses Stadtmöbel wieder Kritiker auf den Plan ruft, wird sich zeigen.